27.04.2024

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Folge 48-22 vom 02. Dezember 2022 / Buddhistisches Heiligtum / Eine indische Note vor dem Preußenschloss / „Kontrapunkt zur wilhelminischen Architektur“ – Replik eines indischen Torbaus soll am Humboldt-Forum die Blicke auf sich lenken

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 48-22 vom 02. Dezember 2022

Buddhistisches Heiligtum
Eine indische Note vor dem Preußenschloss
„Kontrapunkt zur wilhelminischen Architektur“ – Replik eines indischen Torbaus soll am Humboldt-Forum die Blicke auf sich lenken
H. Tews

Der Naturforscher Alexander von Humboldt ist in der Welt bekanntlich viel herumgekommen, sogar im noch von ihm als „Westindien“ bezeichneten Südamerika war er. Doch bis Indien hat er es nicht geschafft. Dafür schafft es jetzt ein indischer Torbau vor das Humboldt-Forum. Das wiedererrichtete Berliner Stadtschloss, dessen völkerkundliche Museumswelt den Namen der Brüder Alexander und Wilhelm von Humboldt trägt, wird außen auf der Lustgartenseite künftig durch die Replik eines altindischen Tores bereichert: das berühmte Ost-Tor von Sanchi.

Der Torbau in Indien gehört als Teil eines der ältesten und bedeutendsten erhaltenen buddhistischen Heiligtümer zum UNESCO-Welterbe. Ein Gipsabguss des Originaltors war in Berlin ab 1886 im damaligen Königlichen Museum für Völkerkunde zu sehen, eine weitere Kopie aus Kunststein steht seit 1970 vor dem Ethnologischen Museum in Berlin-Dahlem. Die Fertigstellung der neuen Replik aus Sandstein für das Humboldt Forum, ist für Ende des Jahres geplant. 

Da Sammlungsbestände des Dahlemer ethnologischen Museums und des Museums für Asiatische Kunst ins Humboldt-Forum umgezogen sind, lag es nahe, dort auch das Sanchi-Tor draußen aufzustellen. Ähnlich wie beim Kreuz und der Bibelinschrift auf und an der Schlosskuppel, dürfte auch ein politischer Hintergrund für die Aufstellung ausschlaggebend sein:  Das exotische Tor soll die Betonung des Preußentums möglichst abschwächen und, wie es bei der Stiftung Preußischer Kulturbesitz heißt, „einen Kontrapunkt zur wilhelminischen Architektur“ setzen. Dabei hat man wohl übersehen, dass die Schlütersche Schlossfassade lange vor der Zeit Kaiser Wilhelms II. entstanden ist.

Bei der neuen Abformung handelt es sich um eine erstmalig aus Sandstein gefräste Replik des fast zehn Meter hohen und zirka sechs Meter breiten Ost-Tors von Sanchi. Detailfreudige Szenen schmücken die Bildflächen der drei Querbalken und der beiden Pfeiler. Meist sind es Episoden aus dem Leben des Buddha. Buddhistische Symbole, Darstellungen von erotisch anmutenden Glücksgenien, aber auch wunderschöne Tierdarstellungen. Elefanten, Löwen oder Pfauen rahmen die Bilderzählungen in festlicher Fülle ein. Ein figürliches Buddha-Bild wird man hier dennoch vergeblich suchen. Denn der Buddha wurde damals durch Symbole im Bild vertreten wie durch einen Thron unter einem Baum oder durch Fußabdrücke.

Der originale Torbau im indischen Bundesstaat Madhya Pradesh dient bis heute als einer von vier Eingängen des „Großen Stupa“, eines von drei großen Stupas der Stätte von Sanchi, das eines der ältesten erhaltenen buddhistischen Heiligtümer ist. Ein Stupa ist ein halbkugelförmiger, gebauter „Hügel“, in dessen Innerem als segensreich betrachtete Reliquien und Reliquiare buddhistischer Heiliger aufbewahrt werden. Der „Große Stupa“ von Sanchi geht in seinen ältesten Teilen auf die Zeit König Ashokas zurück.

Die neue Kopie – aus massivem Mainsandstein aus Röttbach in leicht rötlicher Färbung dem Original nun noch ähnlicher – wurde dank der alten, im Depot der Staatlichen Museen zu Berlin noch erhaltenen Gipsformen möglich. Diese wurden zunächst digital abgescannt. Die eigentliche bildhauerische Bearbeitung hingegen erfolgt nach wie vor von Hand. Einen ersten Eindruck von den kunstfertigen, filigranen Arbeiten werden sich Passanten Ende des Jahres bilden können, wenn die Arbeiten abgeschlossen sein werden.

Begleitend zum rekonstruierten Tor wird ein bronzenes Modell der „Großen Stupa“ von Sanchi aufgestellt, das die Rekonstruktion erklärt und die Gesamtanlage verständlich macht.