26.04.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / Energiesicherheit / Alarmsignale vom Dieselmarkt / Embargo für russisches Öl führt zur weltweiten Verknappung – Unverständnis in Schwedt und Leuna

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

Energiesicherheit
Alarmsignale vom Dieselmarkt
Embargo für russisches Öl führt zur weltweiten Verknappung – Unverständnis in Schwedt und Leuna
Hermann Müller

Laut Bundesregierung sollen die beiden Raffineriestandorte Schwedt und Leuna zum 1. Januar 2023 den Bezug von russischem Pipelineöl einstellen. So sieht es eine Erklärung vor, die von der Bundesregierung nach einem EU-Sondergipfel Ende Mai zu Protokoll gegeben wurde. Deutschland verzichtet freiwillig auf eine Ausnahmeregelung, die Ungarn auf dem Gipfel durchgesetzt hatte. Laut der Kompromissregelung gilt das EU-Embargo bislang nur für russisches Öl, das auf dem Seeweg in die EU kommt.

Nur wenige Wochen, bevor in der PCK Raffinerie im brandenburgischen Schwedt der Hahn der Druschba-Pipeline zugedreht werden soll, sind nun Zweifel aufgekommen, ob die Bundesregierung tatsächlich am freiwilligen Verzicht auf russische Öllieferungen zum Jahreswechsel festhält. 

Ursache des Rätselratens sind Antworten aus dem Bundeswirtschaftsministerium, die Abgeordnete des Landtags Brandenburg auf ihre Fragen erhalten haben. Ansprechpartner war Staatssekretär Michael Kellner (Grüne). Kaum überraschend fielen seine Aussagen, woher Ersatz für die russischen Öllieferungen kommen soll, so unverbindlich wie schon in den vergangenen Monaten aus. Verblüfft waren die Landtagsabgeordneten allerdings, als Habecks Staatssekretär auf die Frage, ob Deutschland den Hahn bei der Druschba-Pipeline zudreht, ziemlich vage antwortete: „Das ist das Ziel …“ Für zusätzliche Zweifel an den Embargo-Plänen der Bundesregierung sorgte Brandenburgs Wirtschaftsminister Jörg Steinbach (SPD). Er sagte: „Ich kenne kein Datum für das Embargo.“ Steinbach weiter: „Dazu braucht es eine Entscheidung des Bundeskabinetts. Mir ist keine bekannt.“ 

Behalten Analysten recht, dann droht der Raffinerie Schwedt bei der Dieselversorgung auch ohne zusätzliche Probleme in den kommenden Monaten eine Verknappung. Bloomberg, die große Agentur für Wirtschaftsnachrichten, warnte im November vor einer globalen Knappheit bei Diesel. Grund seien mehrere Faktoren, die auf dem Markt für Dieselkraftstoff für Turbulenzen sorgen können. Zum Beginn der Wintersaison in der nördlichen Welthälfte seien die Vorräte an Diesel vielerorts auf historisch niedrige Stände gefallen. Nach Angaben der Energy Information Administration waren in den USA im November die Lagerbestände so niedrig, das sie nur noch für 25 Tage ausreichen. Die Nachfrage nach Diesel erreichte den höchsten saisonalen Stand seit 2007. Anteil an der Angebotsknappheit hat die Stilllegung älterer Raffinerien in den USA, ebenso das Fehlen russischer Ölexporte in die USA. 

Bis zum Ukrainekrieg haben US-Raffinerien am Golf von Mexiko große Mengen von russischem Rohöl zu Diesel verarbeitet. Laut dem Wirtschaftsblog „Zerohedge“ ist bei einem Verzicht auf russisches Pipelineöl ab Jahresbeginn spätestens ab Februar 2023 mit Knappheit und steigenden Dieselpreisen in der EU zu rechnen.