30.04.2024

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Folge 36-22 vom 09. September 2022 / Zum 480. Todestag / Thomas Kantzow – Geschichtsschreiber Pommerns / Das war neu: er schrieb in der Landessprache und schuf zusätzlich die ältesten Spezialpläne Pommerns

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 36-22 vom 09. September 2022

Zum 480. Todestag
Thomas Kantzow – Geschichtsschreiber Pommerns
Das war neu: er schrieb in der Landessprache und schuf zusätzlich die ältesten Spezialpläne Pommerns
Martin Stolzenau

In Pommern gilt er als Begründer der „Geschichtsschreibung in der Landessprache“: Thomas Kantzow verfasste seine Geschichtswerke nicht in der für damalige Zeit üblichen Gelehrtensprache Latein, sondern in nieder- und hochdeutscher Sprache. Der  Gelehrte sorgte zusätzlich für die ältesten Spezialpläne Pommerns. Auch von der modernen Geschichtswissenschaft wird der vor 

480 Jahren gestorbene pommersche Geschichtsschreiber zu den herausragenden deutschen Renaissance-Historiographen gezählt.

Kantzow wurde 1505 in Stralsund geboren. Seine Familie und Verwandtschaft ist seit Anfang des 16. Jahrhunderts mit Zweigen in Neubrandenburg, Greifswald und Stralsund nachgewiesen. Über seine Eltern und seine frühe Entwicklung gibt es keine verlässlichen Angaben. Im Matrikelportal der Rostocker Universität ist er als Student ausgewiesen. 

Teilung Pommerns

Kantzow interessierte sich für die Geschichte, studierte die Geschichtswerke von Nikolaus Marschalk sowie Albert Krantz und erlangte 1526 die Magisterwürde. Anschließend wurde der junge Mann als Sekretär in die Kanzlei der pommerschen Herzöge übernommen, wobei er mit seiner Arbeit zunächst das besondere Wohlwollen der Herzöge Barnim IX. und Georg I. erwarb. Das trug ihm erste Pfründe ein. 

Parallel befasste er sich mit der pommerschen Geschichte. Er war häufiger Gast in den herzoglichen sowie städtischen Archiven, machte sich aus Quellen Auszüge und sammelte systematisch Material für eigene Veröffentlichungen. 

1532 wurde für ihn zur Zäsur. Pommern wurde geteilt. Die zunächst auf neun Jahre festgelegte Teilung wurde 1541 verlängert. Kantzow entschied sich für den jungen Herzog Philipp I., der sich nun Herzog von Pommern-Wolgast nannte, und folgte ihm in die neue Residenz. 

Philipp I. fand nach der Machtübernahme in Wolgast schwierige politische Verhältnisse vor. Für die Konsolidierung seiner Macht und die Weiterentwicklung im Land benötigte er kluge Räte. Der herzogliche Rat Kantzow gehörte zum engsten Kreis der herzoglichen Vertrauten und entwickelte sich zu einer Stütze. 

Ein Befürworter der Reformation

Philipp I. führte die Reformation ein, verbesserte die Rechtspflege und förderte den Handel. Kantzow war besonders an der Einführung der Reformation beteiligt. Er war es, der die Einsprüche einiger Adels- und Kirchenvertreter, wobei es vor allem um die Einziehung der Klostergüter ging, mit juristischem Scharfsinn aus dem Weg räumte.

Nebenher verfasste er erste Beiträge zur Zeitgeschichte. Ab 1536 schrieb er an seinem Werk „Fragmenta der pommerschen Geschichte“, wobei er seine gesammelten Materialien verwendete. Ein zusätzliches Achtungszeichen setzte der Autor, indem er sein Werk in niederdeutscher Sprache verfasste. Damit unterschied er sich von anderen Geschichtsschreibern wie Johannes Bugenhagen. 

Nach der niederdeutschen Fassung entstand eine hochdeutsche Gesamtdarstellung, die sich an der von Martin Luther gebrauchten Hochsprache bei der Bibelübersetzung orientierte. Parallel übernahm auch die herzogliche Kanzlei in Wolgast wohl auch auf Betreiben von Kantzow das Hochdeutsche als neue Amtssprache. 

Bei alledem assistierte ihm Nikolaus von Klemptzen. Das war der Sohn des Bürgermeisters von Stolp, der früh in die Kanzlei der Pommernherzöge berufen wurde, sich für Geschichte interessierte, später als Landrentmeister fungierte und damit grundherrschaftlichen Einnahmen verwaltete.

Er verbesserte seine Chronik

Die hochdeutsche Pommern-Chronik Kantzows war um 1538 abgeschlossen. Sehr zur Freude seines Herzogs, der dem Historiker anschließend mit der Bestätigung aller verliehenen Pfründe weiterführende Studien an der Universität in Wittenberg genehmigte. So kam der herzogliche Rat Kantzow zusammen mit dem pommerschen Grafen Ludwig von Everstein noch 1538 ins Mekka des Luthertums, wo er unter Führung Philipp Melanchthons seine Bildung vervollkommnete. Zusätzlich zu den Studien schriftstellerte er weiter. Kantzow schrieb in Wittenberg eine zweite, verbesserte hochdeutsche Fassung seiner Pommern-Chronik und erarbeitete zusätzliche Entwürfe für weitere Veröffentlichungen über das Pommernland. Aber der fleißige Chronist kränkelte. Deshalb und wegen des gewachsenen Heimwehs nach seiner pommerschen Heimat kehrte der herzogliche Rat 1542 zurück. Sein Weg führte ihn nach Stettin, wo sein Herzog sich aufhielt. 

Kantzow waren aber nur noch wenige Tage vergönnt. Er starb am 25. September 1542 in Stettin. Da war er 37 Jahre alt. Seinen Nachlass übernahm Nikolaus von Klemptzen, der Landrentmeister von Pommern-Wolgast, der ihn zuvor unterstützt hatte und nun die Nachlassfassung des „Pommerania“-Werkes nach Einarbeitung weiterer Notizen des Autors vollendete. Zu den Zusätzen gehörten auch Kartenskizzen von Kantzow, die heute als die „ältesten Spezialpläne Pommerns“ gelten und den Historiker auch als Kartographen ausweisen.