19.04.2024

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Folge 46-22 vom 18. November 2022 / Kolumne / Was ein Fanatiker ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 46-22 vom 18. November 2022

Kolumne
Was ein Fanatiker ist
Florian Stumfall

Dies ist eine Zeit des täglichen, öffentlichen, demonstrativen Rechtsbruchs durch Leute, die den Automobilverkehr dadurch sabotieren, dass sie sich auf Straßen und Plätzen oder auch an Kunstwerken festkleben. Das geschieht so regelmäßig, dass nur noch ein Teil der Vorfälle als pressewürdig empfunden wird, so wie die schreckliche Szene in Berlin, als durch einen von Klima-Chaoten herbeigeführten Stau der Rettungswagen nicht rechtzeitig zu einer verunglückten Frau kommen konnte, die kurz darauf starb.

Der darauf bezogene widerlich zynische Kommentar (shit happens) eines Mannes aus der Szene der Klebe-Aktivisten lässt, wenn auch später gelöscht, erkennen, in welcher geistigen Verfassung sich diese Leute befinden. Sie sind gezeichnet von allen Merkmalen des Fanatismus, klar und beispielhaft und ohne jede mildernde Einschränkung. Wenn sich aber ein gefährliches, pathologisches und dabei ansteckendes Element wie der Fanatismus anschickt, vom äußersten Rande der Gesellschaft in deren Mitte vorzudringen, dann ist es höchste Zeit, dieses Element zu benennen, um ihm Widerstand leisten zu können.

Ein Fanatiker, also jemand, der von jenem Element befallen ist, trägt mehrere arteigene Kennzeichen. Er hat sich, erstens, einer Sache verschrieben, jedoch nicht wie ein normaler Mensch im Rahmen einer vielfältigen Betrachtung der Dinge, sondern mit einer unbedingten Ausschließlichkeit, die ihm den Blick auf andere Erscheinungen außerhalb seines Ziel-Objekts verstellt. Der Fanatiker ist obsessiv und nicht in der Lage, etwas anderes wahrzunehmen als den Gegenstand, dem er sich verschrieben hat. Er trägt unverkennbar psychopathologische Züge.

Was sie so gefährlich macht

Dem folgt, zweitens, dass ein Fanatiker außerstande ist abzuwägen und zu urteilen. Wer nur ein Ding sieht, kann dieses eine nicht in Beziehung zu etwas anderem setzen. Der Fanatiker kennt nicht Argument und Gegenargument, sondern nur seine Überzeugung. Daher ist er auch unfähig zum Kompromiss, ja, er betrachtet diesen sogar als Verrat an seiner Sache. Bereits die eigene kritische Prüfung seines Standpunktes kommt ihm als gefährliche Neigung zu dem vor, was die Sozialisten als Revisionismus anprangern. Er ist irrational, weil er keine anderen Ansichten prüft.

Der Fanatiker ist, drittens, untauglich zu einem Verhalten als Gemeinschaftswesen im Kreise Andersdenkender. Er betrachtet sich als im Besitz einer endgültigen Erkenntnis, die er indes weniger auf sachliche Grundlagen als vielmehr den Anspruch eines erhöhten Moralismus zurückführt. Die Sachlichkeit verschwindet angesichts eines überheblichen ethischen Anspruchs. Das ist die Grundlage für die Bereitschaft, der Verfolgung des Zieles alle anderen Rücksichten unterzuordnen. Die Methoden setzen sich über die Rechte aller hinweg, welche die Meinung des Fanatikers nicht oder nur mit Einschränkungen teilen. Dieser ethische Totalanspruch, dieser Größenwahn, diese Identifikation der eigenen Idee mit dem Wohl der Menschheit beruht auf der Überzeugung, man sei im Besitz der Wahrheit, und wird gerechtfertigt im Glauben, dass er, der Fanatiker, dazu berufen sei, die Welt zu retten. Diese Erwähltheit erhebt ihn auch über das Gesetz, das für ihn keine Gültigkeit beanspruchen darf.

Spätestens hier wird die Sache brandgefährlich. Denn solange sich der Fanatiker in seinem eigenen gemütsschweren, wirren, weltfernen Gedankenchaos bewegt, richtet er noch wenig Schaden an. Doch zum Unglück ist er schließlich auch geprägt von einer eifernden Sehnsucht, die Welt zu missionieren, weil er diese ja ansonsten nicht retten könnte. Und spätestens hier tritt dann die völlige Unbedenklichkeit zutage, was die Wahl der Mittel und die Rücksicht auf die Mehrheitsgesellschaft angeht.

Daran aber, dass der Fanatismus den Weg in die Mitte der Gesellschaft hat antreten können, ist auch diese Gesellschaft schuld, die sich nicht in ihrer Mehrheit, aber zumindest in Teilen in einer dekadenten Lust der Selbstzerstörung zu aalen scheint. Ein bedrohliches Symptom dafür ist der Verlust des Rechts. Wenn ein deutscher Richter die verschiedenen Rechtsverstöße der Klima-Täter, nämlich Nötigung, Sachbeschädigung, gefährlicher Eingriff in den Straßenverkehr, Widerstand gegen Vollzugsbeamte, Beleidigung und Körperverletzung, wenn also ein Richter all diese Tatbestände angesichts des Zieles der Weltrettung für nichtig erklärt, so versucht er dadurch einen Putsch gegen den Rechtsstaat und die Geltung der Gesetze. Mit derselben Logik nämlich könnte man angesichts einer drohenden Übervölkerung der Erde jeden Mord rechtfertigen.

Berlin wieder vorneweg

Doch die Dekadenz macht auch nicht vor Richtern halt. Wie so oft bei derlei Ereignissen gibt die Bundeshauptstadt Berlin das beschämendste Beispiel ab. Bei der dortigen Staatsanwaltschaft sind laut Antwort des Senats auf eine Anfrage der FDP seit Monaten 729 Ermittlungsverfahren gegen Klima-Straftäter anhängig. Diese Bemühungen um eine rechtsstaatliche Aufarbeitung haben bislang zu ganzen vier rechtskräftigen Urteilen geführt. Dabei ist eine hohe Zahl der Klima-Aktivisten Wiederholungstäter. Doch kaum werden sie von den Behörden erfasst, können sie in den meisten Fällen weiterhin ungeschoren ihrem Werk der Destruktion nachgehen. Kein Wunder, wenn sie ein solches Verhalten der Vertreter der Rechtspflege als stille Zustimmung, Ermunterung und geheimes Verständnis deuten.

Dies spricht für eine ideologische Übereinstimmung über den Kreis der Klima-Täter hinaus bis hin nicht nur zur Justiz, sondern vor allem zur Politik. So fällt es dem grün-roten Konstrukt schwer, sich von dieser Bewegung des Chaos und der Zerstörung glaubhaft zu distanzieren. Daran ändert auch der Schulterschluss nichts, den die Klima-Radikalen mit den Linksextremisten, nämlich der „Internationalistischen Linken“ oder auch der „Roten Hilfe“ vollzogen haben. Auch diese teilen die Sicht des Fanatismus, dass sie erwählt und berufen seien, die Welt zu retten, ob dies die Welt nun will oder nicht, und gleichgültig, wer daran Schaden nimmt und was darüber zugrunde geht.