26.04.2024

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Folge 44-22 vom 04. November 2022 / Richard Nixon / Auf die Watergate-Affäre reduziert / Vor 50 Jahren wurde der Republikaner als Präsident bestätigt. Sein Wirken steht im Schatten des Rücktritts

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-22 vom 04. November 2022

Richard Nixon
Auf die Watergate-Affäre reduziert
Vor 50 Jahren wurde der Republikaner als Präsident bestätigt. Sein Wirken steht im Schatten des Rücktritts
Erik Lommatzsch

Am 7. November 1972 errang Richard M. Nixon einen fulminanten Wahlsieg. Hinsichtlich der Wählerstimmen handelte es sich um das beste Ergebnis, das ein republikanischer Präsidentschaftsbewerber in den USA bislang erreicht hat. Gegenkandidat George McGovern, der in der Demokratischen Partei weit links stand, war chancenlos. Nixon, der vier Jahre zuvor lediglich mit einer hauchdünnen Mehrheit erstmals zum Präsidenten gewählt worden war, hätte nun gestärkt in seine zweite Amtszeit gehen können.

Mit Beginn dieser zweiten, vorzeitig beendeten Amtszeit des 37. US-Präsidenten sollten sich jedoch bald die Schatten der sogenannten Watergate-Affäre ausbreiten. Namengebend wurde ein Einbruch in das Hauptquartier der Demokraten im Watergate-Gebäudekomplex in Washington im Juni 1972 im Zuge des Wahlkampfs. Aus dem Umfeld Nixons war versucht worden, Informationen zu beschaffen, die Täter wurden dingfest gemacht. Der Präsident selbst hatte von deren konkretem Vorgehen wohl keine Kenntnis, war aber im Anschluss um Vertuschung bemüht. Zunächst war das Thema wenig präsent und sollte auch keinen Einfluss auf die Wahl haben. 

Angestoßen von Reportern der „Washington Post“ kamen dann allerdings nicht nur die Umstände des Watergate-Einbruchs an die Öffentlichkeit, sondern auch eine Reihe von Aktivitäten Nixons, durch die über Jahre politische Gegner ausspioniert und bekämpft worden waren. Gewertet wurden diese Aktivitäten schließlich als „Missbräuche von Regierungsvollmachten“. Einer Amtsenthebung kam Nixon mit seinem Rücktritt am 9. August 1974 zuvor.

Nixon wusste zu imponieren

In der allgemeinen Erinnerung herrscht das Bild des skrupellosen, sich illegaler Methoden bedienenden konservativen Republikaners Nixon vor. Auch ein um Ausgleich bemühter Historiker wie der USA-Experte Manfred Berg urteilt: „Nixon stürzte nicht über seine Gegner, er stürzte, weil der brillante politische Analytiker in ihm es nicht vermochte, den paranoiden, rachsüchtigen Machtmenschen zu kontrollieren.“

Bei den gern als negativ herausgestellten Zügen wird oft übersehen, dass das Bekämpfen politischer Gegner mit harten Bandagen, auch jenseits der Legalität, selbst in Demokratien kein Alleinstellungsmerkmal Nixons ist und dass das überwältigende Wählervotum vom November 1972 eine Ursache gehabt haben muss. Nixon wusste zu imponieren. Dass seine „außenpolitischen Leistungen weithin unbestritten“ sind, gesteht auch der Historiker Berg zu.

Der im Januar 1913 im Süden Kaliforniens geborene Nixon galt als talentiert, ehrgeizig und diszipliniert. 1946 zog er für die Republikaner ins Repräsentantenhaus ein und profilierte sich im Kampf gegen den Kommunismus, er gehörte dem „Ausschuss zur Untersuchung unamerikanischer Aktivitäten“ an. Nixon, der aufgrund seines Vorgehens gern als „Tricky Dick“ bezeichnet wurde, amtierte von 1953 bis 1961 als Vizepräsident unter Dwight D. Eisenhower. Seit dieser Zeit galt der Außenpolitik sein besonderes Interesse. 

Erstmalige Ambitionen auf die Präsidentschaft musste Nixon im November 1960 begraben, er wurde von John F. Kennedy äußerst knapp geschlagen. Wahlmanipulationen des Demokraten gelten heute auch unter Wissenschaftlern als wahrscheinlich.

Frieden mit Vietnam

Nachdem Nixon 1962 die Wahl zum Gouverneur von Kalifornien ebenfalls verloren hatte, kündigte er seinen Rückzug aus der Politik an. 1969 sollte er dann jedoch als siegreicher Präsidentschaftsbewerber ins Weiße Haus einziehen. Innere Sicherheit, Patriotismus und Tradition waren Themen, auf die er gesetzt hatte. 

Das militärische Engagement der USA in Vietnam war in der eigenen Bevölkerung mittlerweile derart unpopulär, dass Nixons demokratischer Vorgänger als Präsident, Lyndon B. Johnson, unter anderem deshalb auf eine weitere Kandidatur verzichtet hatte. Von Nixon erwarteten nun viele Wähler einen Rückzug ihres Landes aus Vietnam, den Ausstieg aus dem Krieg. Nixon kam diesem Wunsche mit der sogenannten Vietnamisierung des Vietnamkrieges entgegen. Um sich in eine vorteilhafte Verhandlungsposition zu bringen, betrieb er allerdings erst einmal eine Eskalation und geographische Ausdehnung des Krieges. Der Gegner sollte „an den Verhandlungstisch gebombt“ werden. Mit dem Vertrag von Paris vom 27. Januar 1973 beendeten die USA ihr Engagement mit eigenen Soldaten in Vietnam.

Besuche in China und der UdSSR 

Nixon besuchte als erster amtierender US-Präsident 1972 China und die UdSSR. Die Beziehungen mit den Chinesen normalisierten sich. Mit den Sowjets wurde der Handel ausgeweitet, vor allem aber wurde mit den SALT-I- beziehungsweise ABM-Verträgen der Rüstungswettlauf eingedämmt. Mittels „Pendeldiplomatie“ und ständiger Reisen von Außenminister Henry Kissinger konnte die insbesondere nach dem Jom-Kippur-Krieg vom Oktober 1973 angespannte Lage im Nahen Osten stabilisiert werden. 

Im Inneren setzte Nixon auf Zentralisierung auf Kosten der Einzelstaaten. So wurden etwa Bundesbehörden für Arbeits- und Umweltschutz geschaffen. Eine Sozialhilfereform mit Mindesteinkommen für Familien scheiterte am Kongress. Durch einen befristeten Lohn- und Preisstopp sowie die Festlegung einer Importabgabe und die Freigabe des Wechselkurses des US-Dollars im August 1971 gelang eine Belebung der Konjunktur und die Abschwächung der Inflation. Nixon verwendete sich zugunsten der Rechte der Indianer. Die sogenannte Rassenintegration der Schwarzen wurde in seiner Regierungszeit erheblich forciert, auch wenn er hier persönlich gegenteilige Präferenzen erkennen ließ.

Als er im April 1994 starb, wurde er mit einem Staatsbegräbnis geehrt. Ausgewogene, nicht auf die Watergate-Affäre fokussierte Darstellungen Nixons sind nach wie vor eher die Ausnahme.