25.04.2024

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Folge 41-22 vom 14. Oktober 2022 / Porträt / Ersatzkaiser einer konturlosen Mitte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 41-22 vom 14. Oktober 2022

Porträt
Ersatzkaiser einer konturlosen Mitte
Gernot Danowski

Gleich im ersten Wahlgang haben die Österreicher Alexander Van der Bellen erneut zu ihrem Bundespräsidenten gewählt. Damit krönt der 78 Jährige eine politische Karriere, die sehr spät begann.

Van der Bellen kam 1944 in Wien zur Welt. Er studierte Volkswirtschaft in Innsbruck und wurde 1970 promoviert. 1975 folgte die Habilitierung an der Universität Innsbruck im Fach Finanzwissenschaften.

Als ursprüngliches Mitglied der SPÖ wandte er sich in den 1980er Jahren der Umweltbewegung und dann den Grünen zu. Unter seiner Führung (1997 bis 2008) schafften die Grünen bei Nationalratswahlen regelmäßig zweistellige Ergebnisse. Nach leichten Verlusten bei der Wahl 2008 trat er als Parteisprecher zurück. 

Seinen wohl spektakulärsten politischen Auftritt hatte Van der Bellen 2016, als er zur Wahl des Bundespräsidenten antrat. Erst in der Wiederholung der Stichwahl – und mit dem Aufbieten aller etablierten gesellschaftlichen Kräfte - setzte er sich hauchdünn gegen seinen Konkurrenten Norbert Hofer (Freiheitliche Partei) durch. Seitdem gilt er als Konsenskandidat gegen rechte Mitbewerber.

Van der Bellen interpretiert den Stil eines Präsidenten nicht nur repräsentativ. Er wolle nicht nur ein Grüßaugust sein, der einfach hinnähme, was im Parlament passiere. So entließ er 2019 auch auf Vorschlag der ÖVP im Zuge der „Ibiza-Affäre“ den freiheitlichen Innenminister Herbert Kickl, was die damalige schwarz-blaue Koalition sprengte. Dennoch hält er sich als Bundespräsident vom Tagesgeschäft weitgehend fern. Seine Nähe zu Umweltschutzthemen, ein Faible für eine lockere Asylpolitik und seine Unterstützung der Covid-Maßnahmen sind jedoch kein Geheimnis. In der aktuellen Energiekrise stieß er mit wohlfeilen Worten auf Kritik, als er jungen Menschen riet, in der Teuerungswelle die Zähne zusammenzubeißen.

In der öffentlichen Wahrnehmung gilt er als väterliche Figur, die man rauchend im 1. Wiener Bezirk beim Spaziergang mit dem Hund antreffen kann. Er ist zum zweiten Mal verheiratet und hat aus erster Ehe zwei Söhne.