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Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022 / Sport und Politik / Das deutsche Problem ist größer als der Fußball / Warum das Abschneiden der Nationalmannschaft in Katar ein Warnsignal an die gesamte Gesellschaft ist

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022

Sport und Politik
Das deutsche Problem ist größer als der Fußball
Warum das Abschneiden der Nationalmannschaft in Katar ein Warnsignal an die gesamte Gesellschaft ist
René Nehring

Das vorzeitige deutsche Ausscheiden bei der Fußballweltmeisterschaft in Katar ist eine Zäsur. Zum zweiten Mal in Folge – nach der WM 2018 in Russland – war das wichtigste Turnier der Welt für die erfolgsverwöhnte Nationalmannschaft schon in der Vorrunde zu Ende. 

Während die Anhänger der großen Fußballnationen weiter ihren Mannschaften zujubeln, beginnt für die Verantwortlichen im Deutschen Fußball-Bund (DFB) und die Öffentlichkeit die Suche nach den Ursachen dieses wahrhaft historischen Ereignisses. Eine erste Konsequenz ist der Rücktritt des Geschäftsführers der Nationalelf, Oliver Bierhoff. 

Galt das Ausscheiden vor vier Jahren vielen noch als eine Art Betriebsunfall, so dämmert nun nicht wenigen, dass der zweimalige K.o. einer Nation, die sonst regelmäßig das Halbfinale erreichte und jeweils viermal Weltmeister bzw. Vizeweltmeister wurde, eben kein zufälliges Unglück ist, sondern eher der Indikator eines Niedergangs. Eines Niedergangs, der keineswegs nur den Fußball betrifft. 

Bei den olympischen Spielen von Tokio vor zwei Jahren gewannen die Deutschen nur noch zehn Gold-, elf Silber- und 16 Bronzemedaillen – und schnitten damit schlechter ab als allein die westdeutsche Olympiamannschaft bei den Spielen von Seoul 1988, die elfmal Gold, 14-mal Silber und 15-mal Bronze gewann. Warum der Vergleich zu 1988? Weil damals die DDR „zusätzlich“ zu den westdeutschen Medaillen 37 (!) Gold-, 35 Silber- und 30 Bronzemedaillen gewann. Bezeichnend in Tokio war auch, dass die Deutschen bei zahlreichen Wettkämpfen wie dem Rudern, bei denen sie früher Medaillen in Serie gewannen, nun noch nicht einmal in jedem Wettbewerb Athleten aufbieten konnten, die mit den anderen Nationen um die Medaillen kämpften. 

Spiegelbild der Gesellschaft

Natürlich darf man die Vergleiche zwischen den sportlichen Verhältnissen eines Landes und seiner Politik nicht überstrapazieren. Auch das zeigt das Beispiel von Seoul 1988, wo die DDR zweitbeste Mannschaft in der Medaillenwertung wurde – und sich ein Jahr später binnen weniger Monate auflöste, weil die eigenen Bürger den Staat satthatten. 

Und doch steht das deutsche Abscheiden bei Olympia 2020 und nun bei der Fußball-WM in Katar symbolhaft für die Lage unserer Nation insgesamt. Denn auch auf anderen Feldern der Gesellschaft ist Deutschland in den vergangenen Jahren dramatisch zurückgefallen. In der Rangliste der größten Stahlerzeuger der Welt belegt Thyssenkrupp als bestes deutsches Unternehmen nur noch Platz 35. Bei den größten Banken der Welt steht die Deutsche Bank als größtes deutsches Geldinstitut auf Platz 22. Und bei der vielgepriesenen Produktion von Windkraftanlagen steht zwar mit GE Wind Energy ein deutsches Unternehmen auf Platz 1 der Liste der weltweit größten Windradhersteller, doch kommen sieben der zehn führenden Unternehmen dieser Branche aus China. 

Neben dem skizzierten Niedergang an sich fällt auf, dass sich niemand darüber aufzuregen scheint. Weder gibt es eine Debatte über die Ursachen dieser Entwicklung noch über die Folgen für den allgemeinen Wohlstand. Schon lange zählen in der einstigen Heimat der Ingenieure und zahlreicher Nobelpreisträger nicht mehr Leistung und Zuverlässigkeit, Qualität und Erfolg. Stattdessen nötigen „Aktivisten“, Politiker und Journalisten einer bestimmten Richtung der Mehrheitsgesellschaft laufend neue Debatten über irgendwelche „Gerechtigkeits“-Fragen und Weltuntergangsthemen auf. Dass unterdessen das Bildungs- und Wohlstandsniveau sinkt, dass immer weniger in einem Land gelingt, das einst als Inbegriff von Perfektion galt, spielt alles keine Rolle. Was zählt, ist die richtige „Haltung“, das Gefühl, auf der Seite der „Guten“ und „Anständigen“ zu stehen. 

Was das im Zweifel Wert ist, zeigt das Ergebnis von Katar. Es ist ein Menetekel, das zu übersehen die Deutschen teuer zu stehen kommen wird.