27.04.2024

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Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022 / Königsberg / Moschee-Abriss empört Muslime / Vorwurf der Islamophobie in Russland – Auch anderen Religionsgemeinschaften droht Ungemach

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022

Königsberg
Moschee-Abriss empört Muslime
Vorwurf der Islamophobie in Russland – Auch anderen Religionsgemeinschaften droht Ungemach
Bodo Bost

Nachdem zwei Moscheeprojekte im Südpark und im Dorf Jänischken in den letzten drei Jahren kurz vor ihrer Vollendung abgerissen wurden, sprechen viele von Islamophobie 

Im Südpark [Juschnkj-Park] von Königsberg wurden Ende September die letzten Ruinen der unvollendeten Moschee abgerissen. Mit dem Bau der Moschee im Südpark war Ende 2010 begonnen worden. Im Dezember 2013 wurden die Arbeiten bereits aufgrund einer Klage des Museums Friedländer Tor eingestellt. 

Vorher hatten mehrmals Menschen in Königsberg gegen den Bau einer Moschee im Südpark demonstriert. Diese zerstöre das historisch gewachsene Landschaftsbild des Parks am Friedländer Tor, meinten sie. Die Gegner der Moschee brachten auch eine Reihe anderer Argumente vor: Die Abholzung der Bäume im Park führe zur Verschlechterung der Ökologie in der Stadt. 

Furcht vor Kriminalität

Die Anwohner fürchteten auch das Ansteigen der Kriminalität in einem beliebten Spaziergänger-Gebiet. Zudem beeinträchtige der Bau auch das architektonische Ensemble rund um das unter Denkmalschutz stehende Friedländer Tor, hieß es. Das 1860 im Stil der Neogotik errichtete Tor würde zum „Eingangstor in die Moschee“ umfunktioniert. Das Objekt passe nicht in die architektonische Landschaft und trage nicht zur Erhaltung des Denkmals bei. Ein Gericht erklärte bereits 2014 die Errichtung des religiösen Gebäudes für ungültig und entschied, dass der Erlass zur Vergabe von Grundstücken im Südpark rechtswidrig war. Das Gericht verurteilte das Büro des Bürgermeisters zu einer Entschädigungszahlung in Höhe von umgerechnet gut einer Million Euro an die Moschee-Gemeinde. 

  Am 22. Mai 2019  trafen Polizei, Sondereinheiten und Beamte in dem Dorf Jänischken im Stadtbezirk Insterburg (etwa 90 Kilometer von Königsberg entfernt) ein. Mit ihnen kam ein Bagger und die Abrissbirne, um das dortige Gebetshaus der Muslime ohne vorherige Ankündigung abzureißen. Ein Gericht hatte entschieden, dass ein muslimisches Gebetshaus illegal auf einem Privatgrundstück errichtet worden sei. Der Besitzer des Gebäudes, Artur Rusijew, ein vor Jahren zum Islam konvertierter Russe, hatte es an eine muslimische Organisation vermietet. 

In dem Gebetshaus versammelten sich Muslime aus der ganzen Region. Daraufhin interessierten sich die Behörden für das Gebäude. Es war der einzige Ort, an dem sich Muslime zum Gebet versammeln konnten – eine andere Moschee gibt es in Königsberg nicht, obwohl sich eine regionale muslimische Organisation seit fast 

15 Jahren vergeblich um eine Baugenehmigung bemüht. Heute leben in der Region Königsberg etwa 100.000 Muslime (die Gesamtbevölkerung des Königsberger Gebiets beträgt knapp über eine Million Menschen). Für diese gibt es keine Moschee. 

Bei den muslimischen Bürgern Russlands handelt es sich überwiegend um auf russischem Gebiet lebende Völker wie Tataren, Baschkiren, Tschetschenen, Dagestaner, Karatschaier oder Tscherkessen, und nicht um Zugewanderte wie in der Bundesrepublik. Für diese gibt es im Gebiet jedoch keinen einzigen Platz für eine Moschee. Viele Muslime glauben, dass in Russland mit zweierlei Maß gemessen wird. 

Keine Kirchen in Tschetschenien

Bischof Serafim (Melkunjan) von Königsberg hat einmal in den Medien gesagt, dass Moscheen nur an Orten gebaut werden sollten, an denen Muslime kompakt wohnen. Solche Orte gibt es jedoch nicht im Königsberger Gebiet. Andererseits gibt es auch im russischen Tschetschenien keine Kirchen mehr, nachdem der Islam unter Ramsan Kadyrow dort Staatsreligion geworden ist.  

Vielen Religionsgemeinschaften außer der russisch-orthodoxen droht in Russland der Verlust ihrer Gottesdienststätten wegen angeblicher Verletzungen der Planungsvorschriften. Da Gemeinde- und Stadtverwaltungen oft nicht bereit sind, den Neubau von Kirchen und Moscheen zu genehmigen, sind die Religionsgemeinschaften oft gezwungen, sich in Wohn- oder Geschäftsgebäuden oder landwirtschaftlichen Gebäuden zu versammeln. Das macht sie verwundbar durch die widersprüchlichen Bestimmungen für die Nutzung von Gebäuden und Grundstücken. 

Gleichzeitig steigt für Einzelpersonen, die sich zu religiösen Zwecken in Privatwohnungen oder anderen nicht speziell gewidmeten Gebäuden zu Gottesdiensten versammeln, das Risiko der Bestrafung. Es werden mehr und höhere Geldstrafen verhängt als in der Vergangenheit.