24.04.2024

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Folge 37-22 vom 16. September 2022 / Vereinigtes Königreich / Britische „Kokosnuss-Regierung“ / Liz Truss’ neue Regierung ist von ethnischer Vielfalt geprägt – dennoch ist die Linke entsetzt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-22 vom 16. September 2022

Vereinigtes Königreich
Britische „Kokosnuss-Regierung“
Liz Truss’ neue Regierung ist von ethnischer Vielfalt geprägt – dennoch ist die Linke entsetzt
Claudia Hansen

Der Tod Queen Elizabeths überschattet in Großbritannien derzeit alles, auch den Start der neuen Regierung von Liz Truss. Dabei hatte sie gleich aus vollen Rohren geschossen und milliardenschwere neue Programme vorgestellt. Ihr gigantisches Paket zur Entlastung von Bürgern und Haushalten, die unter den hohen Energierechnungen stöhnen, wäre in gewöhnlichen Zeiten die Top-News, die Hauptnachricht gewesen. Aber das Ableben der Königin veränderte alles. So musste man in den Zeitungen lange blättern, bis man die Nachricht überhaupt fand. 

Dabei hat es der Plan einer Preisbremse in sich: Die Regierung friert die Preise für Gas und Strom ein, sodass die Energierechnung eines durchschnittlichen Haushalts nicht über 2500 Pfund (statt der geplanten 3500 Pfund) steigen darf – für zwei Jahre. Unternehmen werden für ein halbes Jahr durch niedrigere Preise entlastet.

Damit verhindert Truss, dass Millionen Haushalte weiter in Energiearmut rutschen, und wendet eine drohende Pleitewelle in der Wirtschaft ab. „Jeder Haushalt spart 1000 Pfund“, betonte Truss. 

Aber die Energiepreisbremse wird sehr teuer für den Staat. Ungefähr 150 Milliarden Pfund (180 Milliarden Euro) wird das Vorhaben den Staat kosten. Es wird mit höheren Schulden finanziert, aber letztlich vom Steuerzahler. 

Der zweite Teil der energiepolitischen Offensive der Regierung Truss besteht im Ausbau der Öl- und Gasförderung in der Nordsee und der Erlaubnis mittels Fracking Gas zu fördern. Truss stellte das Paket im Unterhaus genau vier Stunden vor dem Tod der Queen vor. Es ging dann völlig unter in der Welle der Trauer, die das Land erfasst hat.

Die ganze Regierung ist in den Hintergrund gerückt. Dabei lohnt ein Blick auf das neue Kabinett, das Truss in den zwei Tagen vor dem Tod der Königin zusammengestellt hat. Auffällig ist, wie viele nicht-weiße Konservative Schlüsselpositionen einnehmen. Die vier „großen Staatsämter“ (Premierminister, Schatzkanzler, Außen- und Innenminister) sind alle nicht mehr mit weißen Männern besetzt. Finanzminister Kwasi Kwarteng, in Cambridge ausgebildeter Historiker mit Bestnoten-Examen, ist Sohn von Einwanderern aus Ghana; die Mutter des neuen Außenministers James Cleverly kam aus Sierra Leone; die neue Innenministerin Suella Braverman, zuvor Generalstaatsanwältin, stammt von indischen (hinduistischen) Einwanderern ab. Auch andere Kabinettsmitglieder haben Immigrationshintergrund, etwa Handelsministerin Kemi Badenoch, deren (christliche) Eltern in Nigeria Ärzte waren.

Eigentlich müssten britische Linke und Liberale ob so viel „Diversity“ (ethnischer Vielfalt) in der Regierung jubeln. Taten sie aber nicht. Denn die neuen farbigen Minister sind stramme Konservative und zählen zum rechten Flügel der Tory-Partei. Innenministerin Braverman wird den harten Kurs gegen illegale Einwanderer mit dem Plan zu Abschiebungen nach Ruanda weiterverfolgen. Finanzminister Kwarteng ist wie Truss als Thatcher-Anhänger bekannt. Badenoch gilt als „Anti-Woke-Kämpferin“. 

Die meisten der eingewanderten Konservativen sind Aufsteiger, die sich nicht mit den ewigen linken Klagen über Unterdrückung und Rassismus identifizieren. Unter Linken gibt es ein Schimpfwort für solche Dunkelhäutige: „Kokosnüsse“. Sie seien nur außen braun, aber innen weiß. Ein Ex-BBC-Moderator ätzte tatsächlich, Truss’ Regierung sei ein „Coconut Cabinet“ – der Mann musste nach einem Sturm der Empörung zurückrudern.

Truss’ Regierung ist derzeit in einer seltsamen Lage, denn nach dem Tod der Königin ist zehntägige Staatstrauer angesetzt und die Parlamentsarbeit wie der Politikbetrieb ruhen weitgehend. Nun kommt es für Truss darauf an, schnell die wichtigen Weichen für die nächsten Monate zu stellen, um Großbritannien durch den kommenden Winter mit hohen Energiepreisen zu führen.