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Folge 47-22 vom 25. November 2022 / Es wird eng für Donald Trump / Die Midterm-Wahlen verliefen enttäuschend für die Republikaner. Als neuer Star der Partei wird Ron DeSantis, der in Florida einen triumphalen Sieg einfuhr, zum entscheidenden Rivalen des Ex-Präsidenten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-22 vom 25. November 2022

Es wird eng für Donald Trump
Die Midterm-Wahlen verliefen enttäuschend für die Republikaner. Als neuer Star der Partei wird Ron DeSantis, der in Florida einen triumphalen Sieg einfuhr, zum entscheidenden Rivalen des Ex-Präsidenten
Claudia Hansen

Als Donald Trump vergangene Woche seine schon lange erwartete Ankündigung machte, dass er 2024 noch einmal für das Amt des US-Präsidenten kandidieren wolle, geschah etwas Unerwartetes: Fox News beendete mittendrin die Live-Übertragung aus Mar-a-Lago, Trumps Anwesen in Florida. Es war ein klares Signal des rechtskonservativen Murdoch-Senders, dass es ihm zu viel wurde. Und für den Ex-Präsident ein beunruhigendes Zeichen. Einer der mächtigsten Medienkonzerne des Landes, der lange Jahre zu Trump gestanden hatte, wendet sich von ihm ab.

Vom Heilsbringer zum „Loser“

Große Teile der konservativen Presse zeigen inzwischen offene Abneigung. Die „New York Post“, das auflagenstarke Blatt aus dem Hause des Medienzaren Rupert Murdoch, der früher Trump zugeneigt war, spöttelte über seinen Auftritt in Mar-a-Lago. „Mann aus Florida macht Ankündigung“, schrieb das Boulevardblatt unten auf seiner Titelseite. Weit hinten, auf Seite 26, witzelte das Blatt dann über den „Rentner aus Florida“ und „eifrigen Golfer“ mit der vergoldeten Lobby, der wieder Präsident werden wolle. „Seine Cholesterinwerte sind unbekannt, aber seine Lieblingsspeise ist verkohltes Steak mit Ketchup.“ Im Jahr 2024 werde er 78 Jahre alt sein. Dass diesem Mann tatsächlich nochmal ein „Comeback für Amerika” gelinge, glauben immer weniger. Auf Fox News heißt es derweil knallhart, der ehemalige Apostel des „Make America Great Again“ (MAGA) sei ein „Loser“.

Nun laufen Wetten, ob Trump überhaupt noch die Nominierung für die republikanische Präsidentschaftskandidatur 2024 gewinnt. Zuvor galt er als klarer Favorit. Aber jetzt ist er angeschlagen. Larry Hogan, der Gouverneur von Maryland, beschreibt die Stimmung gegenüber Trump mit den Worten, es sei wohl „ein bisschen Blut im Wasser und die Haie kreisen herum“. Größter Konkurrent für den Ex-Präsidenten ist Floridas Gouverneur Ron DeSantis. Ihn sehen viele in der Partei und in den konservativen Medien als neuen Hoffnungsträger mit besseren Chancen, die Wahl 2024 zu gewinnen. Trump wirkt deshalb zunehmend gereizt und dünnhäutig.

Keine Frage: Seit den für die Republikaner enttäuschend verlaufenen Midterm-Wahlen hat sich die Stimmung gegen den Ex-Präsidenten gewendet. Trump hatte eine große Zahl von Kandidaten unterstützt und durchgesetzt, die bei der Wahl scheiterten; das fällt nun auf ihn zurück. In Pennsylvania verlor sein Kandidat, der schillernde TV-Arzt Mehmet Oz, das Rennen um den Senatssitz gegen den Demokraten John Fettermann, obwohl dieser wegen eines kürzlichen Schlaganfalls kaum drei Sätze unfallfrei sagen konnte. Trumps Senatskandidat in Arizona, Blake Masters, schafft es ebenfalls nicht. Auch die von Trump unterstützte Ex-Fernsehjournalistin Kari Lake, die in Arizona Gouverneurin werden wollte, unterlag ihrem demokratischen Kontrahenten. Ob der schwarze Ex-Footballstar Herschel Walker in Georgia bei der Stichwahl am 6. Dezember den Senatssitz noch holt, ist auch fraglich. Gegen den angeblich überzeugten Abtreibungsgegner hatten mehrere ehemalige Geliebte ausgesagt, dass er sie zu Abtreibungen gedrängt und dafür bezahlt habe. Wieder einmal stand ein Trump-Kandidat im Zwielicht.

