29.03.2024

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Folge 44-22 vom 04. November 2022 / Hannsheinz Porst / Sein Unternehmen opferte er seinen sozialistischen Idealen / Vor 100 Jahren kam der „Millionär und Marxist“ zur Welt, der „Photo Porst“ der Belegschaft schenkte

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-22 vom 04. November 2022

Hannsheinz Porst
Sein Unternehmen opferte er seinen sozialistischen Idealen
Vor 100 Jahren kam der „Millionär und Marxist“ zur Welt, der „Photo Porst“ der Belegschaft schenkte
Manuel Ruoff

Der vor 100 Jahren, am 8. November 1922, in Nürnberg geborene Hannsheinz Porst war wie sein Vater Hanns Porst ein innovativer Unternehmer mit pfiffigen Ideen. Wie der Sohn liebte der Vater die Fotografie und hatte deshalb bereits als 23-Jähriger nach der Rückkehr aus dem Ersten Weltkrieg in seiner Heimatstadt Nürnberg einen Fotoladen aufgemacht, Photo Porst. Der einzige Sohn Hannsheinz stieg nach mittlerer Reife und einer Werkzeugmacherlehre bei Kodak nach der Währungsreform als gleichberechtigter Gesellschafter in das „der Welt größte Photohaus“ ein. 

Anfänglich konzentrierte sich der Sohn auf den Aufbau der von ihm gegründeten Akzidenzdruckerei Maul & Co., die sich zu einer der größten Tiefdruckanstalten der Bundesrepublik entwickelte. Ihre ursprüngliche Aufgabe war es, das Werbematerial für Photo Porst zu drucken. Das war viel, denn der Vater hatte den Versandhandel als Absatzmöglichkeit entdeckt. Und trotzdem arbeitete Maul & Co. schließlich auch noch für andere große Firmen.

Im Jahre 1960 übernahm der Sohn die Gesamtleitung bei Photo Porst. In Foto Quelle entstand dem Unternehmen auf dem Gebiet des Versandhandels ein gefährlicher Konkurrent. Deshalb wurde der Betrieb nun zu einer Ladenkette umgebaut. Ein halbes Jahrzehnt nachdem der Sohn die Gesamtleitung übernommen hatte, bestand diese Kette bereits aus mehr als 100 eigenen Läden und 600 im Franchise-System arbeitenden Vertriebsstellen.

Bei der Weiterentwicklung des Unternehmens nahm es Porst nicht so genau mit der Steuer. 1964 wurde er wegen des Verdachts auf Steuerhinterziehung verhaftet. Insgesamt 11,5 Millionen D-Mark musste er an Steuerstrafe und -nachzahlung berappen.

Doch nicht nur, weil er Gewinne lieber reinvestierte, als sie an den Staat abzutreten, geriet Porst mit der Obrigkeit in Konflikt. Der „Millionär und Marxist“, als den er sich selbst bezeichnete, hatte bessere Kontakte zur DDR, als es der Bundesrepublik lieb war. 1969 wurde er zu über zweieinhalb Jahren Haft verurteilt, wurde aber bereits im Folgejahr vorzeitig entlassen.

Porst, der zeitweise das SED- und das FDP-Parteibuch parallel besaß, kann man nicht vorwerfen, dass er wie die heutigen Gutmenschen in erster Linie von den Anderen Opfer für seine eigenen Ideale erwartet habe. Bereits sein Vater hatte sich durch weit überdurchschnittliche Sozialleistungen wie großzügige Urlaubsregelungen als sozial orientierter Arbeitgeber erwiesen. Dessen Mitarbeiter profitierten von betriebseigenen Ferienheimen, modernem Wohnraum und Fortbildungseinrichtungen. Der Sohn ging darüber noch weit hinaus. Er wagte den Schritt vom Sozialen zum Sozialistischen einschließlich Selbstenteignung als Kapitaleigner zugunsten der Werktätigen in seinem Betrieb. 

Doch nicht nur als Kapitaleigner, sondern auch als Besitzer der Verfügungsgewalt, also als Geschäftsführer, zog Porst sich nach seiner Haftentlassung sukzessive zurück. Führungskräfte wurden von den Mitarbeitern gewählt. Er selbst nannte das „totale Mitbestimmung“. 

1978 besaß er nur noch 19 Prozent des Unternehmens, die Belegschaft hingegen 81. Nun gab er auch die Unternehmensführung ab.

Obwohl Porst anschließend noch privates Geld zuschoss, scheiterte das sogenannte Porst-Modell kläglich. Das Unternehmen geriet in Schieflage. Die „totale Mitbestimmung“ wurde aufgegeben. Und Investoren von außen lösten die Belegschaft als Mehrheitseigner ab. Es nützte nichts. 2002 meldete das Unternehmen Insolvenz an. 

Angeblich ohne Gram über dieses deprimierende Ende seines Experiments, das ihn das väterliche Erbe kostete, verbrachte Porst seinen Lebensabend im vormaligen Wochenendhaus seines Vaters in Artelshofen. Dort starb er am 29. April 2010.