25.04.2024

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Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022 / USA / Luxuriöse Fahrzeuge und ein harter Arbeitskampf / Beides ist mit dem Namen George Mortimer Pullmans verbunden – Vor 175 Jahren starb der Unternehmer

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 40-22 vom 07. Oktober 2022

USA
Luxuriöse Fahrzeuge und ein harter Arbeitskampf
Beides ist mit dem Namen George Mortimer Pullmans verbunden – Vor 175 Jahren starb der Unternehmer

„Pullman“ ist insbesondere im Zusammenhang mit Fahrzeugen ein Synonym für kaum noch zu steigernden Luxus, geradezu ein Gattungsbegriff für besonders luxuriöse Schienen-, aber auch Straßenfahrzeuge. Das geht zurück auf George Mortimer Pullman. Der Legende nach versuchte der US-Amerikaner während einer nächtlichen Eisenbahnfahrt im Bundesstaat New York von Buffalo nach Westfield in seinem Sitz zu schlafen. Nachdem ihm das misslungen sei, habe er beschlossen, Eisenbahnwaggons zu bauen, in denen das möglich ist. 

Gute dreieinhalb Jahrzehnte bevor er mit der Pullman Palace Car Company 1867 ein Unternehmen gründete, das entsprechend luxuriöse Eisenbahnwagen herstellte, kam er in Brocton, Chautauqua County, Bundesstaat New York, zur Welt. Das geschah am 3. März 1831. Nach dem Tode seines Vaters verließ er 1855 die Schule und zog in die Großstadt, die noch heute mit seinem Namen verbunden ist: Chicago. 

Im darauffolgenden Jahr begann in der Stadt am Südwestufer des Michigansees ein ungefähr zwei Jahrzehnte dauerndes Großprojekt: die sogenannte Anhebung von Chicago. Zur Trockenlegung wurde die Bodenhöhe des Stadtzentrums um bis zu zweieinhalb Meter angehoben. Hier konnte sich Pullman an technisch führender Stelle einbringen. Denn sein Vater hatte sich bereits bei der Verbreiterung des Eriekanals mit der Anhebung und Verschiebung von Gebäuden beschäftigt und dafür sogar eine Maschine erfunden, die er sich 1841 hatte patentieren lassen. Zusätzliches Startkapital erwirtschaftete George Mortimer Pullman 1859 bis 1863 als Goldmakler in Golden, Bundesstaat Colorado.

Schon parallel dazu entwickelte er ab 1858 einen komfortablen Schlafwagen für die Eisenbahn. Ein halbes Jahrzehnt später meldete er sein Modell „Pionier“ zum Patent an. Das kostete zwar mehr als das Fünffache eines normalen Wagens, aber es verkaufte sich gut. Dabei half ihm, dass die Leiche des 1865 getöteten Präsidenten Abraham Lincoln in einem seiner Wagen von der Bundeshauptstadt Washington zum sogenannten Home of President 

Abraham Lincoln, Springfield im Bundesstaat Illinois, überführt wurde. 

Diese webewirksame Tour durch den Osten der USA blieb nicht die einzige Verbindung Pullmans mit der Familie Lincoln. Nach Pullmans Tode vor 125 Jahren, am 9. Oktober 1897, in seiner Schicksalsstadt Chicago war es Abraham Lincolns erster und einziger damals noch lebende Sohn, Robert Todd Lincoln, der Pullmans Nachfolge als Präsident der Pullman Palace Car Company antrat.

Mit dem Namen „Pullman“ sind jedoch nicht nur luxuriöse Wagen verbunden, sondern auch der bis dahin größte Arbeiterprotest in den USA. Wie viele patriarchalische Großunternehmer hatte auch Pullmann eine Arbeitersiedlung errichtet. In seinem Falle handelte es sich um eine ganze Industriestadt namens „Pullman“.  Neben den Arbeiterunterkünften gehörte auch die Infrastruktur seinem Unternehmen und wurde von diesem betrieben, bestimmte damit auch das Preisniveau in der Stadt. 

In der Wirtschaftskrise von 1893 nahm das Unternehmen drastische Lohnkürzungen vor, behielt aber die Preise bei. Das führte zu Streiks und Protesten. Diese wurden gegen den Willen des Gouverneurs von Illinois und des Bürgermeisters von Chicago auf Geheiß des Präsidenten der USA mithilfe Tausender Polizisten, Nationalgardisten und Soldaten der U.S. Army 1894 gewaltsam beendet. Abgesehen von dem Sachschaden kosteten die blutigen Auseinandersetzungen 13 Menschen das Leben, 57 wurden verletzt.M.R.