20.04.2024

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Folge 47-22 vom 25. November 2022 / Berlin-Wahl / Verfassungsgericht fällt ein klares Urteil / Ohne die chaotische Durchführung hätte ein signifikant anderes Ergebnis herauskommen können

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-22 vom 25. November 2022

Berlin-Wahl
Verfassungsgericht fällt ein klares Urteil
Ohne die chaotische Durchführung hätte ein signifikant anderes Ergebnis herauskommen können
Frank Bücker

Das Urteil zur Berliner Chaos-Wahl im September 2021 war bundesweit mit Spannung erwartet worden. Entsprechend groß war der Andrang von Bürgern und Journalisten zum Verkündungstermin des Berliner Landesverfassungsgerichtshofes. Obwohl der Termin für 11 Uhr angesetzt war, bildeten sich schon ab 9 Uhr Schlangen vor den Einlasskontrollen. Das Interesse war so gewaltig, dass einige interessierte Bürger wegen Überfüllung des Saals nicht mehr eingelassen wurden. 

Die streitenden Parteien waren mit einigen führenden Repräsentanten vertreten. Detail am Rande: Während unter den interessierten Besuchern kaum Jemand eine FFP2-Maske trug, waren im Journalistenbereich zahlreiche Maskenträger anzutreffen. Im Vorfeld sparten Tageszeitungen wie die „taz“ und der „Tagesspiegel“ nicht mit kritischer Berichterstattung. So war aus dem Umfeld von Berlins Innensenatorin Iris Spranger (SPD) die Anregung lanciert worden, das zu erwartende Urteil vor dem Bundesverfassungsgericht anzuzweifeln. 

Luthe (Freie Wähler) stellt Eilantrag

Auch nach der Urteilsverkündung geben sich beide Blätter unzufrieden: „Eine Wahl mit blauem Auge“ lautete die Schlagzeile im „Tagesspiegel“. „Das darf ja wohl nicht wahl sein!“, schimpfte die „taz“. Beide Zeitungen stehen dem rot-grün-roten Senat traditionell nahe. Das ehemalige „Neue Deutschland“ sorgt sich um das möglicherweise noch schlechtere Abschneiden der Linkspartei als 2021. 

Die Innensenatorin bemühte sich nach dem Urteilsspruch, der die Wiederholung der kompletten Abgeordnetenhauswahl von 2021 erzwingt, Einsicht zu zeigen: „Diese Entscheidung nehme ich mit Respekt zur Kenntnis und werde sie selbstverständlich umsetzen.“ 

Entscheidend war, dass das Gericht zu dem Schluss kam, dass die Fehler von 2021 das Ergebnis möglicherweise entscheidend verändert haben. So führte Gerichtspräsidentin Ludgera Selting an, dass nur knapp 2000 Stimmen mehr der AfD ein weiteres Mandat beschert hätten. 10.000 zusätzliche Stimmen hätten die Grünen-Fraktion um einen Parlamentarier verstärkt und eine nur dreistellige Zahl von Zweitstimmen, die falsch gezählt sein könnten, hätte die Zusammensetzung der FDP-Fraktion verändert. 

Der klageführende Marcel Luthe (ehemals FDP und 2021 Spitzenkandidat der Freien Wähler) zeigte sich ob des Urteils nur teilweise zufrieden. Was ihn stört: Das Gericht hatte sich 14 Monate Zeit mit einer Entscheidung gelassen. Zudem bezweifelt Luthe, ob das aus der Skandal-Wahl hervorgegangene Parlament überhaupt rechtmäßig amtiert hat: „Nun wird zu klären sein, ob eine nicht aus Wahlen hervorgegangene Versammlung ein Parlament sein kann. Dazu liegt dem Gerichtshof und dem 18. und 19. Abgeordnetenhaus mein Eilantrag vor ... Wer nicht gewählt ist, ist kein Abgeordneter – und die Entscheidung des Gerichts gilt ab sofort.“ 

Das Verfassungsgericht urteilte jedoch, dass die Wirkung seines Urteils „ex nunc“ (also für die Zukunft) wirke und nicht „ex tunc“ (von damals an, also rückwirkend). Somit bleibt das Abgeordnetenhaus zwar im Amt, seine Legitimation bis zur Bildung des kommenden Landesparlaments nach den Wiederholungswahlen im Februar ruht jedoch auf einer sehr dünnen Basis.