26.04.2024

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Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022 / Reform / Unmut über Neuschnitt von Berliner Wahlkreisen / Linkspartei bangt bei den nächsten regulären Bundestagswahlen um eines ihrer letzten Direktmandate

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022

Reform
Unmut über Neuschnitt von Berliner Wahlkreisen
Linkspartei bangt bei den nächsten regulären Bundestagswahlen um eines ihrer letzten Direktmandate
Frank Bücker

Für die teilweise Wiederholung der Bundestagswahl in Berlin gilt noch die bisherige Einteilung der Wahlkreise, doch bei den folgenden Bundestagswahlen soll die Zahl der Wahlkreise bundesweit von 299 auf 280 verringert werden. Um das zu erreichen, hat Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier eine Kommission eingesetzt, die unabhängig arbeiten soll. 

In fast jedem Bundesland dürfte es bald weniger Wahlkreise geben. Niedersachsen etwa soll in 28 statt bisher 30 und Berlin in elf statt zwölf Kreise aufgeteilt sein, die einen errechneten Durchschnitt von je knapp 260.000 Einwohnern umfassen sollen. In Berlin soll der Wahlkreis Lichtenberg, den bei der jüngsten Bundestagswahl die Linkspartei-Politikerin Gesine Lötzsch knapp erobern konnte, aufgelöst werden. Das ist deswegen von Bedeutung, weil die Linkspartei bei der Bundestagswahl 2021 unter der Fünf-Prozent-Hürde blieb und nur deswegen in Fraktionsstärke in den Bundestag einzog, weil sie drei Direktmandate errang. Neben einem Wahlkreis in Leipzig und in Berlin-Treptow-Köpenick gelang ihr dies nur noch in Berlin-Lichtenberg. 

Die Empfehlung der Wahlkreiskommission für die neuen Bundestagswahlkreise ginge in Berlin nicht nur zu Lasten der Linkspartei, sondern auch der CDU. Profitieren dürfte dagegen die SPD. Der Wahlkreis Reinickendorf ging bei den vergangenen Wahlen knapp an die CDU. Monika Grütters vertritt dort die Interessen der Bürger per Direktmandat. Nach dem neuen Zuschnitt dürfte der Kreis – ähnliche Wahlergebnisse wie zuletzt unterstellt – an die SPD fallen. Grund: Reinickendorf soll von Pankow einige traditionelle SPD-dominierte Stimmbezirke bekommen. Mario Czaja dagegen, derzeit Generalsekretär der Bundes-CDU, der zuletzt Marzahn-Hellersdorf gewann, bekäme von Lichtenberg einige CDU-dominierte Stimmbezirke und würde sich seine Basis damit sichern. In den beiden SPD-dominierten Wahlkreisen Wilmersdorf-Charlottenburg und Tempelhof-Schöneberg und dem stark grün geprägten Wahlkreis Mitte sind keine politischen Veränderungen zu erwarten. 

Vorwurf: „Gerrymandering“

Alle im Bundestag vertretenen Parteien können ebenso wie die Berliner Landesregierung zu den gemachten Vorschlägen noch ihre Stellungnahmen abgeben. Die Berliner Landeswahlleitung hat bereits einen Alternativvorschlag unterbreitet, der die Auflösung des Wahlkreises Pankow (bislang von den Grünen gehalten) anstrebt. Der Berliner Linkspartei-Abgeordnete Sebastian Schlüsselburg ist darüber empört: „Beide Varianten sind offensichtliche Fälle von Gerrymandering (parteipolitisch motivierte Wahlkreisgrenzenänderung, d. Red.), es gibt kein sachliches Argument, warum Lichtenberg als dynamischer und wachsender Wahlkreis kein eigener Wahlkreis bleiben sollte.“ 

Die Linkspartei will die Wahlkreise Lichtenberg und Pankow weitgehend unangetastet lassen. „Die SPD und die Landeswahlleitung müssten nach der von ihr verantworteten Wahlwiederholung eigentlich das Vertrauen in die Wahldemokratie stärken“, schimpft Schlüsselburg. Bis 26. Januar soll die Wahlkreiskommission dem Bundestag ihren endgültigen Vorschlag übermitteln. Der Bundestag entscheidet dann über den Neuzuschnitt der Wahlkreise.