26.04.2024

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Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022 / Automobilbranche / Die Bilanz ist durchwachsen / Hersteller machen insbesondere mit teuren Autos und in China Gewinne – Zulieferer gehen pleite

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022

Automobilbranche
Die Bilanz ist durchwachsen
Hersteller machen insbesondere mit teuren Autos und in China Gewinne – Zulieferer gehen pleite
Peter Entinger

Es hört sich paradox an: In Deutschlands Automobilindustrie fahren einerseits die großen Autohersteller Gewinne ein, während andererseits viele Zulieferer ums nackte Überleben kämpfen. 

Laut einer aktuellen Studie der Unternehmensberatung Ernst & Young (EY) profitieren die europäischen Konzerne vorwiegend vom Asien-Geschäft, und dies trotz der restriktiven Corona-Politik der chinesischen Regierung. In China legten die deutschen Hersteller im dritten Quartal um 28 Prozent zu, nachdem die Zahlen im zweiten Quartal auf ein deutlich schwächeres Niveau zurückgegangen waren. 

„Unterm Strich war das dritte Quartal trotz der abflauenden Konjunktur und einer sehr schwierigen geopolitischen Lage für die Autoindustrie ein Traumquartal“, sagt der Leiter der Mobilitätssparte Westeuropa bei EY, Constantin M. Gall, und fügt hinzu, die Versorgung mit Halbleitern verbessere sich langsam und gerade die Nachfrage nach Premiumfahrzeugen sei weiter hoch. 

Hauptgrund für das Wachstum ist die verbesserte Logistiklage. Die Lieferketten haben sich nach Beruhigung der Corona-Lage wieder verbessert. Die Versorgung mit Chips und Vorprodukten ist wieder besser. 

Die Gewinne fahren die Autobauer fast ausschließlich im höheren Preissegment ein, wie die EY-Forscher betonen: „Die Nachfrage nach Premium-Modellen ist ungebrochen hoch. Und die Preise sind es auch.“ Beim operativen Gewinn der deutschen Hersteller hatte Mercedes-Benz die Nase vorn und landete mit 5,2 Milliarden Euro deutlich vor Volkswagen mit 4,3 Milliarden Euro. BMW kam mit 3,7 Milliarden Euro ebenfalls auf eine überaus positive Bilanz.

Doch auf das Europageschäft blickt die Branche mit Sorgen. Hier schlagen die steigenden Energiepreise und die Inflation massiv zu Buche. „Wir erleben gerade, dass breite Bevölkerungsschichten erhebliche Kaufkraftverluste hinnehmen müssen. Das heißt, dass immer weniger Menschen sich ein neues Auto leisten können oder wollen“, teilt EY mit. „Im internationalen Vergleich verlieren Deutschland und die Europäische Union rasant an Attraktivität und Wettbewerbsfähigkeit“, sagt VW-Vorstand Thomas Schäfer und bilanziert: „Wir treten auf der Stelle.“ Wenn es nicht gelinge, die Energiepreise in Deutschland und Europa rasch und verlässlich zu senken, seien Investitionen in energieintensive Produktion oder in neue Batteriezellfabriken praktisch nicht mehr darstellbar. 

Die Auswirkungen sind bereits jetzt bei den Zulieferern zu spüren. Mitte November ging der Hersteller des berühmten Mercedes-Sterns pleite. Zuvor erwischte es das nordrhein-westfälische Traditionsunternehmen Borgers, Spezialist für textile Bauteile in Fahrzeugen, nach 136 Jahren. Als Gründe werden zu hohe Energiekosten und Löhne genannt. Er habe in den vergangenen 25 Jahren noch nie solche massiven Kostensteigerungen erlebt, sagt der Präsident des Gesamtverbands der Arbeitgeberverbände der Metall- und Elektro-Industrie, Stefan Wolf. Er rechnet für das erste Halbjahr 2023 mit vielen Insolvenzen in der Zuliefererindustrie.