29.03.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / Schöner wohnen an der Leine / Ein Hofarchitekt, der einst die Residenzstadt Hannover außen wie innen veredelte – Ausstellung über G. L. F. Laves

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

Schöner wohnen an der Leine
Ein Hofarchitekt, der einst die Residenzstadt Hannover außen wie innen veredelte – Ausstellung über G. L. F. Laves
Heinrich Prinz von Hannover

In Hannover ist Georg Ludwig Friedrich Laves allgegenwärtig. Straßen, Plätze und eine Stiftung sind nach dem Architekten und Stadtplaner benannt. Seine sichtbarste Hinterlassenschaft ist die fast 50 Meter hohe Waterloosäule an der – na, klar – Lavesallee. Von dort sind es nur wenige 100 Meter zum direkt am Neuen Rathaus gelegenen Museum August Kestner, das unter dem Titel „G. L. F. Laves – ein Hofarchitekt entwirft Möbel“ Werke des klassizistischen Hofbaumeisters präsentiert, die selbst den meisten Einheimischen kaum bekannt sein dürften.

Was die wenigsten wissen: Der 1788 am Solling geborene und 1864 in Hannover gestorbene Architekt prägte mit seinen Bauten nicht nur die Residenzstadt, sondern er richtete die von ihm gestalteten Gebäude auch selbst ein. Dieses Interieur ist nun erstmals ausgestellt. Es ist ein einzigartiger Gang durch den hannoverschen Klassizismus. Bürgertum, Adel und der königliche Hof ließen ihre Domizile nach den Befreiungskriegen durch Laves modernisieren oder sogar gänzlich neu erbauen.

Die dazu passende Einrichtung lieferte der Hofarchitekt gleich mit. Der Kunsthistoriker und Initiator der Ausstellung, Thomas Dann aus Detmold, ging auf Spurensuche und fand dabei den zeichnerischen Nachlass von Laves im Stadtarchiv Hannover. Auf dieser Grundlage konnte er Möbelstücke aus Laves’ Entwurfswerkstatt ausfindig machen, welche noch häufig bei den Nachfahren der Familien stehen, die einst am königlichen Hof in Hannover eine Anstellung hatten.

Das Museum August Kestner und Dann haben aus den Fundstücken und Leihgaben eine eindrucksvolle und vielseitige Ausstellung konzipiert. Zu sehen sind prunkvolle Sofas mit goldener Ornamentik, Kommoden mit Spiegeln, gesäumt von Säulen aus Mahagoni. Dem Betrachter fallen elegante Sessel ins Auge, die im Leineschloss wohl nur als Dekoration dienten und ausschließlich bei wichtigen Staatsempfängen genutzt wurden.

Daneben befinden sich Möbelstücke aus dem ehemaligen Privathaus von Laves, die sich zum Teil noch heute im Eigentum seiner Nachfahren befinden. Mehr als 100 Originalmöbel konnte der Kunsthistoriker Dann während seiner langjährigen Recherche ausfindig machen. 40 Möbelstücke davon kann der Besucher der Ausstellung im Museum August Kestner noch bis zum 26. März ausgiebig bewundern. Darunter befinden sich riesige Pfeilerspiegel mit zwei hohen Bibliotheksschränken und einem Esstisch. Es handelt sich um Mobiliar, das Laves für den Oberhofmarschall Georg Graf von Wangenheim entwarf und anfertigen ließ, nachdem er für ihn das Palais an der Friedrichstraße in Hannover errichtet hatte.

König Ernst Augusts Oberhofbaurat

Laves’ Onkel Heinrich Christoph Jussow war Architekt und leitete die Bauabteilung der Kunstakademie in Kassel, an der sein Neffe von 1804 bis 1807 studierte. Ab 1807 war Laves an der Universität in Göttingen eingeschrieben, an der er vornehmlich naturwissenschaftliche Vorlesungen besuchte. 1812 trat Laves eine Stelle bei der Bauverwaltung des Königreichs Westphalen in Kassel an. Noch unter König Jérômes wurde Laves zum Inspektor der königlichen Bauten in Kassel ernannt. Nach Napoleons Niederlage vermittelte Laves’ Onkel Jussow dem jungen Architekten eine Stelle als Bauverwalter im neuen Königreich Hannover.

Gleich zu Beginn seiner Karriere in Hannover finanzierte ihm der königliche Hof als Abschluss seiner Ausbildung eine Reise nach Italien und Frankreich, und 1816 wurde Laves in Hannover zum Hofbaumeister ernannt. Während seiner Tätigkeit führten ihn immer wieder Dienstreisen nach London, um für seine hannoverschen Bauprojekte Genehmigungen am englischen Hof einzuholen. 

Nach Ende der Personalunion zwischen Großbritannien und Hannover ernannte ihn der neue König Ernst August 1838 zum Oberhofbaurat. Die oberste Baubehörde in Hannover war nun das Oberhofmarschallamt, vertreten durch Georg Graf von Wangenheim. Für diesen erbaute Laves das bedeutende Wangenheimpalais im klassizistischen Stil, das später von der hannoverschen Krone erworben wurde. Das Palais dient heute als niedersächsisches Ministerium für Wirtschaft und Verkehr. 

Im Jahr 1852 wurde Laves zum Oberhofbaudirektor ernannt und somit stieg er zum führenden Architekten im Königreich auf. Er war als Hofbaumeister mit der Planung und Durchführung von Neu- und Umbauarbeiten an Schlössern in Hannover und im umliegenden Königreich betraut. Er war verantwortlich für Entwürfe zur Innendekoration und legte Zeichnungen für Wand-, Decken- und Bodengestaltungen vor. Zudem übernahm er Aufträge von Adligen und Bürgern zu Neu- und Umbauten in und um Hannover. Laves’ klassizistische Architekturauffassung geriet jedoch langsam außer Mode, sodass seine Mitarbeiter die hannoversche Architektur- und Raumkunstszene immer mehr beherrschten. 

Am 30. April 1864 starb Laves im Alter von 76 Jahren in Hannover. Neben Karl Friedrich Schinkel in Berlin, Leo von Klenze in München und Carl Theodor Ottmer in Braunschweig war Georg Ludwig Friedrich Laves einer der führenden Vertreter des deutschen Klassizismus.

Museum August Kestner, Trammplatz 3, geöffnet täglich außer montags von 11 bis 18 Uhr, Eintritt: 5 Euro. Katalogband von Thomas M. Dann: „Georg Ludwig Friedrich Laves (1788–1864). Raumkunst und Mobiliar“, 304 Seiten, 49 Euro.

www.museum-august-kestner.de