29.03.2024

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Folge 37-22 vom 16. September 2022 / Debattenkultur / Die flammende Warnung eines afro-amerikanischen Autors / John McWhorter enthüllt den quasi-religiösen, freiheitsfeindlichen Kern der „Woke“-Bewegung, die uns unter der Floskel des „Antirassismus“ in ein dunkles Zeitalter treiben wolle

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 37-22 vom 16. September 2022

Debattenkultur
Die flammende Warnung eines afro-amerikanischen Autors
John McWhorter enthüllt den quasi-religiösen, freiheitsfeindlichen Kern der „Woke“-Bewegung, die uns unter der Floskel des „Antirassismus“ in ein dunkles Zeitalter treiben wolle
Ansgar Lange

Wenn Amerika niest, bekommt der Rest der Welt einen Schnupfen.“ „Wenn Amerika Schnupfen hat, haben wir Grippe.“ Diese beiden Aussagen benennen einen einfachen Sachverhalt: Die Vereinigten Staaten von Amerika und der Rest des sogenannten Westens sind aufs Engste verwoben. Schwächelt in den USA die Wirtschaft, so gibt es meist auch bei uns ein Beben. Ganz besonders gilt dieses Diktum aber für unsere Kultur. Die Vereinigten Staaten prägen das, was wir unter Kultur verstehen. Das betrifft den Film, die Musik, die Literatur, die Alltagskultur, den Lebensstil und so weiter.

Und auch intellektuelle Debatten schwappen meist über den großen Teich. Blickt man auf das aktuelle Buch des amerikanischen Linguisten John McWhorter, so droht uns Schlimmes. In diesem Buch setzt sich der Sprachwissenschaftler mit der sogenannten Critical Race Theory (Kritische Rassentheorie) auseinander. 

McWhorter, der selber schwarz ist und die Benachteiligung der Schwarzen in den USA nicht in Abrede stellt, schreibt, dass der Antirassismus zu einer Religion geworden sei. Die „Neue Zürcher Zeitung“ („NZZ“) hielt hierzu fest: „John McWhorter sagt Dinge, die man nicht sagen darf. Auch dann nicht, wenn man, wie er, schwarz ist.“ 

Doch wie sieht der Ansatz des Gelehrten aus? McWhorter ist zweifelt daran, dass es den selbsternannten Antirassisten wirklich um die Lage der Schwarzen in den USA und deren Verbesserung geht. „Die Ideologie der Erwählten schreibt allen als ihre zentrale moralische Pflicht vor, Rassismus und Rassisten zu bekämpfen.“ Diese Form des Antirassismus diene aber nur dazu – wie die „NZZ“ schreibt – „eine saturierte Linke in ihrem selbstgerechten Moralismus zu bestätigen“. 

Erbsünde ohne Vergebung

Der „Fall Winnetou“ hat gezeigt, dass solche Debatten nicht nur etwas für intellektuelle Feinschmecker sind und sich in irgendwelchen abgehobenen theoretischen Sphären abspielen. Auch in Deutschland muss Rassismus mit den Mitteln des Rechtsstaats bekämpft werden – keine Frage. Doch diejenigen, die dieses Wort wie eine Monstranz vor sich hertragen, verfolgen oft ganz andere Ziele, die von McWhorter beschrieben werden.

Es ginge ihnen um Deutungsmacht, um intellektuelle Vorherrschaft. Ihr „antifaschistisches“ und „antirassistisches“ Bekenntnis gleiche einer Ideologie oder besser noch einer Religion mit einem Glaubensbekenntnis. Auch die Erbsünde gehöre mit dazu. Denn als „privilegierter“ weißer Mensch ist man nach Ansicht dieser Sekte im Stand der Erbsünde geboren. Man hat Schuld auf sich geladen, schon bevor man auf dieser Welt war. Interessiert man sich als „Weißer“ für andere Kulturen und übernimmt sogar vielleicht Elemente aus ihnen, so macht man sich des schweren Verbrechens der „kulturellen Aneignung“ schuldig. Nähme man dieses Argument wirklich ernst, so würde jede Kultur nur in ihrem eigenen Mief existieren dürfen. Gerade durch den Austausch und die gegenseitige Beeinflussung entstehen ja neues Denken und neue Formen der Kultur. Wie trist sähe beispielsweise unsere Küche ohne kulturelle beziehungsweise kulinarische Aneignung aus?

Der „woke Mob“ (McWhorter) strebt eine Welt an, in der wir „eine Sprache, eine Politik und ein Handeln für normal halten, das Orwell noch als Fiktion beschrieb“. Es ist sinnlos, mit den Vertretern dieser Spezies in den Dialog zu treten. Denn genauso wie fundamentalistische Christen oder fanatisierte Angehörige anderer Religionen lassen sie sich nicht durch die Kraft des Arguments überzeugen. Einem fanatischen Glauben kann man nicht mit Fakten und Wissen beikommen. 

Diese Jünger nutzen verstärkt die sozialen Medien, um Andersdenkende oder Ungläubige zu denunzieren und öffentlich vorzuführen. Wer in ihren Augen etwas Falsches gesagt hat, wird an den Pranger gestellt – und dieser Pranger kann beispielsweise Wikipedia, Facebook oder Twitter heißen. 

„Auf Ihre Kinder abgesehen“

Die Religion der Erwählten kennt aber nicht die Barmherzigkeit. Reuige Sünder werden in der Regel nicht in den Schoß der Kirche aufgenommen, sondern fertiggemacht. Unschuldige verlieren so ihren Job und ihren guten Ruf. Sie sollen aus der Gemeinschaft der Wohlmeinenden und Rechtgläubigen ausgeschlossen werden.

Viele Menschen haben Angst vor diesen modernen Wiedertäufern. Denn der Zorn der Erwählten kann alle treffen. Wer hätte etwa gedacht, dass ein renommierter und etablierter Verlag Bücher über Winnetou aus Angst vor diesem Mob zurückziehen und sich öffentlich in den Staub werfen würde? Wer Widerworte gibt, der wird mit dem Totschlagargument, er sei ein „Rassist“ oder ein „Nazi“, mundtot gemacht. Dass dieses willkürliche und politisch gesteuerte Verwenden solcher Vokabeln für Menschen, die sich nichts haben zuschulden kommen lassen, eine ungeheure Relativierung wirklichen Rassismus und der NS-Ideologie ist, nehmen die Erwählten dabei als Kollateralschaden in Kauf. 

„Was sind das für Leute, die so etwas tun? Religiöse Fundamentalistinnen und Fundamentalisten. Wieso kommen sie damit durch? Weil sie uns Angst machen, indem sie uns in aller Öffentlichkeit als Ketzerinnen und Ketzer schmähen. Und lassen wir sie gewähren? Nicht, wenn wir unsere intellektuelle, moralische und künstlerische Kultur davor bewahren wollen, von etwas erstickt zu werden, das kein gesellschaftspolitisches Programm, sondern eine Religion ist … Hören Sie nicht auf diejenigen, die Ihnen sagen, diese Religion sei doch gar nicht wichtig. Machen Sie sich nichts vor: Diese Leute haben es auf Ihre Kinder abgesehen“, schreibt McWhorter. 

Winnetou und andere Phänomene zeigen: Die Agitation besonders wachsamer Gruppen macht vor nichts mehr halt. Sie werden nicht ruhen, bis kein Stein mehr auf dem anderen steht. McWhorters Buch ist ein flammender Appell, sich von dieser „Geißel der Menschheit“, wie der Autor das Phänomen nennt, nicht in die Enge treiben zu lassen.