19.04.2024

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Folge 45-22 vom 11. November 2022 / Allenstein / Die Strompreise steigen, die Sorgen auch / Bis vor Kurzem setzten vor allem Städte auf E-Mobilität – Versorger sollen nun die Zeche zahlen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 45-22 vom 11. November 2022

Allenstein
Die Strompreise steigen, die Sorgen auch
Bis vor Kurzem setzten vor allem Städte auf E-Mobilität – Versorger sollen nun die Zeche zahlen
Dawid Kazanski

Die hohen Strompreise machen den Städten im südlichen Ostpreußen zu schafffen. Um Geld zu sparen, beschlossen einige Städte deshalb, die Straßenbeleuchtung nachts abzuschalten. Das ist beispielsweise in Sokołów Podlaski bei Warschau und Krosno im Karpatenvorland der Fall. Solch eine Sparmaßnahme gilt zwar noch nicht für Allenstein, aber wegen der hohen Energiekosten könnte die Stadt ein Problem mit den Straßenbahnen bekommen, die sehr viel Strom verbrauchen. Straßenbahnen, bislang als umweltfreundliches Verkehrsmittel gefördert, lassen sich derzeit nicht mehr rentabel betreiben. 

Die Kommunen sind wie auch große Unternehmen mit einer galoppierenden Inflation konfrontiert, die auf Schritt und Tritt zu spüren ist. Die Allensteiner Stadtbehörden mussten bereits eine Ausschreibung für den Kauf von Strom für das Jahr 2023 annullieren, weil die angebotenen Preise gigantisch waren – die Preissteigerung lag bei bis zu 540 Prozent. Dass man schon jetzt mehr Geld für die Stromversorgung der Straßenbahnen ausgeben muss, zeigt sich an den Beträgen, welche die Stadt bisher für deren Betrieb ausgab. Im Jahr 2021 beliefen sich die Kosten für die Energie, welche die Straßenbahnen für 

ihren Betrieb benötigten, auf zirka 450.000 Euro. In diesem Jahr wurden für den Betrieb der Straßenbahnen allein von Januar bis Juni Stromkosten in Höhe von ungefähr 313.000 Euro fällig.

Vor einem Jahr argumentierte eine Sprecherin des Rathauses, dass die Einführung von Straßenbahnen auf den Straßen der Stadt Einsparungen durch den Wegfall von fünf Buslinien mit sich bringe. Sie sagte, dass man für den Betrieb von zwölf Straßenbahnen auf einer Strecke, auf der 24 Busse im Einsatz seien, umgerechnet lediglich 213.000 Euro benötige, was eine enorme Ersparnis bedeute. Zurzeit gleichen sich die Kosten für beide Verkehrsmittel allerdings an, sodass sich die Situation ab Januar vermutlich umkehren wird. Dann dürften die Straßenbahnen den städtischen Haushalt viel mehr kosten als Busse. 

Das wird sich mit Sicherheit in einer Verteuerung der Fahrkarten für öffentliche Verkehrsmittel niederschlagen, zumal auch die konventionellen Kraftstoffe - Benzin und Diesel – teurer werden. 

Teurer als Busse 

In Allenstein wird das Straßenbahnnetz aktuell weiter ausgebaut. Auch hierfür werden mehr Kosten anfallen als geplant. Das steht im Zusammenhang mit Preissteigerungen bei Gas, Strom und Baumaterialien sowie unterbrochenen Lieferketten. Die Auftragnehmer fordern eine Überprüfung der in den Verträgen festgelegten Beträge. Sie verlangen von der Stadt die Zahlung von etwa zehn Millionen Euro mehr als die ursprünglich kalkulierte Summe. Das Rathaus hält die Forderung für überzogen. Der Vertrag mit dem Unternehmen, das die Straßenbahnverlängerung durchführt, sah eine Summe von 77 Millionen Euro vor.

Im Oktober nahm sich die Woiwodschaftsregierung der Frage der steigenden Strompreise an. Der Ministerrat beschloss einen Gesetzesentwurf über Energiehöchstpreise. Darin ist festgelegt, dass Kommunalverwaltungen, sensible Einrichtungen wie Schulen oder Krankenhäuser sowie kleine und mittlere Unternehmen umgerechnet höchstens 167 Euro pro Megawattstunde und Einzelkunden höchstens 147 Euro pro Megawattstunde zahlen müssen, wenn die festgelegten Verbrauchsobergrenzen überschritten werden. Die Kosten für diese Maßnahme werden auf über vier Milliarden Euro geschätzt. Wie die Klima- und Umweltministerin Anna Moskwa betonte, wird die Finanzierung aus den Einnahmen der Energieunternehmen stammen. „Sollte sich diese Quelle als unzureichend erweisen, so werden wir sie durch nationale Mittel ergänzen. Wir planen das nicht für heute“, fügte die Ministerin hinzu. 

Das Gesetz sieht jedoch keine Entschädigung für Unternehmen mit mehr als 250 Beschäftigten vor. Große Firmen, deren Beschäftigtenzahl über dieser Grenze liegt, werden ohne jede Unterstützung dastehen. Einige Wirtschaftsexperten befürchten, dass sich die Intervention der Politik für die Energieunternehmen, große Energieerzeuger und die Großunternehmen, welche die Hauptleidtragenden der Deckelung der Energiepreise sein sollen, als verhängnisvoll erweisen wird. Folgen könnten eine Verarmung der  Gesellschaft und ein Anstieg der Arbeitslosigkeit sein. Eine ähnliche Maßnahme zur Eindämmung der Strompreise wurde bereits in Rumänien eingeführt. Die dortige Regierung war eine der ersten in der EU, die auf den Anstieg der Energiekosten mit einem Einfrieren der Preise reagierte. Die Ergebnisse waren katastrophal: Viele Unternehmen gingen pleite und die Energieerzeuger stehen am Rande des Bankrotts.