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Folge 43-22 vom 28. Oktober 2022 / Russland-Geschäft / Welche deutsche Firmen sich wie weit zurückgezogen haben / 30 US-Wissenschaftler unterteilten über 1200 Unternehmen in fünf Kategorien von „Klarer Bruch – kompletter Rückzug“ bis „Business as usual“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 43-22 vom 28. Oktober 2022

Russland-Geschäft
Welche deutsche Firmen sich wie weit zurückgezogen haben
30 US-Wissenschaftler unterteilten über 1200 Unternehmen in fünf Kategorien von „Klarer Bruch – kompletter Rückzug“ bis „Business as usual“
Wolfgang Kaufmann

Nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine mussten Tausende nicht-russische und damit auch deutsche Firmen die Entscheidung treffen, ob sie weiterhin im Russland-Geschäft tätig sein wollen oder nicht. Dabei kamen sie zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen, wie ein 30-köpfiges Rechercheteam des Chief Executive Leadership Institute (CELI) der Yale School of Management in New Haven im US-Bundesstaat Connecticut unter der Leitung von Jeffrey Sonnenfeld herausfand und in Form einer detaillierten Liste publizierte. Diese findet sich unter der Internetadresse www.yalerussianbusinessre-treat.com und teilt die Unternehmen analog zu den Schulnoten in den USA in die Kategorien A, B, C, D, F ein.

A steht dabei für „Klarer Bruch – kompletter Rückzug“, B für „Weitgehender Rückzug, aber Offenhalten der Möglichkeit zur Rückkehr“, C für „Reduzierung des laufenden Betriebs“, D für „Zurückhaltung nur bei Neuinvestitionen“ und F für „Business as usual trotz aller Forderungen nach Beendigung oder Reduzierung der Aktivitäten“, was immerhin für 238 Unternehmen gilt.

238-mal „Business as usual

Zu denen zählen der Landmaschinenhersteller Claas mit Sitz in Harsewinkel und einem Montagewerk im russischen Krasnodar, der Medizintechnik- und Gesundheitskonzern Fresenius in Bad Homburg vor der Höhe, das Einzelhandelsunternehmen Globus in St. Wendel, der Lagertechnik- und Gabelstaplerproduzent 

Kion Group in Frankfurt am Main und die Stada Arzneimittel Aktiengesellschaft in Bad Vilbel. Das fortgesetzte Engagement der aktuell insgesamt 19 deutschen Firmen in der Kategorie F wird von diesen zumeist mit der Sorge um das Auskommen der russischen Mitarbeiter und humanitären Überlegungen begründet. Zumindest im Falle von Globus dürfte aber auch eine Rolle spielen, dass die Kette in Russland immerhin ein Viertel ihrer weltweiten Umsätze erzielt.

Zur Kategorie D gehören der Chemie- und Pharmakonzern Bayer, der Naturheilmittelhersteller Dr. Theiss, der Baustoffkonzern HeidelbergCement, der Großhandelsriese Metro und die Siemens Energy AG. Auch hier machen manche Firmen geltend, sie hätten die „ethische Verpflichtung“, der russischen Bevölkerung keine „wesentlichen Gesundheits- und Landwirtschaftsprodukte vorzuenthalten“. Inwieweit dieses Argument auch auf Metro zutrifft, sei dahingestellt. Auf jeden Fall wurde das Unternehmensnetzwerk jetzt durch 

Hacker lahmgelegt, wodurch viele der rund 700 Märkte in 30 Ländern der Welt zeitweise schließen mussten – vermutlich ein Racheakt der Ukraine.

Wegen der Reduzierung von signifikanten Teilen ihres Russlandgeschäfts ordneten die CELI-Experten unter anderen folgende deutsche Firmen in die Kategorie C ein: den Versicherungskonzern Allianz, den Pharmagiganten Boehringer Ingelheim, die Industrieunternehmen Robert Bosch, Carl Zeiss, Continental, Schaeffler, Thyssenkrupp und Vaillant, den Logistikdienstleister DB Schenker, die Energiekonzerne E.ON und Uniper, den Haushaltsgerätehersteller Miele sowie den Software-Riesen SAP.

„Bis auf weiteres“ nicht mehr in Russland präsent und somit zur Kategorie B gehörig ist der fränkische Sportartikelhersteller Adidas, der damit das Verhalten der Konkurrenten Puma und Nike nachvollzogen hat. Das Opfer hält sich in Grenzen, denn der Konzern erwirtschaftete zuletzt nur noch drei Prozent seines Gesamtumsatzes in den ehemaligen Sowjetrepubliken. Ebenso will  DHL keine Geschäfte mit Russland mehr machen, transportiert aber nach wie vor Briefe, Päckchen und Pakete zwischen Russland und Deutschland. Ansonsten haben auch Audi, BMW, Daimler Truck, MAN, Mercedes Benz, Porsche, VW, Kärcher, Haribo, Hugo Boss, Krombacher und Playmobil, das Geldinstitut Commerzbank, die Versicherungen Hannover Re und Munich Re sowie das Hamburger Logistik-Branchenschwergewicht Hapag-Lloyd ihre Aktivitäten in Russland nach eigener Aussage auf unbestimmte Zeit eingestellt.

320-mal „Klarer Bruch“

Und dann wären da noch die von dem Yale-Team in die Kategorie A eingestuften derzeit rund 320 Firmen, die einen endgültigen Schnitt vollzogen haben sollen. In Deutschland sind dies Aldi, BASF, CMS, Covestro, Deichmann, die Deutsche Bank, die Deutsche Telekom, DPD, Dr. Oetker, Edeka, Evonik, Grohe, Henkel, Infineon, Jägermeister, Knorr-Bremse, Lufthansa, OBI, Rewe, Roland Berger, Siemens, Tchibo, TeamViewer, TUI und die United Internet Group. OBI verschenkte dabei alle 27 russische Filialen an einen anonymen Investor, der die 5000 Angestellten samt und sonders übernehmen will.