26.04.2024

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Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022 / Weltpolitik / Krisenvorhersage aus dem Computer / Mithilfe von Künstlicher Intelligenz wollen deutsche Bundesministerien in die Zukunft blicken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022

Weltpolitik
Krisenvorhersage aus dem Computer
Mithilfe von Künstlicher Intelligenz wollen deutsche Bundesministerien in die Zukunft blicken
Wolfgang Kaufmann

Die Welt sieht sich – wie lange nicht – einer Vielzahl von Krisen gegenüber, von denen einige das Zeug für eine globale Katastrophe in sich tragen. Die systematische Analyse beziehungsweise Früherkennung von Entwicklungen rund um den Globus, welche möglicherweise zu Krisen oder Konflikten führen können, wird daher immer wichtiger. 

Da will auch die Bundesregierung nicht zurückstehen: Ihren eigenen Aussagen zufolge hat sie das Prinzip „early warning, early action“ bereits ab 2017 zu einem festen Bestandteil der deutschen Außen-, Sicherheits- und Entwicklungspolitik gemacht. Dabei gibt es drei wesentliche Akteure hierzulande, die sich bei ihren Prognosen nunmehr allesamt auf Künstliche Intelligenz stützen, nämlich das Bundesministerium der Verteidigung, das Auswärtige Amt und das Bundesministerium für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (BMZ).

Auf Initiative des Verteidigungsministeriums wurde im Oktober 2020 ein Pilotprojekt an der Universität der Bundeswehr in München gestartet. Dort entstand das Kompetenzzentrum Krisenfrüherkennung (KFE) unter der Leitung des Politikwissenschaftlers Carlo Masala. Das Zentrum sammelt allerlei Daten aus öffentlich zugänglichen Quellen, die das Lambrecht-Ministerium dann gegebenenfalls um vertrauliche Informationen ergänzt. Im Anschluss sollen Computeralgorithmen das Ganze auswerten und nach Hinweisen suchen, die auf die Entstehung von Konflikten oder Krisen hindeuten. 

Trefferquote angeblich 80 Prozent

Das Auswärtige Amt wiederum benutzt das Vorhersagemodell PREVIEW, wobei die Abkürzung für Prediction, Visualization und Early Warning, also Prognose, Sichtbarmachung und Frühwarnung steht. Ein wichtiger Bestandteil des Modells ist eine Software für das sogenannte „Text Mining“, das heißt „Schürfen“ nach Informationen. Hier steht das Durchkämmen von UN-Resolutionen im Mittelpunkt, um das Abstimmungsverhalten von Ländern nachzuvollziehen und somit im Idealfall auch vorhersagen zu können.

Und dann wäre da noch das BMZ. Das greift ebenfalls auf Künstliche Intelligenz zurück, um „jährliche länderbezogene qualitative Eskalationspotentialanalysen“ sowie „politökonomische Kurzanalysen“ zu erstellen und „die Situation in Partnerstaaten der deutschen Entwicklungszusammenarbeit zu beobachten und zu bewerten“.

Bei alldem geraten jedoch vier wichtige Dinge in den Hintergrund: Zum Ersten sind die Prognosen vielfach deutlich weniger genau als erhofft, obwohl die Trefferwahrscheinlichkeit angeblich bei 80 Prozent liegt. So betont KFE-Chef Masala ganz ausdrücklich: „Ich wehre mich gegen die Formulierung, wir könnten Kriege vorhersagen.“ Zum Zweiten reichen die Prophezeiungen außerdem nur sechs bis 18 Monate in die Zukunft. Zum Dritten zeigen die Auftraggeber in der Politik vor allem an solchen Regionen Interesse, in denen es bereits brennt, obwohl es oft sinnvoller wäre, dort zu intervenieren, wo eine rechtzeitige Konflikt- und Krisenprävention noch echte Wunder bewirken könnte. Und zum Vierten sollte die deutsche Regierung natürlich neben der globalen Lage auch die Entwicklung im eigenen Lande im Auge behalten, weil es dort nun ebenfalls an allen Ecken und Enden kriselt.