28.03.2024

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Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022 / Gertrudenberger höhlen / Kalk, Bier und Unter-den-Teppich-Gekehrtes / Wo Klosterbrüder, Brauer und Maurer unter Tage aktiv waren – Mit Wilfried Kley in der Osnabrücker Unterwelt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 42-22 vom 21. Oktober 2022

Gertrudenberger höhlen
Kalk, Bier und Unter-den-Teppich-Gekehrtes
Wo Klosterbrüder, Brauer und Maurer unter Tage aktiv waren – Mit Wilfried Kley in der Osnabrücker Unterwelt
Christiane Rinser-Schrut

Wenn Wilfried Kley sich etwas wünschen dürfte, dann wäre das die Nutzung der Höhlen als Museum, denn: „Diese Höhlen haben schon einiges erlebt“, sagt der 1. Vorsitzende des Vereins Gertrudenberger Höhlen Osnabrück e.V. Er selbst hat in diesen Höhlen auch schon einiges erlebt, zum Beispiel einen Großteil seiner Kindheit. „Nach dem Krieg durften wir hier oben“, und zeigt auf die Höhlendecke, „nicht Fußball spielen. Als dann die Engländer ein Loch mit Stacheldraht umzäunten, bekamen wir große Augen und schlichen uns bei der erstbesten Gelegenheit hinein. Eine Kerze zwischen den Knien, eine in der einen Hand, die andere musste zum Abstützen freibleiben.“ 

Seine Schwester hat die Höhlen weniger abenteuerlustig erlebt. Im Zweiten Weltkrieg wurden die Kavernen als Bunker genutzt. Phosphoreszierende Farbfelder an den Wänden, feste Zementschlemme unter den Füßen, spärliches Licht, Temperaturen um die neun Grad Celsius, enge Räume und bis zu 6000 Schutzsuchende. Erlebnisberichte über diese Zeit hat Kley von vielen Menschen gesammelt, die in den Höhlen während der Luftangriffe Schutz suchten. Ihre Geschichten sollen ausgestellt werden, erzählt werden sie schon jetzt. Der gelernte Tischler führt die behelmten Besucher über 20 Meter unter den Getrudenberg, auf dem heute ein Landeskrankenhaus im ehemaligen Benediktinerinnenkloster St. Gertrud inmitten von Villen und Bürgerpark steht.

Die Befahrung zu Fuß dauert etwa zwei Stunden. Wer arachnophob ist, muss sich hier nicht fürchten, denn die Höhlen sind arsen- und kadmiumhaltig, weshalb dort weder Fledermäuse, Ratten, Insekten noch Spinnen zu finden sind. 

Denkmalschutz für neue Mauer

Lange vor der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 1333 wurde in den Höhlen Trochitenkalk abgebaut. Die Nonnen ließen einen Brunnen bohren und stießen auf die Höhlen, die der Bierbrauer Martin Richter um das Jahr 1866 für ganz andere Geistlichkeiten nutzte. Der Brunnenschacht wurde 1920 verfüllt. 

Und verfüllt wurde in diesen Höhlen noch viel mehr. Eine recht neu aussehende Mauer wurde unter Denkmalschutz gestellt. Die Farbfelder an der Mauer machten den Höhlenverein stutzig, da es sich lediglich um Binderfarbe, also nicht-leuchtende Farbe handelte. Mit behördlicher Genehmigung wurde, so Kley, eine Öffnung in die Mauer geschlagen, hinter der Bauschutt eines ehemaligen Caféhauses der Friedenshöhe zutage kam, das erst 2002 abgerissen worden ist. 

Höhlenbefahrungen vorab buchen: Telefon (049541) 187527 oder E‑Mail: info@gertrudenberger-hoehlen-osnabrueck.de, belegte Termine können direkt auf der Internetseite eingesehen werden. Eintritt: 15 Euro.