26.04.2024

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Folge 52-22 vom 30. Dezember 2022 / Für Sie gelesen / Bücher von und über Ostpreußen

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-22 vom 30. Dezember 2022

Für Sie gelesen
Bücher von und über Ostpreußen

Erinnerungen an die Flucht

Der Jurist Günther Kienitz erzählt in seinem Erlebnisbericht „Wir Kinder von Moritten. Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen“ die düsteren Erinnerungen an die Flucht seiner Familie aus Moritten nach Benstorf und stellt das Geschehene in einen historischen Kontext. Als Mann der Rechtswissenschaft beschäftigt Kienitz die Aufarbeitung von Schuld und trifft so auf die Ungerechtigkeit, dass Rechtsleute nach 1945 ihre berufliche Laufbahn fortsetzen konnten, bevor er zu seiner eigenen Familiengeschichte kommt. Im August 1944 kam der Krieg nach Moritten, 30 Kilometer südlich von Königsberg gelegen und zwingt seine Mutter mit ihren beiden Söhnen zur Flucht. Kienitz fügt immer wieder Exkurse, Bilder in Schwarz-Weiß und Farbe, Urkunden und Karten ein. Das Buch ist ausschließlich über die Buchhandlung Lesezeichen unter Telefon (05108) 1298, info@lesezeichen-gehrden.de, zu beziehen. CRS

Günther Kienitz: „Wir Kinder von Moritten. Flucht und Vertreibung aus Ostpreußen“, 2022, gebunden, 663 Seiten, 32 Euro





Drei in einem Schuber

Musik trifft die Seele der Menschen; so ist es ein wirkliches Glück, dass diesen drei Bänden, in zwei Büchern und einem Schuber auch eine CD mit sechs ostpreußischen Liedern beiliegt. Es handelt sich um eine Aufnahme der Chorgemeinschaft des Heinrich-Albert- Chors und der Rundfunkspielschar Königsberg, die bei einem Nachkriegsauftritt entstanden ist – mit Berg als Mitsänger. Der erste Band seiner „Erinnerungen“ nimmt den Vater Heinrich in den Mittelpunkt und wird mit Erlebnissen des Autors bereichert. Heinrich war Bäckermeister in Königsberg und hat seinen Sohn oft mit ins gepachtete Jagdrevier mitgenommen. Der zweite Band erzählt authentisch von Fritjof Bergs Schulzeit und seinem Chorleben, der dritte Band von seiner Studien- und der Nachkriegszeit. Viele Bilder, auch in Farbe, dokumentieren ein sehr bewegtes Leben, das in Königsberg beginnt und für Ostpreußen weiterwirkt. CRS

Fritjof Berg: „Land der dunklen Wälder. Erinnerungen und Wege eines Ostpreußen“ mit CD, Lindenbaum Verlag, Beltheim-Schnellbach 2022, gebunden, 809 und 857 Seiten, 39,80 Euro





Historischer Spaziergang

Dem Mitgründer der Altertumsgesellschaft Prussia ist dieses Sachbuch von Gerhard E. Feurle gewidmet. Der Königsberger Regierungsrat Karl Heinrich Bartisius hat in seinen Tagebucheinträgen und in seiner Schrift „Zustände und Gebräuche in der Stadt Königsberg zu Anfang des 19. Jahrhunderts“sein eigenes Leben beschrieben und dabei auch das Leben und die Geschichte der ostpreußischen Hauptstadt nachgezeichnet. Die Aufzeichnungen lesen sich wie eine Stadtführung durch Königsberg mit Einblicken in die Stuben seiner Bewohner. So wird vom Jahrmarkt genauso erzählt wie von den Geschenken, die es zu Weihnachten für die Kinder gab. Bartisius unternahm viele Reisen, die ebenso Einlass gefunden haben in seine Aufzeichnungen. Herausgeber dieses historischen Dokuments ist der Mediziner Gerhard Engelbert Feurle. Der Text ist mit Bildern und Tabellen und einem Anhang sinnvoll ergänzt. CRS

Gerhard E. Feurle: „,Zustände und Gebräuche’ in Königsberg und Berlin im frühen 19. Jahrhundert“, Books on Demand, Norderstedt 2021, gebunden, 313 Seiten, 29,99 Euro





