19.04.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / Buchempfehlung / Geschichte des Dorfes Zettin im Kreis Rummelsburg / Ein Dorf und seine Historie leben wieder auf

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

Buchempfehlung
Geschichte des Dorfes Zettin im Kreis Rummelsburg
Ein Dorf und seine Historie leben wieder auf

Zettin im Kreis Rummelsburg ist ein kleines, verschlafenes Dorf wie viele hundert andere in Pommern. Es liegt noch immer idyllisch abseits der großen Verkehrswege, und es hat bis ins 20. Jahrhundert gedauert, bis es durch eine befestigte Straße erschlossen wurde. Die größeren Straßen führten und führen noch immer daran vorbei. Auch die Eisenbahn, vor mittlerweile 30 Jahren eingestellt, tangierte das Gemeindegebiet nur mit einer Nebenstrecke. Die Böden waren und sind nicht von besonderer Qualität und ermöglichten nur ein bescheidenes Einkommen. 

Mitten im Ort erhebt sich bis heute auf einem Hügel die Kirche. Auch die Schule blieb erhalten, wenn auch heute der Unterricht im Nachbardorf Treblin stattfindet. Einst prägte ein großes Gut den Ort. Die Wirtschaftsgebäude blieben erhalten, das Herrenhaus verfiel in der Zeit nach Ende des Zweiten Weltkrieges.

Doch Zettin war kein so unbedeutender Ort. Auch von diesem kleinen hinterpommerschen Dorf lassen sich Verbindungen zu den großen Ereignissen der Geschichte ziehen. Die Zettiner Puttkamer des späten 15. und des 16. Jahrhunderts standen im Dienst der pommerschen Herzöge und der Kamminer Bischöfe. Der in Waldow geborene und einige Jahre in Zettin aufgewachsene Pfarrerssohn Johannes Lassenius wurde Theologieprofessor in Kopenhagen. Pfarrer Palis hatte im frühen 19. Jahrhundert Kontakt mit Adolph von Thadden in Trieglaff und lenkte die Erweckungsbewegung in Zettin in kirchliche Bahnen. 

Der letzte Pastor des Kirchspiels, Wolfgang Marzahn, besuchte das Predigerseminar bei Dietrich Bonhoeffer, dem wichtigsten Theologen des evangelischen Widerstandes gegen das Dritte Reich. Und mindestens vier Zettiner jüdischer Herkunft wurden in Ghettos und Konzentrationslagern ermordet. Schließlich kam der von Deutschland entfesselte Krieg zurück nach Deutschland und zerstreute die Zettiner wie viele Millionen Ostdeutsche in alle Winde. Zettin lag zwar abseits gelegen, lag aber nicht abseits der Geschichte.

Die ersten Abschnitte von Dirk Klingners jüngst erschienenem Buch „Geschichte des Dorfes Zettin im Kreis Rummelsburg in Pommern“ beschreiben nun die geografischen Gegebenheiten, erläutern den Namen und die Flurnamen des Ortes und zeigen die Darstellung Zettins auf historischen Landkarten, beginnend mit der 1618 erschienenen Lubinschen Karte und endend mit einer Karte des Kreises Rummelsburg aus dem Jahr 1915. Von den recht zahlreichen vorgeschichtlichen Funden spannt sich der geschichtliche Abriss bis zum Ende des deutschen Dorfes Zettin (S. 13–67). 

In den Sammlungen der Universität Greifswald blieb eine Reihe von Fragebögen zu volkskundlichen Themen erhalten, die der interessierte Lehrer Friedrich Pallas gewissenhaft ausfüllte und die uns heute einen Blick auf längst vergessene Traditionen und Bräuche werfen lassen (S. 68–76). Der Landwirtschaft als Haupterwerbsquelle (S. 77–89), der Bevölkerungs- und Gebäudestatistik (S. 90–93) und der Familie von Puttkamer als Besitzer des Rittergutes Zettin (S. 94–113) widmen sich die nächsten Kapitel. 

Das kirchliche Leben im Kirchspiel Zettin in den 1920er und 1930er Jahren wird anhand erhalten gebliebener Gemeindeblätter, akribisch beantworteter Fragebögen und einem Fotoalbum des Zettiner Vikars und letzten Gemeindepfarrers Wolfgang Marzahn lebendig. Ergänzt wird dieser Abschnitt durch Kurzbiographien der Pfarrer und Beschreibungen der Kirche und des Pfarrhauses (S. 114–165). Doch in Zettin lebten auch einige Altlutheraner, Katholiken und Juden (S. 166–170). Neben Kirche und Pfarrhaus spielten auch Schule und Lehrer eine wichtige Rolle im Dorf (S. 171–184). Eine Übersicht über die Eigentümerfamilien (S. 185–190), die Friedhöfe (S. 191–198) sowie Verkehrswesen und Post (S. 199–207) runden das Bild ab. 

Im Anhang finden sich geistliche Gedichte des Pfarrers Walter Thomas, die Weihnachtspredigt von Pfarrer Wolfgang Marzahn aus dem Jahr 1943 und verschiedene in den 1930er Jahren in der Zeitschrift „Ostpommersche Heimat“ veröffentlichte Erzählungen, in denen das alte Dorf und seine Flurnamen wieder lebendig werden (S. 208–255).

Trotz aller Bescheidenheit einerseits und aller Verknüpfungen mit wichtigen historischen Geschehnissen war Zettin wie viele andere Dörfer und Städte für die dort lebenden Menschen jedoch vor allem eines: geliebte Heimat. Diesen Menschen und der Geschichte ihres Dorfes will das Buch ein Denkmal setzen.

Dirk Klingner: „Geschichte des Dorfes Zettin im Kreis Rummelsburg in Pommern“, BoD – Books on Demand, Norderstedt 2022, 265 Seiten, mit zahlreichen Schwarz-Weiß- und Farbfotografien sowie Abbildungen von historischen Dokumenten, ISBN 978-3-7568-4565-1, 42,99 Euro (5,99 Euro als E-Book)