26.04.2024

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Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022 / Bibelarchäologie I / Immer mehr Stellen in der Bibel finden ihre faktische Bestätigung / Die Heilige Schrift ist alles andere als ein „religiöses Märchenbuch“: Als jüngstes Beispiel konnte nun auch die Historizität der Vernichtung von Sodom und Gomorrha wissenschaftlich belegt werden

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 51-22 vom 23. Dezember 2022

Bibelarchäologie I
Immer mehr Stellen in der Bibel finden ihre faktische Bestätigung
Die Heilige Schrift ist alles andere als ein „religiöses Märchenbuch“: Als jüngstes Beispiel konnte nun auch die Historizität der Vernichtung von Sodom und Gomorrha wissenschaftlich belegt werden
Wolfgang Kaufmann

Von dem US-amerikanischen Alttestamentler und Archäologen Ernest Wright stammt der Ausspruch: „Beim biblischen Glauben hängt alles davon ab, ob die zentralen Ereignisse wirklich stattfanden.“ Dabei kann man an die Heilige Schrift natürlich nicht die gleichen Maßstäbe anlegen wie an ein heutiges Geschichtswerk, das im Idealfall als objektives Protokoll historischer Geschehnisse daherkommt. 

Dennoch ist es möglich, biblische Aussagen durch außerbiblische Parallelquellen und archäologische Funde zu verifizieren. Auf letzterem Gebiet hat sich außerordentlich viel getan, seit der italienisch-französische Arzt Paul-Émile Botta 1843 in Chorsabad auf den Palast des assyrischen Königs Sargon II. stieß, der für den Untergang des nordisraelitischen Königreichs um 722 v. Chr. verantwortlich sein soll.

Nachdem bereits Botta den Siedlungshügel von Kujundschik nahe Mossul durchstöbert hatte, ohne aber zu erkennen, was sich darin verbarg, identifizierte der Brite Austen Henry Layard die Stätte 1845 als Überrest der in der Bibel wegen ihrer außerordentlichen Boshaftigkeit negativ charakterisierten Metropole Ninive. 1854 wiederum entdeckte eine weitere britische Expedition unter John George Taylor die Heimatstadt des Propheten Abraham, nämlich Ur in Chaldäa, welche dann zwischen 1922 und 1934 von Taylors Landsmann Leonard Woolley ausgegraben wurde. 

Ständig neue Funde

Woolley gelang es dabei zugleich noch, erste Belege für die Historizität der Sintflut zu präsentieren: 1929 förderten die Grabungen in Ur dicke Lehmschichten zutage, die von einer gewaltigen Flutkatastrophe um 4000 v. Chr. zeugen. Und 1868 senkte der geschichtsbegeisterte Londoner Polizeichef Charles Warren im biblischen Jericho den Spaten in die Erde, wobei es freilich erst dem Deutschen Ernst Sellin gelang, die angeblich von den Posaunen der Israeliten zum Einsturz gebrachten Mauern der wohl ältesten Stadt der Welt systematisch freizulegen. Sellin musste seine Forschungen allerdings 1928 auf Weisung des Deutschen Archäologischen Institutes nach zwei Jahrzehnten abbrechen, weil man ihm vorwarf, zu bibelgläubig zu sein. 

Einen großen Wurf tat des Weiteren der Vater der israelischen Archäologie Benjamin Mazar alias Benjamin Zeev Maisler kurz nach der Gründung des jüdischen Staates im Mai 1948, als er auf dem Hügel Tell Qasileh im heutigen Großraum von Tel Aviv eine Stadt der Philister entdeckte. Das war jenes legendäre Volk, welches im 12. Jahrhundert v. Chr. an der Küste des historischen Palästina siedelte und dem laut Bibel der riesige Krieger Goliath angehörte, der dann im Zweikampf gegen David unterlag.

