Die Generalstaatsanwaltschaft Berlin hat am 22. November in mehreren Bundesländern 57 Wohnungen und Autos durchsuchen lassen. Hintergrund der Razzia ist der Verdacht auf einen großangelegten Subventionsbetrug bei Corona-Hilfen für Freiberufler und Kleinunternehmer. Bislang ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft gegen mehr als siebzig Personen. Die Ermittlungsbehörden rechnen die Tatverdächtigten der salafistischen Szene Berlins zu. Im Zuge der Razzia durchsuchten Beamte des polizeilichen Staatsschutzes 37 Wohnungen in Berlin. Auch in Brandenburg, Sachsen, Bayern, Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen führten Polizeibeamte Durchsuchungen durch.
Als eigentlicher Drahtzieher der großangelegten Betrügerei mit staatlichen Corona-Hilfen steht Fayez Kanfash unter Verdacht. Gegen den 25-jährigen Syrer ist in den vergangenen Jahren bereits wegen Volksverhetzung, Aufforderung zu Straftaten und Störung des öffentlichen Friedens ermittelt worden. Kanfash hatte im Herbst 2020 ein Video veröffentlicht, auf dem er verkleidet als Scheich einen gefesselten Mann mit einer Maske des französischen Staatspräsidenten Emmanuel Macron am Strick durch die Neuköllner Sonnenallee zog. Dabei schlug er scheinbar mit einem Gürtel die Person mit der Macron-Maske, während umherstehende Jugendliche „Allahu Akbar“ johlten. In diesem Fall stellte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen ein, weil sie zur Einschätzung gelangte, es habe sich um eine Aktion gehandelt, die durch die Freiheit der Kunst gedeckt sei.
Im aktuellen Ermittlungsverfahren geht die Staatsanwaltschaft dem Verdacht nach, dass der Syrer über Strohmänner von der Investitionsbank Berlin (IBB) durch falsche Angaben über erfundene gewerbliche Tätigkeiten mehr als eine Million Euro an Corona-Hilfen erschlichen habe. Dazu soll der Syrer die Personalien, Steuerdaten und Kontoverbindungen von Strohleuten genutzt haben. Wie der Anwalt eines der Tatverdächtigten mitteilte, sollen die Strohmänner eine geringe Provision erhalten haben.
Unklar ist für die Ermittler bislang, ob Kanfash die Corona-Hilfen mit nach Syrien genommen hat, wohin der Moslem im Juli vergangenen Jahres zurückgekehrt ist. In Deutschland hatte Kanfash zuletzt im brandenburgischen Luckenwalde als Hartz-IV-Empfänger gelebt. Der Sprecher der Gewerkschaft der Polizei (GdP) in Berlin, Benjamin Jendro, sprach vor dem Hintergrund der Ermittlungen wegen Betrugs bei den Corona-Hilfen davon, dass Berlin als internationale Metropole „im Fokus terroristischer Netzwerke“ stehe.
Im Jahr 2020 waren in Berlin schon einmal Ermittlungen wegen des Verdachts auf Subventionsbetrug gegen Personen aus dem Salafisten-Milieu aufgenommen worden. Zu den verdächtigten Personen zählten damals auch ein früherer Vertrauter des Salafisten Anis Amri. Dieser gilt als Haupttäter des Attentats auf den Berliner Weihnachtsmarkt vom 19. Dezember 2016.