23.04.2024

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Folge 39-22 vom 30. September 2022 / Bordeaux-Brief / Mit der Blauen und der Roten Mauritius

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-22 vom 30. September 2022

Bordeaux-Brief
Mit der Blauen und der Roten Mauritius
Manuel Ruoff

Vor 175 Jahren, am 4. Oktober 1847, verschickte Edward Francis aus Port Louis, der Hauptstadt von Mauritius, einen Brief nach Bordeaux. Francis war Weinhändler und wollte seinen Lieferanten Ducan & Lurguie in Frankreich wissen lassen, dass 48 Fässer Wein bei ihm eingegangen seien. Dieser sogenannte Bordeaux-Brief ist das zweitteuerste philatelistische Sammlerstück der Welt und war bis 2014 sogar das teuerste. 

Sein Wert resultiert vor allem aus der Blauen und der Roten Mauritius, mit der er frankiert ist. Dabei hätte die blaue Zwei-Pence-Marke für Auslandspost genügt, denn die rote Ein-Penny-Marke war für Inlandspost gedacht. Möglicherweise war der Absender mit den neuen Briefmarken noch nicht genügend vertraut, war mit deren Ausgabe doch erst wenige Tage vor der Frankierung, am 22. September, begonnen worden. Dass es sich bei den beiden Marken auf dem Bordeaux-Brief um Exemplare der ersten Serie handelt, ist sehr schön an der Beschriftung „POST OFFICE“ statt „POST PAID“ zu erkennen. 

Zusätzlichen Wert erhält der Brief durch die diversen Poststempel, die seinen langen Weg vom Absender zum Adressaten widerspiegeln. Über England, Boulogne und Paris erreichte das Schreiben nach 85 Tagen am 28. Dezember 1847 seinen Zielort.

Aufgrund ihrer Seltenheit wurden die Blaue und die Rote Mauritius, die ersten beiden Briefmarken aus der britischen Kronkolonie überhaupt, für Philatelisten interessant. Unter anderem der in Paris lebende und arbeitende Briefmarkenhändler, Philatelist und Herausgeber der Fachzeitschrift „Le Philatéliste Français“ Théophile Lemaire schrieb über sie. Das bekam ein ebenfalls an Briefmarken interessierter Schüler aus Bordeaux mit und erzählte davon seiner Mutter. Die Weinhändlerwitwe erinnerte sich, dass ihr Ehemann Geschäfte mit Mauritius gemacht hatte und erlaubte ihrem Sohn, die Firmenkorrespondenz daraufhin zu durchsuchen. Er fand den Bordeaux-Brief mit den beiden Marken.

Im darauffolgenden Jahr, 1903, verkaufte der Junge ihn für 1600 Pfund Sterling, gut zweihunderttausend Euro. Für ein Kind ist das viel. Bedenkt man die zwischenzeitlich bezahlten Preise, ist es hingen wenig. 1993 erzielte der Brief bei einer Versteigerung einen Preis von 6,125 Millionen Schweizer Franken. Den Zuschlag erhielt ein unbekannter Bieter aus Singapur. Über spätere Besitzwechsel ist nichts bekannt. Bis dahin hatte das Schreiben unter anderem Lemaire, Brunet l’Argentière, dem Präsidenten des Novartis-Vorläuferunternehmens Ciba Alfred F. Lichtenstein, Arthur Hind, dem Mitgründer von Afi Esca Maurice Burrus sowie dem japanischen Geschäftsmann, Schriftsteller und Philatelisten Kanai Hiroyuki gehört.