24.04.2024

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Folge 39-22 vom 30. September 2022 / Aluminium-Schwefel-Akku / „Die Zutaten sind billig, und das Ding ist sicher“ / Ein emeritierter Professor gibt sich überzeugt, eine in vielerlei Hinsicht bessere Alternative zum Lithium-Ionen-Akkumulator entwickelt zu haben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-22 vom 30. September 2022

Aluminium-Schwefel-Akku
„Die Zutaten sind billig, und das Ding ist sicher“
Ein emeritierter Professor gibt sich überzeugt, eine in vielerlei Hinsicht bessere Alternative zum Lithium-Ionen-Akkumulator entwickelt zu haben
Wolfgang Kaufmann

Lithium-Ionen-Akkumulatoren, wie sie beispielsweise in Elektroautos zum Einsatz kommen, haben zahlreiche Nachteile. So ist Lithium ein relativ seltener Rohstoff, dessen Förderung der Umwelt schadet. Außerdem sind die Batterien teuer und nicht sonderlich langlebig. Darüber hinaus enthalten sie einen brennbaren Elektrolyten, der insbesondere dann fatale Wirkung entfaltet, wenn es zu Kurzschlüssen kommt. Und die treten deutlich öfter auf als erwünscht, was aus der Bildung von Dendriten resultiert. Das sind schmale Spitzen aus Lithium, die sich während des Wechsels zwischen den Lade- und Entladevorgängen auf einer Elektrode aufbauen und schließlich bis zur Gegenelektrode hinüberwachsen.

Aus diesem Grunde beschloss der emeritierte Professor für Materialchemie am renommierten Massachusetts Institute of Technology (MIT) Donald Sadoway eine brauchbare Alternative zum Lithium-Ionen-Akku zu finden, was ihm auch gelang. Dabei wurde er von insgesamt 15 Forschern der Peking University, Yunnan University, Wuhan University of Technology, University of Louisville, University of Waterloo sowie dem MIT und dem Argonne National Laboratory in Illinois unterstützt. Über ihren Erfolg berichten die Wissenschaftler in einem Artikel in der Fachzeitschrift „Nature“.

Ein Non plus ultra der Stromspeicherung?

Darin werden zunächst die Hauptbestandteile des neuen Akkus genannt. Das sind Aluminium, Schwefel und Steinsalz, alles Materialien, die überall auf der Erde reichlich vorhanden und ohne Probleme zu gewinnen sind, womit die Hersteller nicht mehr auf die fragilen globalen Lieferketten oder dubiose Förderländer angewiesen wären und billig produzieren könnten. Aller Wahrscheinlichkeit nach liegen die Kosten für einen Aluminium-Schwefel-Akku nur bei einem Sechstel vergleichbarer Modelle mit Lithium-Ionen-Technologie. 

Doch das sind nicht die einzigen Vorteile der Erfindung von Sadoway und seinen Kollegen. So kann sich die zwischen den Elektroden aus Aluminium und Schwefel befindliche Elektrolytlösung aus geschmolzenen Salzen unter keinen Umständen entzünden. Das bewegte Sadoway zu folgenden Worten: „Die Zutaten sind billig, und das Ding ist sicher.“

Darüber hinaus erlaubt die neue Akku-Konfiguration ein sehr schnelles Aufladen. Und die Batterie übersteht viele hundert Ladezyklen ohne Verschleißerscheinungen. Das liegt vor allem daran, dass die wegen ihres niedrigen Schmelzpunktes ausgewählte Salzmischung die Bildung von Dendriten verhindert. Im Interview mit der MIT-Pressestelle teilte Sadoway hierzu mit: „Wir haben Experimente mit sehr hohen Laderaten durchgeführt, in weniger als einer Minute aufgeladen, und wir haben nie Zellen aufgrund von Dendritkurzschlüssen verloren.“ Zunächst sei es nur darum gegangen, Salze mit niedrigem Schmelzpunkt zu finden. Als „glücklicher Zufall“ habe sich dann noch die Resistenz gegen Dendritbildungen ergeben.

Um die neue Technologie marktreif zu machen, gründeten Sadoway und ein weiterer Batterieexperte namens Luis Ortiz die Firma Avanti, die nun auch die entsprechenden Patente hält. „Die erste Aufgabe für das Unternehmen besteht darin zu demonstrieren, dass es in großem Maßstab funktioniert“, sagte der ehemalige MIT-Professor. Dazu gehörten diverse Stresstests über eine Unzahl von Ladezyklen und unter ganz unterschiedlichen äußeren Bedingungen. Momentan lasse sich noch nicht sagen, wann der Aluminium-Schwefel-Akku im Alltag zum Einsatz kommen könnte.

Die Bewährung in der Praxis steht noch aus

Ungeachtet dessen hat Sadoway die Vision, dass seine Erfindung nicht nur dazu führt, dass Elektrofahrzeuge bessere Batterien erhalten. Außerdem soll sie auch deren Aufladen optimieren, wenn nicht gar revolutionieren. Größere Aluminium-Schwefel-Akkus an den Ladestationen würden es ermöglichen, bei Bedarf mehrere E-Autos gleichzeitig in allerkürzester Zeit aufzuladen, und dass ohne die teure Installation neuer stärkerer Stromleitungen zur Versorgung der Ladestationen.

Abgesehen von Elektroautos schwebt Sadoway auch vor, mit Großakkus Einfamilienhäuser oder kleinere Unternehmen zu versorgen, wenn Windräder oder Solarenergieanlagen witterungsbedingt keinen Strom erzeugen. Mit Lithium-Ionen-Batterien wäre dies aus Kostengründen kaum möglich, zumal das verfügbare Lithium nicht für den flächendeckenden Einsatz solcher Backup-Speichersysteme ausreichen würde.