Auch Trumps unbewiesene Behauptung, er habe 2020 gegen Joe Biden nur wegen Wahlfälschung verloren, spielte den Demokraten in die Hände, die ihn als Gefahr für die Demokratie darstellen konnten. „Wahlleugner“ lautet das Etikett, das alle angeheftet bekommen, die Trumps Behauptung teilen. Gleich ein halbes Dutzend MAGA-Kandidaten für Innenministerposten (Secretary of State) in Bundesstaaten, die von Wahlbetrug sprachen, fielen bei den Wählern klar durch. Unterm Strich zeigte sich eine überwiegende Absage an Trumps Linie. 

Die Demokraten mobilisierten ihre Anhänger bei den Midterms zudem mit dem Abtreibungsthema, nachdem der Oberste Gerichtshof im Sommer das historische Urteil Roe vs. Wade zum Recht auf Abtreibung zurückgezogen hatte.

Der einzige Lichtblick  

Am Ende gelang es den Republikanern nur knapp, mit 218 Sitzen, eine Mehrheit im Repräsentantenhaus, nicht aber im Senat zu erringen, obwohl es eigentlich fast als Naturgesetz der amerikanischen Politik gilt, dass bei Zwischenwahlen die Opposition zulegt und den ganzen Kongress gewinnt. Die Popularitätswerte für den nun 80-jährigen demokratischen Präsidenten Joe Biden, dem man eine gewisse Alterssenilität anmerkt, sind schlecht. Nur 40 Prozent der Amerikaner finden ihn gut. Das Thema, das den Republikanern am meisten Rückenwind geben sollte, ist die hohe Inflation. Viele US-Bürger können sich kaum noch eine Tankladung leisten. Hinzu kommt die gestiegene Gewaltkriminalität in vielen demokratisch regierten Städten. Die seit den „Black Lives Matter“-Protesten systematisch als rassistisch denunzierten und geschwächten Polizeikräfte kommen dagegen kaum noch an. In Umfragen äußern fast zwei Drittel der Amerikaner Unzufriedenheit und Sorge darüber, wie sich ihr Land entwickele.

Und dennoch blieb die von den Republikanern erhoffte „rote Welle“ Anfang November aus. Es wurde allenfalls ein „rotes Tröpfeln“. Die Farbe Rot (die Parteifarbe der Republikaner) dominiert zwar in den eher dünn besiedelten Gegenden im Inneren des Landes; die dichtbesiedelten Küstenregionen wählten aber überwiegend Blau (Demokraten). Zwar können die Republikaner mit ihrer hauchdünnen Mehrheit im Abgeordnetenhaus Biden nun weitgehend blockieren und ihn zur „lahmen Ente“ machen. Doch dass die Demokraten die Kontrolle über den Senat behalten, war doch eine schwere kalte Dusche für die Rechte.

Einen einzigen großen Lichtblick gab es am Wahlabend für die „Grand Old Party“: Floridas Gouverneur Ron DeSantis gelang eine triumphale Wiederwahl. Mit zwanzig Prozentpunkten Vorsprung siegte der 44-Jährige im Sonnenscheinstaat und verteidigte den Gouverneurssitz in Tallahassee. DeSantis gilt nun zunehmend als neuer Star der Partei. „Ron DeFUTURE“ trompete die „New York Post“. Donald Trump ätzte hingegen, sein ehemaliger Protegé sei nur ein „durchschnittlicher Gouverneur“. Er nannte ihn „DeSanctimonous“ (scheinheilig). 

Dass Trump eigene Leute attackiert, kommt bei vielen Republikanern nicht gut an. Über den erfolgreichen Gouverneur von Virginia, Glenn Youngkin, mokierte er sich, dessen Name klinge irgendwie chinesisch. Besonders aber zielt er auf DeSantis. Noch vor den Midterms scheute sich Trump nicht, dem Wahlkämpfer in die Parade zu fahren. Er wisse viele „nicht besonders schmeichelhafte Dinge“ über den Gouverneur, deutete er düster an. „Ich weiß mehr über ihn als jeder andere – mit Ausnahme vielleicht seiner Frau.“ Wenn DeSantis bei den republikanischen Vorwahlen für die Präsidentschaftskandidatur antrete, „könnte das für ihn sehr schmerzhaft ausgehen“.

Anhänger orientieren sich neu

Der Zweikampf „Don gegen Ron“ verspricht in der Tat spannend zu werden. Schon haben sich wichtige Spender von Trump abgewandt, etwa der Milliardär Stephen Schwarzman von der Finanzgesellschaft Blackstone. Viele wollen künftig lieber DeSantis Geld geben. Auch an der Basis kommt er gut an. Eine neue Umfrage des Meinungsumfrageinstituts YouGov Mitte November erregte Aufsehen, denn sie zeigte erstmals einen Vorsprung von sieben Punkten von DeSantis vor Trump bei den republikanischen Wählern. Bei einer Vorwahl würden nun 46 Prozent DeSantis unterstützen, nur noch 39 Prozent den Ex-Präsidenten. Trump ist seit den Midterms regelrecht eingebrochen.

