25.04.2024

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Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022 / Gemäldegalerie / Ein Marinestück für den Großen Kurfürsten / Sonderausstellung aus Anlass der fertiggestellten Restaurierung von Olfert de Vrijs Werk „Dreimaster auf leicht bewegter See“

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022

Gemäldegalerie
Ein Marinestück für den Großen Kurfürsten
Sonderausstellung aus Anlass der fertiggestellten Restaurierung von Olfert de Vrijs Werk „Dreimaster auf leicht bewegter See“
Dirk Klose

Klein, aber sehr fein: Die Gemäldegalerie am Berliner Kulturforum zeigt in einer Sonderschau bis zum 16. April die Studioausstellung „Vision Seemacht. Ein Marinestück für den Großen Kurfürsten“. Anlass ist der Abschluss einer jahrelangen Restaurierung des Bildes „Dreimaster auf leicht bewegter See“ des Marinemalers Olfert de Vrij (1635–1699). Ausgehend von dem frisch restaurierten Bild thematisiert die Sonderpräsentation die angewandte Maltechnik, die Restaurierung und den historischen Hintergrund der Darstellung sowie das Leben des bis heute weitgehend unbekannten Malers, die Tradition der niederländischen Marinemalerei und die Besonderheiten der Hoorner Malerschule. 

In der nordholländischen Hafenstadt Hoorn und damit abseits der großen holländischen Kunstzentren war de Vrij als Jurist, städtischer Beamter und Amateurmaler tätig. Der passionierte Hobbymaler schuf überwiegend See- und Marinestücke, die zu seiner Zeit überaus beliebt waren. Von seiner Hand sind heute nur noch drei Werke erhalten. Zwei davon sind in der Berliner Ausstellung zu sehen.

Kunstgeschichtliche Einbettung

Obwohl de Vrij kein professioneller Künstler war, zählt er zu den begabtesten und technisch versiertesten Marinemalern sogenannter „Penschilderijen“ (Federstücke) des 17. Jahrhunderts. Bei dieser für die Marinemalerei charakteristischen, hochspezialisierten Technik wird nicht mit Farbe gemalt, sondern auf einen ölgrundierten Grund wird das Thema nur mit Feder oder Pinsel und Tusche aufgetragen. Schattierungen werden erreicht durch unterschiedliche Verdünnung der Tusche. Mit dieser seltenen Maltechnik hat de Vrij auch sein mit 9,74 mal 13,98 Dezimetern ungewöhnlich großes Bild „Dreimaster auf leicht bewegter See“ erschaffen. 

Aufgrund dieser Technik fehlt dem Bild die für holländische Gemälde typische Farbfreudigkeit. Andererseits nimmt es gefangen durch außerordentliche Detailfreudigkeit und Virtuosität. Das 1665 geschaffene Werk ragt aufgrund seiner Qualität, seines großen Formats und der ungewöhnlichen Signatur heraus. Statt mit Feder führte de Vrij Schiffe und Wellen hier mit feinen Pinseln und schwarzer Tusche in äußerst variabler Auftragstechnik aus – stupfend, strichelnd oder in Grauabstufungen lavierend. Dies musste höchst akkurat geschehen, da die schnell trocknende Farbe kaum Möglichkeiten zur Korrektur ließ.

Auftraggeber des sowohl für die Kunstgeschichte als auch für die brandenburgisch-preußische Geschichtsschreibung bedeutsamen Meisterwerks war vermutlich der Große Kurfürst Friedrich Wilhelm (1620–1688). Ursprünglich hing es im Berliner Schloss. Nachdem die präzise ausgeführte Malerei im Laufe der Zeit durch Fehlstellen, starke Vergilbungen und verfärbte Übermalungen kaum mehr wahrnehmbar war, verschwand es für viele Jahrzehnte in Depots, in denen es im wahrsten Sinne des Wortes vergammelte. Die feine Maltechnik war Klimaschwankungen kaum noch gewachsen. Dank der Restauratorin Babette Hartwieg wurde es im letzten Moment vor dem endgültigen Zerfall bewahrt.

Die mühsame Restaurierung zeitigte einen schönen Erfolg. Das in einem hellen Ton gehaltene Bild zeigt zwei 1662/63 in Amsterdam für Friedrich Wilhelm gebaute Handelsfregatten. Aufgrund der erkennbaren Wappen lässt sich die links zu sehende als „Grafschaft Mark“ und die rechte, etwas größere als „Herzogtum Kleve“ identifizieren. Bei beiden handelte es sich zwar um Handelsschiffe, sie waren aber mit 24 beziehungsweise 26 Kanonen jeweils im Zwischen- und Unterdeck bewaffnet, was gut zu erkennen ist. 

Außer „Dreimaster auf leicht bewegter See“ ist unter anderem auch das 3,05 mal 4,28 Dezimeter große Kleinformat „Binnenschiffe und ein Dreimaster auf bewegter See“ ausgestellt, eine Leihgabe aus Hoorn. Die Ausstellung präsentiert damit erstmalig die beiden einzigen heute öffentlich zugänglichen Werke de Vrijs. Zeichnungen aus dem Berliner Kupferstichkabinett stellen die Werke in den Kontext der niederländischen Marinemalerei. 

Politikgeschichtliche Einbettung

Zugleich setzt sich die Ausstellung mit den historischen Hintergründen und den unermüdlichen Bemühungen des Großen Kurfürsten auseinander, in den Überseehandel einzutreten und Brandenburg-Preußen als Seemacht zu etablieren. Vorbild war die kleine, aber starke Republik der Niederlande, deren Staatswesen und herausragende Position in der Seefahrt den Kurfürsten zu eigenen Visionen für Brandenburg anregten.

Einen Eindruck von der Größe der kurbrandenburgischen Flotte vermittelt das ebenfalls ausgestellte gleichnamige Großformat aus dem Besitz der Stiftung Preußische Schlösser und Gärten Berlin-Brandenburg. Das 16,7 mal 24,4 Dezimeter große Ölgemälde, das 1684 von Lieve Verschuier (1627–1686) geschaffen wurde, ist ein Idealbild, denn realiter war die Flotte nie in ihrer Gesamtheit an einem Ort versammelt. Das Bild muss bei den Hohenzollern sehr beliebt gewesen sein; bis 1918 hing es im Arbeitszimmer Kaiser Wilhelms II. Heute ist es im Schloss Oranienburg zu sehen – wenn es nicht gerade ausgeliehen ist.

Nähere Informationen zu der noch bis zum 16. April geöffneten Sonderausstellung „Vision Seemacht. Ein Marinestück für den Großen Kurfürsten“ in der Gemäldegalerie der Staatlichen Museen zu Berlin, Matthäikirchplatz, 10785 Berlin, erteilen die Staatlichen Museen zu Berlin, Bildung, Vermittlung, Besucherdienste, Genthiner Straße 38, 10785 Berlin, Telefon (030) 266424242, Internet: https://www.smb.museum/kontakt/