24.04.2024

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Folge 47-22 vom 25. November 2022 / Wahlwiederholung / Parteien starten in den Wahlkampf / Berliner müssen im Februar an die Urnen: Grüne machen sich Hoffnung auf Bürgermeisterposten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 47-22 vom 25. November 2022

Wahlwiederholung
Parteien starten in den Wahlkampf
Berliner müssen im Februar an die Urnen: Grüne machen sich Hoffnung auf Bürgermeisterposten
Hermann Müller

Berlins Landesverfassungsgericht hat die Chaos-Wahl vom vergangenen Herbst für ungültig erklärt und komplett wieder einkassiert. Die anstehende Wahlwiederholung im kommenden Februar kann für eine Berliner Partei als Debakel enden.

Berlins Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey hatte sich vor dem Urteil des Verfassungsgerichtshofs erstaunlich zuversichtlich gegeben. Die SPD-Politikerin sagte: „Es gibt ja ein paar, die denken, vielleicht schaffen die es ja nicht. Ich sag euch eins: Vielleicht wird die Truppe auch größer.“ Viele Beobachter halten es allerdings für unwahrscheinlich, dass die Berliner Sozialdemokraten noch einmal den Anschein einer Aufbruchstimmung entfachen können, wie ihnen dies im vergangenen Jahr zumindest ansatzweise gelungen war. 

Einen starken Anteil am knapp errungenen Wahlsieg im September 2021 hatte der Umstand, dass es die Hauptstadt-SPD mit ihrer Spitzenkandidatin Giffey geschafft hatte, auch Wähler der politischen Mitte und bisherige Nicht-Wähler anzusprechen. Fraglich ist, ob die SPD diesen Erfolg im Februar wiederholen kann. Zweifelhaft ist etwa, ob die Wahlbeteiligung im kommenden Februar noch einmal so hoch sein wird wie bei der Wahl im September 2021. Im vergangenen Herbst waren die Berlin-Wahl, die Bundestagswahl und die Wahlen zu den Bezirksparlamenten auf einen Tag gefallen. Gleichzeitig konnten die Berliner auch noch in einem Volksentscheid abstimmen. Verdruss über die Politik der Hauptstadt-SPD dürfte viele Wähler entweder von der Wahlurne fernhalten oder aber eine andere Partei wählen lassen. 

Giffeys Bilanz fällt trostlos aus

Dauerprobleme der Stadt, etwa beim Wohnungsbau, im Bildungsbereich oder die dysfunktionale Verwaltung, sind weiter ungelöst. Hinzu gekommen ist nun noch eine dramatisch verschlechterte Gesamtlage in Deutschland durch Inflation und Energiekrise. Sehr stark abhängen wird das Wahlergebnis im Februar 2023 davon, wie die Berliner durch den Winter kommen. Ein Teil der Wähler hat auch nicht vergessen, dass Giffey vor der Wahl den Eindruck erweckt hatte, zu einer Koalition mit CDU und FDP bereit zu sein. Nach der Wahl hielten sich beide Parteien auch ohne Vorbedingungen als potentielle Juniorpartner bereit. Die SPD-Linken um Raed Saleh setzten im Herbst 2021 allerdings eine Fortsetzung des Bündnisses mit Grünen und Linkspartei durch. Seitdem fügten die eigenen Genossen Giffey weitere Niederlagen zu. Im Wahlkampf hatte sie sich für einen Ausbau der Stadtautobahn A 100 und gegen eine Enteignung von Wohnungsunternehmen ausgesprochen. Bei diesen und anderen Themen hat die ehemalige Bezirksbürgermeisterin von Neukölln in ihrer Partei allerdings kaum Rückhalt. 

Der Weg, im Frühjahr mit einem anderen Spitzenkandidaten anzutreten, ist der SPD wiederum verbaut. Laut Berliner Verfassungsgerichtshof müssen die Parteien bei der Wahlwiederholung nämlich mit denselben Bewerbern antreten wie im September 2021. So haben die Grünen wenige Tage nach dem Urteil Bettina Jarasch erneut zu ihrer Spitzenkandidatin gewählt. Diese eigentlich überflüssige Bestätigung kann genauso als Wahlkampfauftakt gesehen werden wie die Ankündigungen Jaraschs auf dem eilig einberufenen Kleinen Parteitag am 19. November. Die Grünen-Spitzenkandidatin signalisierte den Willen, weiter mit SPD und Linkspartei zu regieren. 

Flucht vor der Verantwortung

Zugleich machte sie aber klar, dass sie das linksgrüne Bündnis diesmal anführen will. Mit Kritik am Koalitionspartner SPD und an Giffey hielt sich Jarasch auf dem Kleinen Parteitag zurück. Stattdessen ging die Grüne auf die CDU los. An die Adresse des CDU-Spitzenkandidaten sagte Jarasch: „Glaubt Kai Wegner wirklich, er könnte seiner Partei hier in Berlin ein soziales Profil geben, wenn die CDU zugleich auch mit Berliner Stimmen das Bürgergeld bekämpft?“ Jaraschs Vorgehen kann durchaus als frühzeitige Absage an eine Koalition unter Einbeziehung der CDU gewertet werden. Mit Blick auf die Pannenwahl von 2021 sprach Jarasch von „organisierter Verantwortungslosigkeit“, die sich unter anderem bei der Wahl gezeigt habe. Als Lösungsvorschlag kündigten die Grünen eine „radikale Verwaltungsreform“ für Berlin an. Jarasch wagt damit einen politischen Drahtseilakt: Weisen SPD, Grüne und Linkspartei auf Missstände und Versäumnisse in der Landespolitik hin, müssten sie sich nämlich eine sehr naheliegende Frage gefallen lassen: Warum haben die drei Parteien diese Probleme noch immer nicht abgestellt? Als Rot-Rot-Grün regierte das linksgrüne Dreierbündnis immerhin schon von 2016 bis 2021. Die SPD geht dabei mit einer besonderen Belastung in den Wahlkampf. 

Die politische Verantwortung für die missglückte Wahldurchführung im Jahr 2021 liegt aus Sicht vieler Beobachter nämlich beim damaligen Innensenator Andreas Geisel. Inzwischen Bausenator, lehnt Geisel einen Rücktritt bislang ab. Dabei argumentiert der SPD-Politiker, dass er zwar für die Aufsicht der Wahl zuständig gewesen sei, jedoch nicht für die Organisierung der Wahl.