25.04.2024

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Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022 / Welthungerhilfe / Ein Erbe Präsident Lübkes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 49-22 vom 09. Dezember 2022

Welthungerhilfe
Ein Erbe Präsident Lübkes
Manuel Ruoff

In der Amtszeit des ersten Bundespräsidenten Theodor Heuss waren die Deutschen froh, wenn sie selbst etwas zu essen hatten. 1959 folgte dann der Wechsel an der Staatsspitze von Heuss zu Heinrich Lübke. Es folgten zehn wirtschaftlich sehr gute Jahre für Westdeutschland einschließlich Vollbeschäftigung und Handelsüberschüssen. „Wohlstand für alle“ wurde ein Stück weit Realität. Der Wirtschaftsminister, der dieses Ziel ausgegeben hatte, Ludwig Erhard, wurde Bundeskanzler. Die Spuren sehen wir noch heute. Nicht von ungefähr fällt in diese Zeit der Babyboom. In der Mitte von Lübkes Amtszeit, 1964, erreichte er mit 1.357.304 Lebendgeborenen seinen Höhepunkt.

Hätte Bundespräsident Heuss es zum erklärten Schwerpunkt seiner Präsidentschaft gemacht, deutsches Steuergeld in der Welt zu verteilen, wäre er wohl nicht lange Präsident geblieben. Aber bei Bundespräsident Lübcke war das inzwischen anders. Bereits in seiner Antrittsrede betonte er die Notwendigkeit internationaler Hilfe und Verantwortlichkeit in Anbetracht weltweiten Hungers. Das katholische Bischöfliche Hilfswerk Misereor und das Hilfswerk der evangelischen Landeskirchen und Freikirchen „Brot für die Welt“ waren bereits 1958 beziehungsweise 1959 gegründet worden, als Lübcke im Herbst 1962 die Gründung der ersten weltlichen Entwicklungshilfeorganisation in Deutschland initiierte. 

Diese Gründung erfolgte vor dem internationalen Hintergrund, dass anlässlich einer großen Hungersnot in Indien Anfang der 60er Jahre der damalige Generaldirektor der Ernährungs- und Landwirtschaftsorganisation der Vereinten Nationen (FAO), Binay Ranjan Sen, zu einer „Freedom From Hunger Campaign“ aufgerufen hatte. Dessen Ziel war es, durch die Gründung von Komitees in Ländern des Globalen Nordens Projekte in Ländern des Globalen Südens zu unterstützen. Auf Lübkes Betreiben wurde am 14. Dezember 1962 als deutsche Sektion der „Freedom From Hunger Campaign“ der Deutsche Ausschuss für den Kampf gegen Hunger gegründet.

Auf Initiative des ersten und langjährigen Generalsekretärs Bernd Dreesmann wurde der ihm zu militaristisch klingende Name „Deutscher Ausschuss für den Kampf gegen den Hunger“ 1967 in „Deutsche Welthungerhilfe“ geändert. 1968 wurde das Komitee als gemeinnütziger, politisch und konfessionell unabhängiger Verein in das Vereinsregister eingetragen.

1967 wurde die erste „Woche der Welthungerhilfe“ ausgerufen. Zum Aufhänger wurde das Entedankfest gewählt. Seitdem hat es Tradition, dass der Bundespräsident nicht nur die Schirmherrschaft über die Welthungerhilfe übernimmt, sondern diese auch zu dieser Zeit mit einem Spendenaufruf unterstützt. 

Bereits der erste Spendenaufruf von 1967 brachte 300.000 D-Mark ein. Trotz eines schnell anwachsenden Aufkommens an privaten Spenden der Bevölkerung betragen die öffentlichen Zuwendungen mehr als das Dreifache. 2019 beispielsweise standen 56,6 Millionen Euro an privaten Zuwendungen 189,5 Millionen Euro des Steuerzahlers gegenüber.