19.04.2024

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Folge 41-22 vom 14. Oktober 2022 / Slowenien / Massakeropfer aus einer Höhle geborgen / 3000 Opfer im Hornwald entdeckt – Stadtverwaltung von Laibach lehnt eine Friedhofsbestattung ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-22 vom 14. Oktober 2022

Slowenien
Massakeropfer aus einer Höhle geborgen
3000 Opfer im Hornwald entdeckt – Stadtverwaltung von Laibach lehnt eine Friedhofsbestattung ab
Bodo Bost

Der Vorsitzende der Slowenischen Bischofskonferenz, Andrej Saje, Bischof von Nove Mesto, besuchte die Karsthöhle im Hornwald von Gottschee, einer einstigen deutschen Sprachinsel in Slowenien, wo jetzt das größte Massengrab aus dem Zweiten Weltkrieg in dem Balkanstaat entdeckt wurde. 

Die rund 3000 Leichen haben Ausgrabungsteams ausgegraben. Bevor staatliche Vertreter in den Ort kamen, besuchte der Vorsitzende der Bischofskonferenz die Höhle des Schreckens. 

Auch Deutsche waren betroffen

Die Bischöfe fühlten sich zuständig, denn die jetzt ausgegrabenen Toten waren im Juni 1945 aus dem katholischen Sankt-Stanislav-Institut bei Laibach (Ljubljana) dorthin gebracht und ermordet worden. Bei den Toten handelt es sich um Opfer von Vergeltungsaktionen der kommunistischen Partisanen, nachdem diese im Mai 1945 die Macht in Jugoslawien übernommen hatten. Unter den Toten sind in erster Linie gefangene Wehrmachtsoldaten, aber auch Einheiten der kroatischen Ustascha, der slowenischen Weißgardisten und der serbischen Tschetniks sowie andere Verbündete des Deutschen Reichs, die zuvor auf österreichisches Gebiet zu den Briten geflohen waren. Sie wurden in der Umgebung von Bleiburg (Kärnten) Opfer von Massenhinrichtungen oder auf Todesmärsche Richtung Slowenien geschickt. 

Von Vergeltungsaktionen waren auch die Volksdeutschen in Jugoslawien betroffen, vor allem die Donauschwaben aus dem Banat und der Woiwodina. Die Forschung geht von etwa 400.000 vertriebenen beziehungsweise inhaftierten Donauschwaben aus, von denen etwa ein Drittel ermordet wurde. 

Auch die letzten Deutschen der alten deutschen Sprachinsel Gottschee im Süden des heutigen Slowenien, wo jetzt die Massengräber in der Höhle entdeckt wurden, könnten unter den Toten gewesen sein. Die letzten Nachkommen dieser Sloweniendeutschen genießen in dem EU-Mitgliedsland bislang keinerlei Minderheitenrechte.

Wie Saje gegenüber „Kathpress“ erklärte, habe er bei dem Massengrab gemeinsam mit den Anwesenden für die Ermordeten, für die Opfer des Krieges und ihre Angehörigen sowie um Frieden und Versöhnung gebetet. Tief erschüttert über die verbrecherischen Taten erwartet der Bischof, dass der Staat und die zuständigen Stellen dafür sorgen, dass alle Menschen, die während und nach dem Zweiten Weltkrieg gewaltsam ermordet wurden, ein würdiges Begräbnis und einen Platz im historischen Gedächtnis der Nation erhalten. Seiner Ansicht nach muss Slowenien zunächst einen Konsens zwischen allen Beteiligten über die historischen Fakten erzielen, was für die Fortsetzung des Versöhnungsprozesses unerlässlich sei. Die Massengrabstätte im Hornwald ist nach den bisher bekannten Informationen die größte Massengrabstätte Sloweniens. Bischof Saje kündigte an, dass am 31. Oktober, am Tag vor Allerheiligen, unmittelbar vor dem Abgrund der Karsthöhle eine Gedenkveranstaltung für die Ermordeten stattfinden werde.

Begleitet wurde der Bischof von den Pfarrern der dortigen Ortschaften Kocevje (Gottschee) und Kocevska Reka (Rieg) sowie dem Dechanten des Gebiets. Die Kriegsverbrechen und Massenhinrichtungen, die von kommunistischen Tito-Partisanen rund um das Weltkriegsende begangen wurden, werden in Slowenien erst seit einigen Jahren wissenschaftlich erfasst. Die Leichenhalle unter dem Hornberg fasst zwar bisher 3000 Skelette, aber man schätzt, dass bis zu 500 Skelette durch Bomben, die von den Liquidatoren auf die Menschen in die Grube geworfen wurden, pulverisiert worden sind. Andere Opfer wurden offenbar lebendig in die Höhle geworfen und warteten dort in einem Tunnel neben der Haupthöhle, in den sie sich offenbar zurückziehen konnten, auf den Tod durch Hunger und Durst. Sie schafften es nicht zu entkommen. „Eine schockierende Szene“, betonte Damjan Stich, der Pfarrer der Gottschee.

Ende August lehnte die Stadtverwaltung von Laibach (Ljubljana) den Vorschlag der Regierungskommission ab, die Opfer der Nachkriegstötungen auf dem Friedhof ihrer Stadt zu bestatten, mit der Begründung, dass es keinen Platz für die Opfer des Hornwalds gebe. „Wie ist es möglich, dass es einen Kenotaph für die Dachau-Prozesse geben kann, das heißt für die zehn, elf dort Verschwundenen, aber für diese slowenische Tragödie von mehr als 3000 Toten hat das nationale Zentrum nicht die Kraft, es zu akzeptieren“, fragte Jože Dežman, Vorsitzender der Regierungskommission für die Lösung der Frage der verborgenen Gräber in einer slowenischen Zeitung. Er rief dazu auf, die Einteilung der Toten in „gut und schlecht“ zu beenden und die Geschichte so zu akzeptieren, wie sie ist.