25.04.2024

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Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022 / Oder / Ein Fluss im Strom der Zeit / Kristina Jaath hat einen Reiseführer veröffentlicht, der mehr ist – Umfangreiches Wissen über eine faszinierende Landschaft

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022

Oder
Ein Fluss im Strom der Zeit
Kristina Jaath hat einen Reiseführer veröffentlicht, der mehr ist – Umfangreiches Wissen über eine faszinierende Landschaft
Karlheinz Lau

Die Reiseschriftstellerin Kristina Jaath, Jahrgang 1962, Germanistin in Berlin, stellt in ihrem Buch „Oder. Von der Neißemündung bis zur Ostsee“ den heutigen Grenzfluss zur Republik Polen vor. Bis 1945 war die Oder in ihrer ganzen Länge einer der drei großen Ströme in Deutschland, die in Nord- und Ostsee münden: Rhein. Weser und eben die Oder. 

In einem umfangreichen Beitrag werden zu Beginn des Buches Landschaft und Natur von der Quelle bis zur Mündung sowie die „Oder im Strom der Zeit“ beschrieben, wobei Hinweise auf wichtige Sehenswürdigkeiten wie das Schiffshebewerk Niederfinow oder der Nationalpark Unteres Odertal und auf polnischer Seite die Frankfurter Schwesterstadt Slubice oder Stettin nicht fehlen. Wo notwendig, werden die polnischen Bezeichnungen oder Namen angeführt.

Sehenswürdigkeiten beidseits der Grenze

Der gesamte Verlauf des deutsch-polnischen Grenzflusses wird in einzelnen Abschnitten behandelt, die jeweils nicht nur für Touristen und Bewohner auf beiden Seiten sehenswerte Orte und Landschaften zeigen. Im Kapitel „Zwischen der Neißemündung und Frankfurt/Oder“ werden unter anderem Kloster Neuzelle, Eisenhüttenstadt oder Frankfurt-Slubice vorgestellt. Der Abschnitt von „Lebus nach Küstrin“ zeigt das südliche Oderbruch mit Seelow oder Golzow sowie die wechselvolle Geschichte von Stadt und Festung Küstrin. 

So wandert man weiter durch das Untere Odertal über Schwedt mit der Erdölraffinerie, dem Zehdener Landschaftspark auf polnischer Seite bis vor die Tore Stettins. Der Großraum Stettin bietet eine Fülle an Sehenswürdigkeiten, reizvollen Landschaften und einer wechselvollen Geschichte. Usedom, Wollin, Stettiner Haff, Swinemünde sind Namen, die Menschen anziehen. 

Der Autorin muss man bestätigen, dass sie gründlich und genau recherchiert hat, die wichtigste Literatur – unter anderem Theodor Fontane, Uwe Rada oder Jörg Lüderitz – wurde eingesetzt. Leider fehlt der in der Region bekannte polnische Heimatforscher Zbigniew Czarnuch aus Tamsel. 

Reichlich passendes Bildmaterial, 300 Farbfotos, wurde zugeordnet und jedes Hauptkapitel mit einer Übersichtskarte eingeleitet. Karten über den gesamten Raum befinden sich in den Innendeckeln des Buches. Hinzu kommen wichtige Tipps für Besucher: Verkehrsanbindungen, Hotels und Pensionen, Freizeitangebote wie Museen, Theater, Freizeitparks, Restaurants, Gaststätten und grenzüberschreitende Veranstaltungen. 

Durchaus populär für Sportler ist der Oder-Neiße-Radweg. Gerade für Frankfurt muss die deutsch-polnische Europauniversität VIADRINA genannt werden. Hilfreich ist der im Anhang angebotene deutsch-polnische und polnisch-deutsche Sprachführer. Seit die Oder Grenzfluss zwischen der Bundesrepublik Deutschland und der Republik Polen ist, müssen Anwohner und Besucher sich klarmachen, dass nur ein gutes und friedliches Verhältnis zwischen beiden Ländern Voraussetzung für Wanderungen, touristische Unternehmen und schließlich gutes nachbarschaftliches Zusammenleben ist. Das bedeutet aber auch, dass beide Länder gemeinsame und auch unterschiedliche Interessen haben. 

Die verheerenden Oderfluten 1997 und 2010 zeigten bei der Bekämpfung die Solidarität der drei Anrainer Polen, Tschechien und Deutschland. Das inzwischen in den Griff bekommene Fischsterben im Sommer 2022 – es konnte nicht mehr redaktionell bearbeitet werden – zeigte unterschiedliche Angaben über die Verantwortlichen. Es gab zum Teil herbe Vorwürfe aus Polen – Angriff auf die polnische Landwirtschaft und andere antideutsche Klischees –, die selbst bekannte polnische Journalisten wie Adam Krzeminski zurückwiesen. 

Probleme wurden nicht verschwiegen

Nach wie vor aktuell ist der Dissens um den Ausbau der Oder; Polen strebt eine Wasserstraße für seetüchtige Frachtschiffe an, deutsche und polnische Naturschutzverbände fürchten um den Verlust des Naturraumes Unteres Odertal. 

Es ist hoch anzuerkennen, dass die Autorin diese Problematik auf der Grundlage sachlicher Informationen anspricht. Diese Sachlichkeit, verbunden mit dem Engagement der Autorin für das Thema, kennzeichnet den Reiseführer, der durchaus den Charakter einer Landeskunde und damit eines Standardwerkes über das Oderland hat und so eine wichtige Lücke in der bestehenden Reiseliteratur schließt.

Kristine Jaath: „Oder. Von der Neißemündung bis zur Ostsee“, Trescher Verlag Berlin    2o22, Taschenbuch, 422 Seiten, 18,95 Euro