28.03.2024

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Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022 / Energiepreiserhöhungen / „Ich befürchte hier eine Triage in der Forschung“ / Die Max-Planck-Gesellschaft fordert eine „Befreiung von der Stromsteuer“ und weitere Entlastungen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022

Energiepreiserhöhungen
„Ich befürchte hier eine Triage in der Forschung“
Die Max-Planck-Gesellschaft fordert eine „Befreiung von der Stromsteuer“ und weitere Entlastungen
Wolfgang Kaufmann

Die steigenden Energiepreise stellen auch die naturwissenschaftlichen Forschungseinrichtungen in Deutschland vor existentielle Probleme, denn diese benötigen vielfach erhebliche Mengen an Strom. So beispielsweise für den Betrieb von Versuchsanlagen oder Großrechnern. 

Besonders betroffen ist das Deutsche Elektronen-Synchrotron DESY in der Helmholtz-Gemeinschaft in Hamburg-Bahrenfeld. Laut Auskunft des Vorsitzenden des DESY-Direktoriums, Helmut Dosch, wird der Stromverbrauch in diesem Jahr bei 152 Gigawattstunden liegen. Momentan läuft der Betrieb der verschiedenen Teilchenbeschleuniger zwar noch uneingeschränkt, weil es langfristige Lieferverträge zu günstigen Konditionen gibt, doch fallen die zumindest teilweise bereits nächstes Jahr weg. 

Deshalb denkt man in Hamburg nun darüber nach, die Anlagen im nächsten Jahr für acht Wochen stillzulegen. Dies würde dann aber bedeuten, dass um die 250 geplante Experimente nicht stattfinden können. Angesichts dessen meinte Dosch: „Ich befürchte hier eine Triage in der Forschung.“ Er verband das mit einem Plädoyer, dem wissenschaftlichen Nachwuchs im Zweifelsfall den Vorrang zu lassen, doch viele arrivierte Wissenschaftler könnten auf ihren Projekten und Privilegien beharren. Die Politik warnte Dosch mit den Worten: „Man muss sich darüber im Klaren sein, welche Konsequenzen dies mittel- und langfristig für den Wissenschaftsstandort Deutschland und seine Innovationskraft haben kann.“

Ähnliche Warnungen kommen von der Allianz der deutschen Wissenschaftsorganisationen, die sich seit 2009 zu forschungspolitischen Themen äußert und zu der die Deutsche Forschungsgemeinschaft, die Alexander von Humboldt-Stiftung, der Deutsche Akademische Austauschdienst, die Fraunhofer-Gesellschaft, die Helmholtz-Gemeinschaft, die Hochschulrektorenkonferenz, die Leibniz-Gemeinschaft, die Max-Planck-Gesellschaft, die Nationale Akademie der Wissenschaften Leopoldina sowie der Wissenschaftsrat gehören: „Die Allianz der Wissenschaftsorganisationen ist sich der Komplexität der Herausforderungen bewusst. Sie sieht sich zugleich in der Verantwortung, rechtzeitig auf die bedrohlichen Folgen aufmerksam zu machen … Ziel aller notwendigen und nun zügig und mit Nachdruck voranzutreibenden Überlegungen und Maßnahmen muss es … sein, relevante und von Zerstörung oder Verlust bedrohte Forschungsarbeiten und -ergebnisse in allen Wissenschaftsgebieten und an allen Wissenschaftsinstitutionen zu sichern.“

Welche Handlungsmaxime sich daraus aus Sicht der Max-Planck-Gesellschaft ergibt, formuliert deren Präsident Martin Stratmann so: „Um die enorm ansteigenden Energiekosten zu bewältigen, müssen auch die Forschungseinrichtungen in die jetzt beschlossene Deckelung der Energiepreise einbezogen werden. Wir benötigen eine Befreiung von der Stromsteuer.“ Außerdem „sollten die Wissenschaftseinrichtungen an der staatlichen Abschöpfung von Zufallsgewinnen partizipieren“, um „die Belastungen durch die … Energiekosten abzupuffern“.