19.04.2024

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Folge 45-22 vom 11. November 2022 / „Letzte Generation“ / Streit um Klima-Kleber spitzt sich zu / Für manche Politiker heiligt das mainstreamige Ziel die Mittel, für andere nicht

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-22 vom 11. November 2022

„Letzte Generation“
Streit um Klima-Kleber spitzt sich zu
Für manche Politiker heiligt das mainstreamige Ziel die Mittel, für andere nicht
Norman Hanert

Aktivisten der Gruppe „Letzte Generation“ konnten bei ihren Straßenblockaden bislang bei vielen Politikern mit einem hohen Maß an Verständnis rechnen. Mit ihren jüngsten Aktionen scheint sich dies nun zu ändern. Selbst sehr wohlwollenden Unterstützern in der Politik und den Medien fällt es zunehmend schwer, die Attacken der Klimaextremisten auf Kunstwerke, die zum kulturellen Erbe der Menschheit gehören, zu rechtfertigen. 

Am Nachmittag des 23. Oktober hatten zwei Aktivisten im Potsdamer Museum Barberini Kartoffelbrei auf Claude Monets Gemälde „Getreideschober“ gekippt. Anschließend klebten sich Klimaaktivisten unter dem 1890 entstandenen Meisterwerk des französischen Impressionismus fest. In einer Pressemitteilung versicherten Mitglieder der „Letzten Generation“, sie hätten das auf 110 Millionen US-Dollar geschätzte Kunstwerk nur „schweren Herzens“ verunstaltet. Der Imageschaden war dennoch erheblich. So kommentierte etwa Ottmar Edenhofer, Direktor des Potsdam-Instituts für Klimafolgenforschung, die Aktion im Palais Barberini: „Bei allem Verständnis für die Sorge um unser Klima: Solche Aktionen lehnen wir ab.“

„Solche Aktionen lehnen wir ab“

Am Morgen des 31. Oktober war in Berlin eine Radfahrerin von einem Betonmischer überrollt worden und unter dem Fahrzeug eingeklemmt. Wie der „Tagesspiegel“ berichtete, hatten Einsatzkräfte der Feuerwehr zur Befreiung der Radfahrerin ein Spezialfahrzeug angefordert, dass durch eine Straßenblockade von Klimaaktivisten im Stau stecken blieb und verspätet am Unfallort eintraf. Wenige Tage später ist das Unfallopfer in einem Berliner Krankenhaus zunächst für hirntot erklärt worden. Kurz darauf verstarb die 44-Jährige.

 Nach derzeitigem Ermittlungsstand scheint der von den Aktivisten verursachte Stau letztendlich keinen Einfluss auf die Versorgung des Unfallopfers gehabt zu haben. Dennoch soll die Berliner Polizei gegen zwei Mitglieder der „Letzte Generation“ Strafanzeige gestellt haben, unter anderem wegen unterlassener Hilfeleistung.

Unabhängig vom Ausgang der weiteren Ermittlungen wird nun die Frage nach den Folgen der inzwischen fast täglichen Straßenblockaden diskutiert. Angeheizt wurde diese Diskussion durch eine Twitter-Botschaft des Berliners Tadzio Müller. Dieser twitterte: „Scheiße, aber: nicht einschüchtern lassen. Es ist Klimakampf, nicht Klimakuscheln, & shit happens.“ Die Folge war ein Sturm der Entrüstung und Vorwürfe, Müller habe das Unfallopfer verhöhnt. Müller, der bereits im vergangenen Jahr mit dem Gerede über eine „grüne RAF“ aufgefallen war, löschte schließlich den Tweet und entschuldigte sich für die „dämliche & respektlose Formulierung“.

Die Gewerkschaft der Polizei (GdP) forderte angesichts der vielen Störaktionen auf den Straßen eine Verschärfung des Polizei- und Ordnungsrechtes. Der GdP-Sprecher Benjamin Jendro sagte: „Die Hauptstadt wird so lange Wohlfühl-Biotop für diese Aktionen sein, bis der Rechtsstaat deutlich macht, dass Straftaten nicht toleriert werden können.“ 

Tatsächlich gab es in Berlin bislang nur einige Verurteilungen von Straßenblockierern zu kleineren Geldstrafen. Auch die Ankündigung, den Klimaklebern in Rechnung zu stellen, wenn die Polizei sie von der Straße entfernen muss, scheint bislang keine abschreckende Wirkung gehabt zu haben. Der CSU-Landesgruppenchef im Deutschen Bundestag Alexander Dobrindt hat nun harte Konsequenzen gefordert. „Wer mutwillig zerstört oder andere gefährdet, sollte nicht nur mit Geldstrafen, sondern auch mit Freiheitsentzug rechnen müssen“, so der CSU-Politiker gegenüber der „Bild“-Zeitung. 

„Es ist Klimakampf“

Auch Schadensersatzforderungen könnten sich als ein effektives Abschreckungsmittel herausstellen. Bereits im August hatten sich zwei Mitglieder der „Letzten Generation“ in der Dresdner Gemäldegalerie Alter Meister am Rahmen von Raffaels „Sixtinischer Madonna“ festgeklebt. Am Bild aus dem 16. Jahrhundert, war kein Schaden entstanden. Nach Angaben der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden musste allerdings der Bilderrahmen restauriert werden. Die dabei entstandenen Kosten belaufen sich auf bis zu 5000 Euro. Weil das Museum zeitweilig schließen musste, entstand auch ein Einnahmeverlust über 7000 Euro. Inzwischen hat die Kunststammlungen Dresden gegen die beiden „Klimaschützer“ nicht nur Strafanzeige wegen Sachbeschädigung gestellt, sondern klagt in einem zivilrechtlichen Verfahren auch auf Schadenersatz.

Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) hat inzwischen großes Verständnis dafür gezeigt, wenn auch Handwerker, denen durch die Straßenblockaden der „Letzten Generation“ Kosten entstehen, über Zivilklagen Schadenersatz geltend machen. Der FDP-Innenpolitiker Björn Jotzo kritisierte Sprangers Vorschlag als „vollkommen realitätsfremd“. Die Berliner FDP regte stattdessen eine zentrale Plattform an, auf der Betroffene Schadenersatzansprüche anmelden können. FDP-Fraktionschef Sebastian Czaja sagte, für „die Betroffenen der Klimakleber, die arbeitende Mitte unserer Stadt, muss es in Zukunft eine realistische und einfache Möglichkeit geben, ihren Schaden geltend zu machen“.