24.04.2024

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Folge 44-22 vom 04. November 2022 / Conrad Ahlers / Sein Artikel „Bedingt abwehrbereit“ löste die Spiegel-Affäre aus / Der spätere Regierungssprecher Brandts und Intendant der Deutschen Welle kam vor 100 Jahren in Hamburg zur Welt

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 44-22 vom 04. November 2022

Conrad Ahlers
Sein Artikel „Bedingt abwehrbereit“ löste die Spiegel-Affäre aus
Der spätere Regierungssprecher Brandts und Intendant der Deutschen Welle kam vor 100 Jahren in Hamburg zur Welt
Manuel Ruoff

Ein Stückchen bundesdeutsche Geschichte schrieb Conrad Ahlers durch seine Beteiligung an der Spiegel-Affäre. Vor gut vier Jahrzehnten löste er die Affäre mit seinem „Spiegel“-Artikel „Bedingt abwehrbereit“ aus. Der brachte ihn in Regierungskreisen den Vorwurf des Landesverrats ein. Bundesverteidigungsminister Franz Josef Strauß ließ ihn an seinem Urlaubsort in Spanien verhaften. 

Wer deshalb glaubt, Ahlers wäre ein rebellischer Outlaw gewesen, der irrt. Das Gegenteil war der Fall. Der vor 100 Jahren, am 8. November 1922, in der Hansestadt Hamburg geborene Journalist mit großbürgerlichem Hintergrund hat vielmehr eine Bilderbuchkarriere mit Leitmedien und staatlichen Stellen als wechselnden Arbeitgebern hingelegt.

Der Sohn eines Exportkaufmannes und einer Pastorentochter meldete sich nach dem Abitur 1941 zu den Fallschirmjägern, wo es der „schöne Conny“ bis zum Ordonanzoffizier brachte. Während viele seiner Altersgenossen zu dieser Zeit noch in alliierter Kriegsgefangenschaft saßen, nahm er 1945 in seiner Geburtsstadt ein Studium der Volkswirtschaft auf. 1948 schickte der britische Universitätsoffizier den Mitbegründer der Jungen Union (JU) zum Deutschen Dienst der BBC nach London. Der Redaktionsleiter des Hamburger „Sonntagsblattes“ Hans Zehrer holte ihn zu seiner Zeitung und damit nach Hamburg zurück, wo er den damaligen Redakteur des Hamburger SPD-Blattes „Hamburger Echo“ Herbert Wehner kennenlernte. 

1951 holte ihn der Referent im Presse- und Informationsamt der Bundesregierung Günter Diehl zu sich ins Amt, wo Ahlers als Chef vom Dienst arbeitete. Diehl hatte bei Ahlers Mutter, die seit 1943 Witwe war, während seiner Zeit als Redakteur beim „Hamburger Abendblatt“ Wohnung genommen. 1952 verließen die beiden Männer das Presse- und Informationsamt. Diehl ging ins Auswärtige Amt und Ahlers zum Vorläufer des Verteidigungsministeriums, zur Dienstelle Blank.

1954 kehrte Ahlers vom Staatsdienst wieder zur Presse zurück. Über die Zwischenstationen „Welt“, Spiegel“ und „Frankfurter Rundschau“ landete er schließlich 1962 als stellvertretender Chefredakteur beim „Spiegel“, wo der vormalige Ordonanzoffizier der Wehrmacht und Reserveoffizier der Bundeswehr mit Erfahrungen in der Dienststelle Blank sich mit militärischen und militärpolitischen Fragen wie der Einsatzbereitschaft der Bundeswehr beschäftigte.

Obwohl Mitbegründer der JU war Ahlers mittlerweile eher im Dunstfeld der SPD zu verorten. Nachdem die SPD, deren Mitglied er 1968 auch wurde, 1966 Regierungspartei geworden war, wechselte er wieder in das Presse- und Informationsamt der Bundesregierung, in dem Diehl seit 1960 bereits wieder als Ministerialdirigent arbeitete. In der Zeit der Großen Koalition wurde nun Diehl Leiter und Ahlers stellvertretender Leiter des Amtes.

Nach dem erneuten Regierungswechsel, nun von der Großen zur sozialliberalen Koalition, wechselte Diehl in den Ruhestand und Ahlers wurde dessen Nachfolger, sicherlich ein Karrierehöhepunkt. In Ahlers Amtszeit als Sprecher der Bundesregierung und Leiter ihres Presse- und Informationsamtes fällt die wohl eklatanteste Desinformation von Regierungsseite in der Geschichte der Bundesrepublik. Am zweiten und letzten Tag der palästinensischen Geiselnahme israelischer Sportler während der Olympischen Sommerspiele 1972 in München sprach Ahlers von einer „glücklichen und gut verlaufenen Aktion“ und ließ sich vom Präsidenten des Internationalen Olympischen Komitees Avery Brundage zur Befreiung der Geiseln gratulieren. Nach der noch im selben Jahr stattfindenden siebten Bundestagswahl wurde Ahlers durch Rüdiger Freiherr von Wechmar ersetzt.

Natürlich fiel Ahlers weich. Seit 1972 saß er als Abgeordneter im Bundestag. Naheliegenderweise engagierte er sich dort im Verteidigungsausschuss. Nebenbei arbeitete er noch in führenden Positionen und Funktionen bei der „Hamburger Morgenpost“ wie der „Wirtschaftswoche“ und machte Öffentlichkeitsarbeit für die Krupp-Stiftung.

1979 erreichte seine Karriere das nach seinen Worten „höchst erreichbare Ziel“. Dafür opferte er sogar sein Bundestagsmandat. Der stellvertretende Vorsitzende des Verwaltungsrates der Deutschen Welle wurde vom Rundfunkrat des Auslandsrundfunks der Bundesrepublik zu dessen Intendanten gewählt. Lange konnte Ahlers sich dieses Amtes nicht erfreuen. Am 1. März 1980 trat er das Amt an. Am 18. Dezember des Jahres starb der erst 58-Jährige überraschend an einem Kreislaufversagen.