Als gleichfalls sehr bedeutsamer Schritt auf dem Wege der Verifizierung der Bibel gilt die Auffindung von Texten in einer bislang unbekannten Schrift in dem pharaonischen Minenkomplex von Sarabit al-Chadim auf der Sinai-Halbinsel durch den britischen Ägyptologen Flinders Petrie im Jahre 1905. Wie später herauskam, handelte es sich hierbei um Zeugnisse der ältesten Alphabetschrift der Welt, welche bereits um 1700 v. Chr. von den Israeliten zur Verschriftung ihrer Sprache entwickelt worden war und die Anwesenheit dieses Volkes in Ägypten während der Zeit vor dem Exodus bezeugt. Inzwischen konnten Forscher aus den protohebräischen Inschriften des Sinai sogar biblische Namen wie Ahisamach und Moses herauslesen.

Und auch sonst gab es in jüngerer Zeit noch zahlreiche weitere Entdeckungen, die allesamt wie Mosaiksteine zusammenpassen und als Beleg für die Richtigkeit wichtiger Textstellen des Alten Testaments dienen können. So steht nun fest, dass die angeblich wegen ihrer Sündhaftigkeit von Gott zerstörten Städte Sodom und Gomorrha mit den Mauerresten auf den Hügeln Tell el-Hammam und Tell Nimrin im Jordangraben identisch sind. 

Die dort zahlreich vorhandenen verglasten Keramikscherben aus der Zeit um 1650 v. Chr. müssen Temperaturen von bis zu 12.000 Grad ausgesetzt gewesen sein, was auf die Explosion eines Meteoriten oder Asteroiden – genannt 3.7KYrBP Kikkar Event – hindeutet. Das erbrachten Untersuchungen des Forscherteams um Ted Bunch von der Northern Arizona University in Flagstaff, deren Ergebnisse im März 2022 publiziert wurden.

Im selben Monat klaubte der US-Archäologe Scott Stripling eine winzige Bleitafel aus dem Schutt des sogenannten Josua-Altars auf der Spitze des Berges Ebal nordwestlich von Nablus in den heutigen palästinensischen Autonomiegebieten, wo die Israeliten laut dem Alten Testament ihre rituellen Verwünschungen auszusprechen pflegten. Auf dem Metallstück, das als Beweis für die Präsenz des Volkes Israel im Gelobten Land ab etwa 1400 v. Chr. dienen kann, ist tatsächlich in protohebräischer Schrift eingeritzt: „Verflucht durch J(a)HW(e).“

Neues Testament ist „symbolischer“

Zudem fanden sich inzwischen auch archäologische Belege mit deutlichen Bezügen zu den biblischen Berichten über Samson und David: Shlomo Bunimovitz und Zvi Ledermann gruben 2012 in Bet Schemesch unweit von Samsons Geburtsort Zora ein Siegel aus dem 11. Jahrhundert v. Chr. aus, das die Darstellung eines langhaarigen unbewaffneten Mannes zeigt, der ganz allein mit einem Löwen kämpft – ganz so, wie es das Buch der Richter schildert. Und vier Jahre zuvor hatte Yosef Garfinkel auf dem Hügel Khirbet Qeiyafa im ehemaligen Grenzgebiet zwischen den Ländern der Philister und Israeliten eine beschriftete Scherbe aus der Zeit um 1000 v. Chr. entdeckt, auf der vom Zweikampf zwischen David und Goliath berichtet wird.

Schwieriger objektiv zu bestätigen sind dahingegen die Aussagen des Neuen Testaments, obwohl die zur Sprache kommenden Ereignisse weniger lange zurückliegen. Das resultiert aus dem Umstand, dass die Evangelisten authentische Berichte über Jesus von Nazareth mit vielen symbolischen Elementen verknüpften. Daher gilt nur die Festnahme und nachfolgende Kreuzigung des Erlösers als unstrittig historisch. Gleichwohl konnte in der Vergangenheit zumindest die Richtigkeit vieler biblischer Angaben zur damaligen Situation in Galiläa und Judäa beziehungsweise Jerusalem wissenschaftlich belegt werden.