19.04.2024

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Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022 / Außenpolitik / Zweifel an deutscher Verlässlichkeit wachsen / Merkel-Interview sowie Umgang mit russischem Eigentum gefährden Deutschlands Ruf als Vertragspartner

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022

Außenpolitik
Zweifel an deutscher Verlässlichkeit wachsen
Merkel-Interview sowie Umgang mit russischem Eigentum gefährden Deutschlands Ruf als Vertragspartner
Hermann Müller

Zuverlässigkeit, bis hin zur „Nibelungen-Treue“, galt über Jahrhunderte als typisch deutsche Charaktereigenschaft. Wie es nun scheint, hat dieser Ruf innerhalb weniger Monate schweren Schaden genommen. Ein Grund ist der Umgang der Bundesregierung mit Vermögenswerten von Ausländern. 

Bereits im April hat das Bundeswirtschaftsministerium unter Führung Robert Habecks per Verordnung die Bundesnetzagentur als Treuhänderin für die Geschäfte des deutschen Ablegers des russischen Energieversorgers Gazprom eingesetzt. Betroffen ist davon auch der größte deutsche Gasspeicher in Rehden. 

Aufmerksam beobachtet wurde das Agieren der Bundesregierung offenbar in Saudi-Arabien. Dort erhielt die ZDF-Korrespondentin Golineh Atai vor wenigen Wochen eine Antwort, die aus deutscher Sicht alarmierend sein muss. Als die ZDF-Journalistin fragte, wann die Saudis denn nun „erneuerbare“ Energien nach Deutschland liefern können, antwortete Mohammad Al-Sabban, ein langjähriger Berater der Regierung in Riad: „Wir haben ehrlich gesagt Angst, mit Euch Deutschen weitere Verträge abzuschließen. Ihr habt mit der Beschlagnahmung russischer Gasinfrastruktur das Vertrauen verspielt.“

Grund, diese Angst weiter wachsen zu lassen, schafft das Bundeswirtschaftsministerium im Umgang mit dem Ölkonzern Rosneft, dem Mehrheitseigentümer der PCK Raffinerie in Schwedt. Die Bundesregierung hatte im September entschieden, die deutschen Töchter des russischen Konzerns unter Treuhandverwaltung der Bundesnetzagentur zu stellen.

Rosneft reagierte daraufhin mit der Erklärung, es sehe in dem Schritt „eine Verletzung aller grundlegenden Prinzipien der Marktwirtschaft, der zivilisierten Grundlage einer modernen Gesellschaft, die auf dem Prinzip der Unantastbarkeit von Privateigentum aufbaut“. Polens Regierung drängt indessen seit Monaten, die Treuhänderschaft über die Raffinerie in Brandenburg sogar in eine Enteignung von Rosneft münden zu lassen. 

Diplomatisch über den Tisch gezogen

Immer öfter wird nun auch über den Wunsch Warschaus berichtet, im Gegenzug für eine Ölversorgung über den Danziger Hafen den polnischen Energiekonzern Orlen zum Miteigentümer der Raffinerie in der Uckermark machen zu wollen. Den Ausgang dieses Pokers um einen erzwungenen Ausstieg des russischen Eigentümers und Einstieg der Polen dürfte Investoren auf der ganzen Welt interessiert beobachten. 

Schaden genommen hat Deutschlands Ruf in der Welt auch durch ein Interview, das Altkanzlerin Angela Merkel der Wochenzeitung „Die Zeit“ gegeben hat. Das Protokoll von Minsk (Minsk I) und das Minsker Abkommen (Minsk II), die von ihr 2014 und 2015 vermittelt wurden, verteidigt die Altkanzlerin darin als Versuch, der Ukraine Zeit zu geben, in der das Land erstarken konnte. Laut Merkel hätte Russland die Ukraine damals „leicht überrennen können“. 

Merkels Interview hat nicht nur in Russland für Aufsehen gesorgt, scheint es doch Vermutungen zu bestätigen, eine Umsetzung von Minsk I und II sei von Merkel gar nicht angestrebt gewesen. Scott Ritter, früherer Inspektor der Vereinten Nationen im Irak, sieht durch Merkels Aussage einen massiven Schaden für die Glaubwürdigkeit Deutschlands auf internationaler Ebene angerichtet. Wer sein Wort und seine Ehre über Bord werfe, um jemanden diplomatisch über den Tisch zu ziehen, habe seine Möglichkeit verspielt, auf der Weltbühne künftig noch als Diplomat aufzutreten, so der ehemalige US-Offizier.