DeSantis besitzt vieles, was Konservativen gefällt: Der Jurist mit Examen von der Eliteuniversität Yale, der dort auch in der Baseballmannschaft reüssierte, hat einige Jahre in der Armee als Rechtsberater gedient, bevor er in die Politik ging. Mit nur 40 Jahren eroberte er erstmals das Gouverneursamt in Florida und hat den Swing-State nun solide republikanisch gefärbt. Schon im Sommer riet der bekannte TV-Moderator Piers Morgan in seiner Kolumne in der „New York Post“, die Republikaner sollten Trump abservieren und DeSantis als neues Zugpferd annehmen. „Er ist einfach jünger, frischer und spannender als der alternde, tobende Gorilla, der zu einem jammernden, demokratieverachtenden Langweiler geworden ist“, schrieb der einflussreiche Murdoch-Kolumnist. Der Nachwuchspolitiker sei die bessere Option, wenn die Republikaner 2024 die Wahl gewinnen wollten.

DeSantis scheut dabei nicht den Kulturkampf mit der Linken, der linksliberalen Elite und ihren Meinungsmachern in den Medien. So hat der zweifache Familienvater ein Gesetz gegen Frühsexualisierung und LGBT-Themen in Grundschulen durchgesetzt und macht gegen die linke „Critical Race Theory“ im Unterricht Front, die Weißen strukturellen Rassismus und quasi eine ewige Erbschuld anlastet. DeSantis hat sich auch mit dem mächtigen Disney-Konzern angelegt, als der sich für LGBT-Inhalte in Schulen aussprach. Und während der Corona-Zeit erlaubte der Gouverneur in Florida früher als anderswo, dass die Lockdowns aufgehoben werden. Freiheit und Eigenverantwortung lautete sein Motto. Jüngst erregte er Aufsehen, als er eine Gruppe illegaler Immigranten per Bus nach Martha’s Vineyard, die Ferieninsel der reichen Demokraten, verfrachtete. Er steht für eine harte Linie gegen illegale Immigration, gleichzeitig hat er viele Unterstützer bei den konservativen Latinos gewonnen.

Die „Zukunft des Konservatismus“

Die politische Linke hat DeSantis schon früh als gefährlichen Gegner erkannt. Er sei genauso rechts wie der Ex-Präsident. Als „Trump with a Brain“ (Trump mit Hirn) wird er bezeichnet. Und vermutlich stimmt genau dies. Aber anders als der narzisstische, sprunghafte und von Launen getriebene Immobilienmogul und einstige Reality-TV-Darsteller ist der Jurist aus Florida viel zielstrebiger, konzentrierter und geht strategischer vor.

„Ron DeSantis ist die Zukunft des Konservatismus“, schreibt etwa der Kolumnist Rod Dreher in der Zeitschrift „The American Conservative“. Er vertrete einen „Common-Sense-Populismus“. Dreher ist sich sicher, dass DeSantis 2024 einen Erdrutschsieg gegen die Demokraten erringen könnte. Mit Trump als Kandidaten hingegen wäre eher ein Sieg der Demokraten wahrscheinlich. Trump sei „jetzt bewiesenermaßen ein Verlierer“. Außerdem droht dem Ex-Präsidenten weiterer Ärger mit der Justiz. Gegen ihn persönlich oder sein Firmenimperium laufen mindestens fünf größere Ermittlungen – vom Vorwurf, dass er geheime Amtsdokumente entwendet habe bis hin zu Anschuldigungen wegen Steuer- und Finanzbetrugs.

Und dennoch wäre es voreilig, Trump jetzt schon abzuschreiben, auch wenn sich der Wind gegen ihn gedreht hat. Gerard Baker, der frühere Chefredakteur des „Wall Street Journal“, erinnert in einer aktuellen Kolumne in der „Times“ daran, dass Trump noch immer über Millionen Anhänger verfüge und in den Augen vieler seine Aura nicht verloren habe. Trump war auch verlacht worden, als er 2015 erstmals seine Kandidatur verkündete, die er gegen den breiten Widerstand des Partei-Establishments durchboxte. Das ist erst sieben Jahre her. Trumps politische Karriere war kurz und heftig, voller Turbulenzen. Seit den Midterms entstehe der Eindruck, dass er erledigt sei. „Ihn jetzt schnell begraben zu wollen, wirkt aber sehr voreilig“, schreibt Baker. Noch immer könne der Milliardär wie kaum ein anderer an Millionen Frustrierte in Amerika appellieren. Nicht zum ersten Mal in seiner politischen Karriere werde Trump unterschätzt.