29.03.2024

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Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022 / HDI-Umfrage / Deutsche wollen weniger arbeiten / Die Abkehr vom Fördern und Fordern der Agenda 2010 fördert den Trend zum Müßiggang

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022

HDI-Umfrage
Deutsche wollen weniger arbeiten
Die Abkehr vom Fördern und Fordern der Agenda 2010 fördert den Trend zum Müßiggang
Peter Entinger

Es ist einige Jahre her, da bemühte sich die damals oppositionelle FDP mit dem Slogan „Arbeit muss sich wieder lohnen“ um Wählerstimmen. Mittlerweile sitzen die Liberalen wieder in der Regierung und das Ergebnis einer neuen Umfrage muss ihnen in den Ohren klingeln. Mit 48 Prozent würde demnach knapp die Hälfte der Arbeitnehmer in Teilzeit wechseln, wenn der Arbeitgeber zustimmte. Und 56 Prozent erklärten, dass sie schnellstmöglich die Arbeit an den Nagel hängen würden, wenn sie finanziell nicht auf den Lohn angewiesen wären. „Besonders junge Berufstätige in Deutschland streben den Ergebnissen unserer Studie zufolge vehement nach mehr Freiräumen im Beruf“, berichtete Christopher Lohmann, Vorstand des Versicherungsunternehmens HDI, das die Umfrage in Auftrag gegeben hatte. 

Über die Ursachen dieser Entwicklung wird gerätselt. Ein Thema ist seit Jahren das sogenannte Ehegattensplitting. Vor allem verheiratete Frauen arbeiten in Teilzeit, das bestehende Modell bevorzugt sie finanziell. Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland wiederholt für das Ehegattensplitting gerügt. Das Argument lautet, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte. Doch keine Regierung hat sich bisher an eine Reform getraut, würde es doch die Steuerlast der Familien erhöhen, sollte die Ehefrau gehaltsmäßig zu ihrem Gatten aufschließen. 

Doch es geht nicht nur um das Thema Ehegattensplitting. Einhergehend mit der mangelnden Lust zu arbeiten in der jüngeren Generation wächst die Zahl der offenen Lehrstellen. Das gilt primär für die Niedriglohnbereiche. Einhellig klagen Handwerker, Friseure oder Pflegeunternehmen über einen Nachwuchsmangel. Viele Jugendliche mit niedrigem Bildungsabschluss starten gleich eine „Karriere“ als Transferleistungsbezieher. 

Angetrieben von explodierenden Energiepreisen hat sich die Ampelkoalition dazu entschlossen, ein sogenanntes Bürgergeld einzuführen. Doch das sorgt für Widerspruch. Der Präsident des Zentralverbandes des Deutschen Handwerks, Hans Peter Wollseifer, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Es werde dazu führen, „dass sich für mehr Menschen als bisher das Nichtarbeiten mehr lohnt als das Arbeiten“, sagte er der „Rheinischen Post“ und fügte hinzu: „Es sorgt für Demotivation bei denjenigen, die mit einem geringen Gehalt regulär arbeiten. Am unteren Ende verschwimmen immer mehr die Grenzen zwischen regulärer Arbeit und dem Bürgergeld.“ 

Doch nicht nur im Niedriglohn-Sektor mangelt es zunehmend an der Bereitschaft zu arbeiten. Viele Abiturienten oder Hochschulabsolventen begeben sich nach dem Abschluss erst einmal auf längere Auslandsreisen. Das Motto „Leben um zu arbeiten“, hat offenbar ausgedient. 

Mittlerweile wird die Viertagewoche immer beliebter. Mit 76 Prozent wünschen sich mehr als drei Viertel aller Beschäftigten laut der HDI-Umfrage einen Tag weniger Arbeit pro Woche. Das gilt für Menschen, die in sogenannten körperlichen Berufen arbeiten, aber auch für Führungskräfte, die sich mehr Freiräume und eine flexiblere Arbeitszeitgestaltung wünschen.