24.04.2024

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Folge 39-22 vom 30. September 2022 / Die EZB blufft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-22 vom 30. September 2022

Die EZB blufft
Hans Heckel

In der Theorie ist alles klar: Um die Inflation wieder einzufangen, muss die Notenbank vor allem die Zinsen kräftig anheben. Anfang der 1980er Jahre hob der Chef der US-Fed, Paul Volcker, den Leitzins auf einen Wert, der um vier Prozentpunkte über der Teuerungsrate lag. Damit bekam er den US-Dollar wieder stabil. Andere Zentralbanken wie die Bundesbank folgten dem gleichen Kurs und besiegten die Inflation in ihren Ländern, sodass eine lange Zeit relativer Preisstabilität folgen konnte.

Bei einer Inflation von nahe zehn Prozent in der Euro-Zone müsste die EZB nach dem Vorbild Volckers ihren Leitzins also auf knapp 14 Prozent glatt verzehnfachen. Anfang der 80er Jahre löste der „Volcker-Schock“ eine weltweite Rezession aus. Ein EZB-Leitzins von 14 Prozent würde heute dagegen den Zusammenbruch ganzer Staaten und Volkswirtschaften in der Euro-Zone heraufbeschwören, da deren Verschuldung in unserer Zeit um ein Vielfaches höher liegt als vor 40 Jahren. 

Damit steckt die EZB in der Klemme ohne einen Ausweg, der nicht in die Katastrophe führt. Der anstehende Regierungswechsel in Italien hat die Lage eher noch weiter zugespitzt. Die siegreiche Georgia Meloni hat den Italienern umfangreiche staatliche Wohltaten versprochen, die nur bei weiterhin lockerer Geldpolitik finanzierbar sind, also Zinsen weit unter der Teuerungsrate. Will die EZB nicht den Zwangsaustritt des drittgrößten Mitgliedstaates aus dem Euro riskieren, wird sie da mitspielen müssen. 

Und da die Europäische Zentralbank – im krassen Kontrast zur alten Bundesbank – durchaus bereit ist, die Geldwertstabilität zugunsten politischer Ziele hintanzustellen, wird sie dies auch tun. Daher sind Ankündigungen der Zentralbank, sie wolle sich der Inflation „entgegenstemmen“, reiner Bluff.