28.03.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / Europäische Union / Das Mittel ist dasselbe, die Ziele sind andere / Mit dem Vetorecht versucht Ungarn seine Souveränität und Polen deutsche Reparationen durchzusetzen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

Europäische Union
Das Mittel ist dasselbe, die Ziele sind andere
Mit dem Vetorecht versucht Ungarn seine Souveränität und Polen deutsche Reparationen durchzusetzen
Hermann Müller

Gegen die Stimme Ungarns haben die übrigen EU-Staaten vergangenen Sonnabend einen 18-Milliarden-Euro-Kredit für die Ukraine beschlossen. Mit der Entscheidung stellen die beteiligten Finanzminister sicher, dass die Ukraine im kommenden Jahr etwa die Hälfte der geschätzten drei bis vier Milliarden Euro erhält, die sie monatlich benötigt. Aufgrund des ungarischen Vetos wird der Kredit nun allerdings nicht vom EU-Haushalt gedeckt, sondern die Haftung muss von den EU-Staaten übernommen werden. Ursprünglich sollten die EU-Finanzminister das Hilfspaket für Kiew bereits am 6. Dezember auf ihrem Ratstreffen beschließen. Auf dem Treffen hatte sich allerdings der ungarische Finanzminister Mihály Varga quergestellt, sodass kein einstimmiger Beschluss zustandegekommen ist.

Die EU-Staaten zeigen sich bemerkenswert großzügig. Obwohl kein EU-Mitglied, soll die Ukraine im kommenden Jahr mehr Geld erhalten als etwa Polen, der bisher größte Nettoempfänger innerhalb der EU. Offiziell handelt es bei dem Hilfspaket zwar um einen Kredit, eine Rückzahlung durch die Ukraine dürfte jedoch sehr fraglich sein. Ratingagenturen wie Standard and Poor’s, Moody’s und Fitch sehen die Ukraine praktisch als Zahlungsausfall oder auf der Vorstufe dazu an. Gerechnet wird mit einem Staatsdefizit von 38 Milliarden Euro für das kommende Jahr. 

Die EU-Länder, die Kiew im kommenden Jahr den 18-Milliarden-Kredit gewähren wollen, werden das Geld selbst über Kredite finanzieren. Vorbild ist dabei der sogenannte Corona-Wiederaufbaufonds. Ungarn moniert, dass es für Letzteren mit haftet, die Auszahlung der für das Land vorgesehenen Mittel allerdings von der EU-Kommission bereits seit vergangenem Jahr blockiert wird. Anfang dieses Monats hat die EU-Kommission empfohlen, Corona-Hilfen und andere Fördermittel für Ungarn erst dann freizugeben, wenn dessen Regierung Versprechen zur Wahrung der Rechtsstaatlichkeit komplett umsetzt. Insgesamt stehen für Ungarn dabei mehr als 13 Milliarden Euro auf dem Spiel. Beobachter sehen in der ungarischen Blockade beim Ukraine-Hilfspaket eine Retourkutsche für das Einfrieren von EU-Geldern. 

Die polnische Regierung dürfte den Streit zwischen Brüssel und Ungarns Regierung mit besonderem Interesse verfolgen. Die Blockade von EU-Mitteln ist nämlich auch im Verhältnis zwischen der EU und Polen ein Dauerthema. Auch von Warschau verlangt die EU-Kommission, es solle zunächst einmal die Bedingungen für die Auszahlung der Fördermittel erfüllen. 

Warschau und Budapest sind den Versuchen der EU, über die Blockade von Geldern eine andere nationale Politik zu erzwingen, allerdings nicht hilflos ausgeliefert. Eine ganze Reihe von Politikfeldern erfordert auf den EU-Ratstreffen noch immer einstimmig gefasste Beschlüsse. Diese Blockademöglichkeiten könnten in den kommenden Jahren nicht nur im angespannten Verhältnis zwischen Warschau und der EU eine Rolle spielen. 

Die polnische Regierung hat vor Kurzem angekündigt, ihre Reparationsforderungen gegen Deutschland auf die internationale Bühne heben zu wollen. „Jetzt hat Deutschland die Wahl: Entweder setzt es sich mit Polen an den Verhandlungstisch, oder wir werden die Sache in sämtlichen internationalen Foren thematisieren – in den UN, im Europarat und in der Europäischen Union“, so Polens Vizeaußenminister Arkadiusz Mularczyk von der Partei Recht und Gerechtigkeit (PiS).