28.03.2024

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Folge 39-22 vom 30. September 2022 / Brauchtum / Gott nicht vergessen / Zum Erntedank in Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 39-22 vom 30. September 2022

Brauchtum
Gott nicht vergessen
Zum Erntedank in Ostpreußen

Der letzten Garbe wurden besondere Kräfte zugesprochen und mit der Erntekrone der Gutsherrschaft überreicht. Toni Schawaller hat in dem Arbeitsbrief der Landsmannschaft Ostpreußen „Wir binden den Plon“ dem Schnittermädchen folgende Worte zugewiesen: „Eck bring dem Herrn e Kranz von Koorn, he ös gewasse under Distel un Doorn, he hett utgestande Schnee, Hoagel on Rejen, wi wönsche de Herrschaft väl Jlöck on Sejen!“ 

Der Bauer richtet seine Worte an den Schöpfergott: „Wi danke dem Herrgott fär all sine Trie on bidde: Leew Gottke, stoah wedder ons bie. Far Hoagelschlaag mokst ons das Föld bewoahre, datt wi dat Koorn önne Schien kenne foahre.“ 

Die Bäuerin richtet den Blick auf das Weltliche und spricht: „Wi danke de Händ, de jebunde dat Koorn, de jeflochte von Oahre de Erntekron. Wi danke ju Lied, denn de Arbeit wär schwer, drum bidd wi ju alle to Austbeer her.“

Nun ruft auch der Bauer zur ganz weltlichen Feier auf: „Musikante, nu speelt, datt de Balkes sich bege, Marjellkes, nu danzt, datt der Flicker foorts fleje. Jungs, schmiet de Klompe, leiht de Marjellkes opp, denn hiede göfft Austbeer, doa danz wi Galopp.“

Nach dem Überreichen der Erntekrone folgt eine Wasserschlacht. 

In anderen Teilen Ostpreußens gab es zusätzlich das Roggenband, mit dem die Gutsherrschaft gebunden wurde, um sich mit Austbier, also mit Erntebier, freizukaufen. 

Im Arbeitsbrief „Vom Festfeiern in Ostpreußen“ heißt es: „Arbeit war Gottesdienst, besonders in ihren hohen Zeiten. Der Sämann warf die ersten Körner in Kreuzform auf den Acker. Ein Kreuz malte der Bauer mit dem Schaufelstiel in die Körner des ersten Scheffels, ein Kreuz schnitt die Mutter vor dem Brotanschneiden in die Kruste. Arbeit und Gebet zugleich.“

Arbeit und Gebet gehören zusammen. So ist es auch in Ostpreußen. Tatsächlich wurde oft schon vor dem kirchlichen Feiertag im Oktober das Erntefest gefeiert. Das liegt vor allem am Winterroggen, die bis 1938 in Ostpreußen vorherrschende Getreideart. Er wird im September gesät und oft schon im August geerntet. Winterroggen wurde auf über 20 Prozent der gesamten Ackerfläche angebaut. In den Kreisen Neidenburg waren es 1938 über 37 Prozent der Ackerfläche. Auch die Kreise Ortelsburg und Johannisburg setzten vor allem auf den Winterroggen. Diese Getreideart nutzt die Winterfeuchtigkeit sehr gut aus und übersteht so auch leichter eine Frühjahrstrockenheit, zudem hält dieser Roggen Temperaturen bis zu minus 25 Grad Celsius stand. 

Sommerroggen erreichte im Gegensatz zum Winterroggen nur einen geringen Ertrag. Auch Weizen wurde nur begrenzt angebaut, da es bis 1938 nicht genügend ertragreiche und winterharte Weizensorten gegeben hat. Der Sommerweizen brauchte zur ertragreichen Ernte viel mehr Sonnentage als vorhanden waren. Der höchste Weizenanbau erfolgte in den Kreisen Rastenburg, Insterburg und in Königsberg. Wintergerste war zu anfällig für Auswinterungsschäden und hatte so keine große Bedeutung. In Gebiete mit schweren Böden wie in den Kreisen Gerdauen und Bartenstein wurden Roggen-Weizen-Gemisch ausgesät, das sogenannte Winter-Menggetreide.

Wer mehr zum Plon und der Landwirtschaft in Ostpreußen erfahren möchte, kann sich auf der Internetseite der Landsmannschaft Ostpreußen unter www. ostpreussen.de/lo/mediathek/arbeitsbriefe.html sämtliche Arbeitsbriefe anschauen und herunterladen.CRS





Plon in Tolksdorf

Die Erntekrone aus Ähren, mit bunten Bändern geschmückt, wurde um 1935 dem Gutsherren, Heinrich Graf von Dohna, von einer Schnitterin mit feierlichem Spruch übergeben, wenn der letzte Erntewagen eingefahren war. Dann begann das Erntedankfest mit Freibier, dem Austbier, und Tanz. Der ausgedehnte Besitz von Gut Tolksdorf erstreckte sich über leichte und schwere Böden, sodass fast alles angebaut werden konnte: Getreide, Hülsen- und Hackfrüchte, vor allem Zuckerrüben. Mit der technischen Verbesserung, der sogenannten Melioration der Böden, wurde bereits im 20. Jahrhundert begonnen. Zuletzt waren hier von 1980 Hektar Acker-, Wiesen- und Weideland rund 1600 Hektar dräniert. Ein eigener Dampfpflugsatz ermöglichte die intensive Bearbeitung großer Schläge.