18.04.2024

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Folge 45-22 vom 11. November 2022 / Leitartikel / Die Botschaft des Kreuzes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-22 vom 11. November 2022

Leitartikel
Die Botschaft des Kreuzes
René Nehring

Man hat sich daran gewöhnt, dass in unserer geschichtslosen Welt das Wissen über die Grundlagen unserer Gesellschaft schwindet. 

Und doch ist es immer wieder überraschend, ja erschreckend, zu sehen, wenn Politiker und Behörden – wie im Falle der Abnahme des Kreuzes aus dem Friedenssaal des Historischen Rathauses Münster – auf offener Bühne zeigen, dass sie selbst von den elementarsten Grundlagen nichts verstehen. Wobei es letztlich egal ist, ob die Entfernung durch „das Protokoll“ des Auswärtigen Amtes oder durch Außenministerin Annalena Baerbock erfolgte. Aus dem Umfeld der Organisatoren berichteten Medien jedenfalls, dass das G7-Emblem die Szenerie dominieren sollte und kein religiöses Zeichen. 

Doch was für eine Verkennung der Botschaft des Kreuzes allgemein – und des Kreuzes von Münster im Besonderen! Natürlich ist das Kreuz der Christen ein religiöses Symbol. Doch es ist nicht das Symbol einer grausam herrschenden Gottheit, sondern – als Abbild der gewaltsamen Tötung des Gottessohnes – ein Sinnbild dafür, wie selbst aus schlimmsten Situationen Hoffnung auf bessere Zeiten erwachsen kann. 

Sind sich die Verantwortlichen bewusst, welches Symbol sie da abgehängt haben? Zumal im Rathaus von Münster, das zusammen mit Osnabrück Schauplatz der Verhandlungen zum Westfälischen Frieden war, der im 17. Jahrhundert ein dreißigjähriges Völkermorden beendet hatte. Gerade in Zeiten eines neuen Krieges in Europa hätte dieses Kreuz in diesem Saal die Anwesenden an den Frieden gemahnt – sowie an die Pflicht dazu, alles dafür zu tun, ihn zu erreichen. 

Symbol der Demut, nicht der Gewalt

Nicht zuletzt ist das Kreuz, unabhängig davon, ob der Einzelne an Gott glaubt oder nicht, das Symbol dafür, dass über allen irdischen Mächten immer noch eine höhere Instanz steht – der sich selbst der mächtigste Herrscher zu beugen hat. 

Womit wir bei der Kuppel des Berliner Schlosses wären. Auch die dortigen Pläne zur Errichtung einer Lichtinstallation, die die wiederaufgetragene Widmung Friedrich Wilhelms IV. überstrahlen soll, offenbart eine große Unkenntnis sowohl des christlichen Glaubens als auch des klassischen preußischen Staatsverständnisses. Mit Worten wie „dass in dem Namen Jesu sich beugen sollen aller derer Knie, die im Himmel und auf Erden und unter der Erde sind“ sowie auch mit dem auf der Kuppel thronenden Kreuz ist gerade kein allgemeiner Unterwerfungsanspruch formuliert, sondern vielmehr eine Selbstbeschränkung des Monarchen und ein stetig mahnender Appell, dass selbst über ihm eine höhere Macht steht. 

Übrigens: Wer in den Debatten über das Kreuz von Münster und die Kuppelinschrift von Berlin nicht zu vernehmen ist, sind die Vertreter der beiden großen Kirchen. Ob dies daran liegt, dass sie nichts dazu gesagt haben, oder von den Medien nicht mehr gehört werden, ist schwer zu beurteilen. Die Webseite der EKD jedenfalls widmete sich zu Beginn der Woche vorrangig dem Klimawandel, die Seite der Deutschen Bischofskonferenz Themen wie „Klima und Umwelt“ oder „gelebte Synodalität“. Noch Fragen?