26.04.2024

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Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022 / Für Sie gelesen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 50-22 vom 16. Dezember 2022

Für Sie gelesen

Es war auch einmal anders

Bereits zum vierten Mal legt der Volksbund Deutsche Kriegsgräberfürsorge Weihnachtsgeschichten aus „schwerer Zeit“ vor. Insgesamt 

32 Texte, darunter ein längeres Gedicht und zwei Briefe, geben Erinnerungen an den Heiligen Abend sowie das Umfeld des „schönsten Festes des Jahres“ in der Zeit des Zweiten Weltkrieges und den entbehrungsreichen Jahren danach wieder. Mag man noch so viel von Gefallenen, von Vermissten, von langjährig Gefangenen gehört und gelesen haben – die unmittelbaren Eindrücke vom Verlust der Väter, Söhne und Brüder berühren, besonders im Kontrast zu den Schilderungen der bescheidenen Weihnachtsfreuden. Die überwiegende Zahl der Autoren dieses Buches war damals im Kindesalter und berichtet aus der entsprechenden Perspektive. 

Da ist die Achtjährige, die am Heiligen Abend 1944 zur Straßenbahnhaltestelle geht, um ihren Papa abzuholen, der in einem Schreiben vage die Möglichkeit eines Urlaubs angekündigt hatte. Sie wartet vergeblich und soll ihn nie wieder sehen. Ein anderes Mädchen hält zu Weihnachten 1945 einen amerikanischen Soldaten für seinen Vater, der von der Familie erwartet wird und den es kaum kennt. Die Großmutter lädt den Amerikaner, der etwas verwechselt hatte und „eigentlich zu einer Dame wollte, die dafür bekannt war, dass sie Männer empfing“ dennoch zur gemeinsamen Feier ein, vom Vater hingegen „haben wir nie wieder etwas gehört“.

Ein Sohn sieht seinen Vater, einen Arzt, erstmals weinen, als dieser als  Spätheimkehrer aus Russland  mit seiner vertriebenen Familie wieder Weihachten feiern kann. Ein junger Briefträger bringt in der Adventszeit 1946 lang erhoffte Post von einem Sohn in Gefangenschaft und damit für die Angehörigen „mehr Licht als tausende von Lampen und Lichterketten“. Zwei Brüder, neun und zwölf, begeben sich 1948 in einen  Wald um – verbotenerweise – ein Weihnachtsbäumchen zu holen, womit der verwitweten Mutter eine Freude gemacht werden soll. Der Polizist, der sie ertappt, stellt ihnen schließlich eine kleine Säge zur Verfügung, so können sie ihr Vorhaben erfolgreich abschließen. 

Der Schreiber eines Briefes aus dem Kessel von Stalingrad vom 25. Dezember 1942 meint, „eines Tages siegen wir wieder“, klein kriegen die Sowjets „uns doch nicht“. Dass diese Perspektive auch aufgenommen wurde, spricht für den Band als zeithistorisches Dokument. Im selben Brief findet Kurt Reuber, der Schöpfer der „Stalingradmadonna“, Erwähnung. 

„Stille Nacht, heilige Nacht“ – immer wieder wird auf die Kraft dieses Liedes verwiesen, nicht nur, als ein schwerverwundeter Mundharmonikaspieler 1943 in einem Lazarett damit einen Gauleiter und dessen offizielle Weihnachtsfeierlichkeiten auf die Plätze verweist. Eines haben alle Geschichten gemeinsam: Sie führen eindrücklich das Leid des Krieges vor Augen.

Erik Lommatzch

„Licht in der Dunkelheit. Weihnachtsgeschichten in schwerer Zeit“, herausgegeben vom Volksbundes Deutsche Kriegsgräberfürsorge e.V., Kassel 2022, 119 Seiten. Das Buch ist über www.volksbund.de/mediathek oder per Mail über bestellungen@volksbund.de kostenfrei erhältlich, um eine Spende für die Arbeit des Volksbundes wird gebeten