Interview für Demokratie

Georg v. Groeling-Müller ist eine Größe in der Bremer Freien Demokratischen Partei. Sein Leben beginnt 1927 auf einem kleinen Gut in Ostpreußen, genauer: Karolinenhof in der Gemeinde Döhringen im Kreis Osterode. Was er dort und wie drei politische Systeme, nämlich die Weimarer Republik, die nationalsozialistische Diktatur und die Bundesrepublik Deutschland erlebt und in Bremen Fuß gefasst hat, schildert Groeling-Müller in einem Interview, das Claus und Carsten Jäger mit ihm geführt haben. 1949 beginnt seine Zeit als Lehrling in einer Bremer Taufabrik. Offen und mit viel Hintergrundwissen schildert der Ostpreuße sein Leben und liefert so ein Zeitdokument, das sich trotz der Interviewstruktur gut und flüssig lesen lässt. Freiheit ist für ihn ein Hauptbegriff, und so lesen sich Fragen und Antworten oft als Parteiwerbung, was sie bei mehr als 60 Jahren Mitgliedschaft vermutlich nicht verhindern lässt.CRS

Georg v. Groeling-Müller: „Vom Hitlerjungen zum Liberalen – von Ostpreußen nach Bremen“, Books on Demand, Norderstedt 2021, gebunden, 153 Seiten, 9,99 Euro





Trauer und Bewältigung

Josef Blank ist betroffen. 1936 erblickte er in Ostpreußen das Licht der Welt und erlebte seine ersten Kindertage in Bartenstein und  Guttstadt. Während des Zweiten Weltkriegs verlor er seine Eltern und sein Zuhause. Er verbrachte viele Jahre in verschiedenen Waisenhäusern. Ein Zuhause schuf er sich erst wieder mit seiner Frau Annemarie und seinen Kindern. Sein Zeitzeugenbericht ist ein Manifest für Kinderrechte und vor allem Verarbeitung seiner Traumata. Offen und ehrlich spricht Blank über die Art und Weise, wie mit Waisenkindern wie ihm selbst und seinen drei Geschwistern umgegangen wurde. Die Genfer Erklärung des Völkerbundes aus dem Jahr 1924 stellt er seinen Schilderungen voran, in der es heißt, dass ein hungerndes Kind genährt, ein krankes gepflegt, ein verwaistes und verlassenes aufgenommen und unterstützt werden solle. Erlebt hat er eine Umsetzung allerdings nicht. CRS

Josef Blank: „Schicksal der vergessenen Kriegswaisenkinder in Ostpreußen ab Februar 1945“, Druckhaus Sportflieger, Frankfurt am Main/Berlin 2022, 261 Seiten, 12 Euro





Heimatliche Enklaven?

Zu diesem Titel sind in dem Jahrbuch „Kulturelle Kontexte des östlichen Europa“ in insgesamt 13 Beiträgen Bildungs- und Begegnungseinrichtungen deutscher Flüchtlinge und Vertriebener aus dem östlichen Europa, wissenschaftlich thematisiert worden. Welche Bedeutung, Zeichenhaftigkeit und Funktion haben diese Orte und Einrichtungen, die als Stätte der Begegnung, des Austauschs, der Bildung, gemeinsamer Aktivitäten und Stärkung des Gruppenzusammenhalts von deutschen Flüchtlingen und Vertriebenen Bedeutung erlangt? Und welchen Veränderungen unterlagen sie? Allerdings kommen ostpreußische Einrichtungen im Gegensatz zu sudetendeutschen nicht vor, übertragen lässt sich die Forschung jedoch auch. Elisabeth Fendl, Sarah Scholl-Schneider und Tobias Wegner haben diesen Band herausgegeben, um Anregungen zu liefern, sich noch stärker mit diesem Thema auseinanderzusetzen. CRS

Elisabeth Fendl, Sarah Scholl-Schneider, Tobias Weger (Hg.): „Jahrbuch Kulturelle Kontexte des östlichen Europa, Band 62“, Waxmann, Münster/New York 2021, 261 Seiten, 32 Euro