20.04.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / TV-Kritik / Filmisches Herzflimmern / Junge Ärztin unter alten Halbgöttern in Weiß – Drama über die erste Herztransplantation vor 55 Jahren

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

TV-Kritik
Filmisches Herzflimmern
Junge Ärztin unter alten Halbgöttern in Weiß – Drama über die erste Herztransplantation vor 55 Jahren
Anne Martin

Das Rezept ist nicht neu, funktioniert aber verlässlich: Man nehme ein Ereignis der Geschichte, hier die erste Herzverpflanzung 1967 in Kapstadt, füge die derzeit so beliebte Erzählung von der begabten jungen Frau hinzu, die von männlichen Vorgesetzten ausgebremst wird, garniere das Ganze mit exotischem Flair. Heraus kommt „Das Wunder von Kapstadt“ (17.12., 20.15 Uhr, Das Erste). 

Die in Deutschland spielenden Szenen skizzieren reichlich schablonenhaft den Ausgangskonflikt. Die aufstrebende Chirurgin Lisa Scheel hat es an ihrem Krankenhaus mit einem dieser machohaften Professoren zu tun, die tatsächlich sagen: „Lassen Sie den Kollegen doch ausreden, ihr zartes Stimmchen versteht ohnehin keiner.“ Dass ausgerechnet der erwähnte Studienkollege prompt ihre Forschungsergebnisse klaut, um diese als seine eigenen auszugeben, ist eindeutig zu viel an männlicher Niedertracht. Scheel flüchtet nach Kapstadt, um am dortigen Groote Schuur Hospital bei niemand geringerem als dem berühmten Chirurgen Christiaan Barnard anzuheuern. 

Was nun folgt, ist ein Ritt durch ein spannendes Kapitel Medizinhistorie, angereichert mit einem Hauch von Spionage und den Ungerechtigkeiten der Apartheid. Natürlich ist auch Barnard ein Halbgott in Weiß, aber immerhin anerkennt er die Qualitäten der Kollegin, die ihm zudem geheime Daten aus Deutschland zuspielt. Die Rassentrennung wird in Person des farbigen Gärtners Hamilton eingeführt, der in Wahrheit ein begnadeter Chirurg ist, aber offiziell nicht an einem „weißen“ Krankenhaus arbeiten darf. Später wird Lisa ihn in einem versteckten Trakt des Krankenhauses wiedertreffen, wo er undercover Transplantationen an Tieren vornimmt. Gekrönt wird die Melange aus Medizingeschichte und freier Erfindung mit der ersten Herzverpflanzung, welche die deutsche Ärztin und der afrikanische Gärtner versteckt hinter einer Jalousie beobachten dürfen. 

Weshalb der kühne Mix verfängt, liegt wie so oft an den Schauspielern, welche die logischen Brüche beherzt überspielen. Sonja Gerhardt ist die tapfere Medizinerin, die sich zielstrebig nach oben kämpft, Alexander Scheer als Barnard genau der feinnervige Intellektuelle, der angetreten ist, eine medizinische Sensation zu liefern. Fritz Karl gibt den deutschen Professor als eitlen Egomanen, der seine eigenen Interviews gebannt vor dem Fernseher verfolgt. Dass Autor Christoph Silber dem Klinikchef und der jungen Chirurgin auch noch eine verwandtschaftliche Bindung andichtet, ist dramaturgisch verzichtbar, aber womöglich dem Thema geschuldet. Zu einem Film rund ums Herz gehört wohl auch eine Figur, die schrecklich herzlos ist.