26.04.2024

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Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022 / Nord Stream 1 + 2 / Wer hat die Nordsee-Pipelines sabotiert? / Westliche Medien gaben sofort Russland die Schuld, jedoch kommen auch andere als Täter in Frage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022

Nord Stream 1 + 2
Wer hat die Nordsee-Pipelines sabotiert?
Westliche Medien gaben sofort Russland die Schuld, jedoch kommen auch andere als Täter in Frage
Wolfgang Kaufmann

Die Unterwasser-Pipelines Nord Stream 1 und 2 wurden gebaut, um Erdgas aus Russland über den Grund der Ostsee nach Deutschland zu leiten. Allerdings unterblieb die bevorstehende Inbetriebnahme von Nord Stream 2 nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine. Und auch durch Nord Stream 1 strömte in Reaktion auf die vom Westen verhängten Sanktionen zuletzt kein Gas mehr. Doch damit nicht genug: Am 26. September um 2.03 Uhr fiel der aus technischen Gründen aufrechterhaltene Druck in einem der beiden Stränge von Nord Stream 2 schlagartig von 105 Bar auf fast Null. Das gleiche Szenario ereignete sich am Abend desselben Tages um 19.04 Uhr in der parallel verlaufenden, ebenfalls noch mit Gas gefüllten Nord Stream 1, wobei hier beide Stränge der in 88 Metern Tiefe liegenden Pipeline betroffen waren. Zu den jeweiligen Zeitpunkten der Druckabfälle registrierte das Schwedische Seismologische Netzwerk (SNSN) in Uppsala Erschütterungen mit der Magnitude 2,2, welche zweifelsfrei aus Sprengungen resultierten. 

Blasenteppiche deuten auf Sprengungen 

Dass diese Detonationen nordöstlich und südöstlich der dänischen Insel Bornholm drei Stränge der Erdgasleitungen an insgesamt vier Stellen beschädigt hatten, beweisen die Luftaufnahmen von ausgedehnten Blasenteppichen, die der Leiter der dänischen Energiebehörde DEA, Kristoffer Böttzauw, mit den Worten kommentierte, da ströme „richtig, richtig viel Gas“ aus. Vermutlich sind die Rohre auf einem längeren Abschnitt zerfetzt, was schnelle Reparaturen ausschließen dürfte. 

Natürlich wurde angesichts dieser Sachlage sofort von Sabotage gesprochen. Dergestalt äußerten sich beispielsweise der polnische Ministerpräsident Mateusz Morawiecki und dessen dänische Amtskollegin Mette Frederiksen anlässlich der Einweihung der Gasleitung Baltic Pipe, welche jetzt Polen und Dänemark verbindet. Ebenso geht auch die Bundesregierung von einer gezielten Attacke aus, während einige Medien hierzulande ohne nähere Quellenangabe berichteten, Berlin sei bereits vor einigen Wochen vom US-Auslandsgeheimdienst CIA vor Anschlägen auf Gaspipelines in der Ostsee gewarnt worden.

Moskau hätte keinen Vorteil

Und tatsächlich sind gezielt herbeigeführte Explosionen die plausibelste Ursache für die schweren Schäden an den drei Nord-Stream-Röhren: Die Wahrscheinlichkeit, dass Schiffsanker die Pipelines fast zeitgleich an vier Stellen zerreißen, liegt bei Eins zu 100 Millionen. Dazu kommen die unmissverständlichen Daten des SNSN. 

Sehr viel weniger klar ist hingegen die Täterschaft. Dennoch wurde sofort Russland verdächtigt. Solche Stimmen kamen vor allem aus Polen und der Ukraine – aber auch deutsche Zeitungen wie die „Welt“ oder der „Tagesspiegel“ spekulierten über eine Aktion der Russen. Allerdings hätte Moskau keinen nennenswerten Vorteil von der Sprengung, denn durch den möglicherweise dauerhaften oder sehr lang anhaltenden Wegfall von Nord Stream 1 und dem Zweitstrang der im Prinzip betriebsbereit gewesenen Nord-Stream-2-Pipeline verfügt es nun über ein höchst wirksames Druckmittel gegenüber Deutschland weniger.

Dahingegen könnte die Ukraine sehr stark von dem Anschlag profitieren. Immerhin hat die Bundesrepublik nun noch weniger zu verlieren, wenn sie Putin durch die Lieferungen weiterer schwerer Waffen an Kiew herausfordert. Deshalb appellierte Mychajlo Podoljak, ein Berater des ukrainischen Präsidenten Selenskyj, auch unmittelbar nach dem Bekanntwerden der Explosionen bei Bornholm mit Blick in Richtung Berlin, „die beste Antwort“ auf den „von Russland geplanten Terroranschlag“ seien „Panzer für die Ukraine“.

USA sabotierten schon einmal eine sowjetische Gaspipeline

Ebenso kommt der Vorfall aber auch den Vereinigten Staaten sehr gelegen. Immerhin gehören diese zu den schärfsten Kritikern des Nord-Stream-Projekts. Am 7. Februar dieses Jahres hatte der US-Präsident Joe Biden im Beisein von Bundeskanzler Olaf Scholz vor Pressevertretern gedroht, sollte Russland erneut in die Ukraine einfallen, dann werde es Nord Stream 2 nicht mehr länger geben: „Wir machen Schluss damit … Ich verspreche Ihnen, dass wir das schaffen werden.“ Und die Militärs beziehungsweise die Geheimdienste der Vereinigten Staaten verfügen zweifellos auch über die technischen Möglichkeiten hierzu. Das demonstrierten sie schon mehr als einmal bei früheren „Spezialoperationen“ unter Wasser sowie dem Anschlag auf eine sowjetische Gaspipeline im Sommer 1982 durch Eingriffe in die Steuerung der Pumpen und Ventile. Vor diesem Hintergrund erscheint die Anwesenheit zahlreicher US-amerikanischer Marineeinheiten in den Gewässern um Bornholm während der Tage vor den Explosionen ausgesprochen verdächtig.