27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022 / Weihnachtslieder / Melodien voller runder Jahrestage

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022

Weihnachtslieder
Melodien voller runder Jahrestage
Manuel Ruoff

Auch dieses Jahr hatten und haben Melodien deutscher Weihnachtslieder Jubiläum. 275 Jahre alt ist beispielsweise jene von „Tochter Zion, freue dich“. Dass sie sehr eingängig ist, ist kein Wunder, stammt sie doch von keinem Geringeren als Georg Friedrich Händel. Dieser nutzte sie für den Satz „See, the conqu’ring hero comes“ des 

3. Aktes des biblischen Oratoriums 

„Joshua“, das 1748 im Theatre Royal in Covent Garden erstmals aufgeführt wurde. Der Jubelgesang leitet das Finale des Oratoriums ein. Der Gesang erwies sich als eines seiner populärsten Stücke, und so baute er es nachträglich auch in sein populärstes Oratorium, „Judas Maccabaeus“, ein, dessen ursprüngliche Fassung ein Jahr zuvor an selber Stelle uraufgeführt worden war. 

Um 1820 – Händel war längst tot – schuf der evangelische Theologe Friedrich Heinrich Ranke in Erlangen den Text. Dieser war ursprünglich für den musikalischen Salon des Geologen, Geographen und Pädagogen Karl Georg von Raumer, auf den die Bezeichnung „Rheinisches Schiefergebirge“ zurückgeht, bestimmt. Dessen Schwägerin Louise Reichardt, eine Sängerin, Komponistin und Musikpädagogin, veröffentlichte in ihrem Todesjahr 1826 in ihrem Sterbeort Hamburg das Lied in der Sammlung „Christliche, liebliche Lieder“. Von dort aus gelangte es über Schulliedersammlungen in das kollektive Gedächtnis der Nation.

Ein ungleich jüngeres Jubiläum als die Melodie von „Tochter Zion, freue dich“ feiert jene von „Kommet, ihr Hirten“. 1847 wurde sie im „Katolicky kancionál“ in Olmütz erstmals gedruckt. Auch in diesem Falle ist der Text jünger. Er wurde von dem Leipziger Kapellmeister und Komponisten Carl Riedel 1868 verfasst und unter dem Titel „Die Engel und die Hirten“ erstmals 1870 in seiner Sammlung „Altböhmische Gesänge“ für gemischten Chor veröffentlicht. 1912 verfasste Mari Ruef Hofer für den englischsprachigen Raum die Fassung „Come, All Ye Shepherds“ und eine niederländische Version gibt es mit „Komt nu gij herders“ auch. Sie fand 2001 Eingang in das neue Gesangbuch „Liederen voor de Gemeentezang“ der niederländischen Baptisten.

Mit 180 Jahren nicht ganz so rund sind die Jubiläen der Melodien von „Alle Jahre wieder“ und „Der Christbaum ist der schönste Baum“. Beim erstgenannten Weihnachtslied ist nun der Text älter als die Melodie. 1837 wurde er von dem Pfarrer sowie Lied- und Fabeldichter Wilhelm Hey verfasst, aus dessen Feder auch das Kinder- und Gutenachtlied „Weißt du, wie viel Sternlein stehen“ stammt. Die Melodie wird Friedrich Silcher zugeschrieben, der sie 1842 in seinem Liederzyklus „Zwölf Kinderlieder aus dem Anhange des Speckter’schen Fabelbuches“ von 1842 veröffentlichte.  Der Komponist und Musikpädagoge vertonte auch Heinrich Heines „Lied von der Loreley“ und Simon Dachs „Ännchen von Tharau“.

Bei „Der Christbaum ist der schönste Baum“ hat neben der Melodie auch der Text Jubiläum. Erstere stammt vom Kantor an der Hanauer Marienkirche und Lehrer an der dortigen Mädchenschule Georg Eisenbach, letzterer vom zeitweiligen Pfarrer an der Hanauer Johanneskirche Johannes Carl. 1842 kam das Lied in Hanau als Einzelblatt auf den Markt.