27.04.2024

Preußische Allgemeine Zeitung Zeitung für Deutschland · Das Ostpreußenblatt · Pommersche Zeitung

Suchen und finden
Folge 52-22 vom 30. Dezember 2022 / Wintererlebnis / Der Feger vom Pillerseetal / Schwarz auf Weiß in den Tiroler Alpen – Mit einem Kaminkehrmeister abseits gelegene Skigebiete erleben

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 52-22 vom 30. Dezember 2022

Wintererlebnis
Der Feger vom Pillerseetal
Schwarz auf Weiß in den Tiroler Alpen – Mit einem Kaminkehrmeister abseits gelegene Skigebiete erleben
Judith Kunz

Er schwänzt nicht, er macht nur seinen Job. Wer den Schornsteinfeger in der Gondel sieht, trifft ihn auf dem Arbeitsweg an. Schließlich haben auch Skihütten Kamine, die regelmäßig gereinigt werden müssen. „Viele vermuten eher einen Junggesellenabschied oder einen eigentümlichen Faschingsbrauch. Und freuen sich dann, weil ihnen nach der Begegnung mit dem Profi ja nur noch ein glücklicher Tag bevorstehen kann“, sagt Hannes Harasser. Der Kaminkehrmeister vom Pillerseetal hat seine Karriere im Alter von 14 Jahren begonnen und schon vieles erlebt. 

Schwarze Kluft mit Käppi (unterm Helm), auf dem Rücken ein Rucksack mit kleinem Berufsbesteck, in den Händen Kehrbürste und Besen – anstelle von Stöcken. Lifte sind für Schornsteinfeger übrigens angenehmer als Gondeln, weil die Skier angeschnallt bleiben. „Zum Glück sind wir mit den Latten unter den Füßen aufgewachsen“, sagt Harasser, der acht Mitarbeiter beschäftigt und fürs komplette Pillerseetal zuständig ist. Dazu gehören ein paar Tausend Haushalte unten im Tal, zwei Dutzend Skihütten und einige abgelegene Jagdhütten. Das alles gelegen in einer Tiroler Ski- und Wanderregion an der Grenze zum Land Salzburg, die touristisch noch nicht überlaufen ist.

Oft ohne Handy-Empfang

„Wenn Raureif auf den Dächern ist, müssen wir besonders aufpassen, dass wir nicht abrutschen“, erklärt der Profi. So ein halber Meter Schnee gibt gleich ein besseres Gefühl. Ebenso wie Vorrichtungen zum Einhaken von Karabinern, die auf einigen Dächern zu finden sind. 

Als häufigste Absturzursache nennt Harasser unsachgemäß aufgestellte Leitern und verweist im gleichen Atemzug auf einen Katalog an Vorschriften, auf deren Einhaltung er pocht. Sicherheit ist für den Vater von vier Töchtern ohnehin ein zentrales Thema – ganz egal, ob es sich um Beruf, Freizeitsport oder ums Gemeinwohl handelt, für das er sich als Kommandant der freiwilligen Feuerwehr Fieberbrunn engagiert. Die professionellen Streifzüge durch die Skigebiete überlässt er gern seinen Angestellten, allen voran den beiden Lehrlingen. „Ein absoluter Trumpf in Sachen Mitarbeitermotivation“, weiß der Geschäftsführer und erinnert sich an seine eigene Ausbildung, die er 1986 begonnen hatte: „Das waren auch damals schon die Highlights, auf die man sich gefreut hat.“ 

Ein mit Holz befeuerter Kamin muss viermal pro Jahr gereinigt werden. Da kommen schon einige Einsätze zusammen. Heute im Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn, morgen im Skigebebiet Steinplatte Waidring – Winklmoosalm und manchmal auch auf der Buchensteinwand in St. Jakob in Haus. Denn das unweit der Kitzbüheler Alpen gelegene Pillerseetal wartet gleich mit drei Skigebieten auf, die für sportliche Gäste, Familien und Genießer die gesamte Bandbreite abdecken.

Für sich selbst hat Schornsteinfeger Harasser die Jagdhütten reserviert. Sie gehören überwiegend den Bundesforsten und sind so versteckt, dass man sie nur mit genauester Ortskenntnis findet. Ein paar Stunden auf Tourenskiern oder Schneeschuhen durch abgeschiedene Wälder, oft kein Handy-Empfang, Einsamkeit pur. Eine Auszeit, die der Chef sich gönnt, bevor er wieder Einsatzpläne und Rechnungen schreibt. 

Maria Theresia etablierte den Beruf

Warum Schornsteinfeger eigentlich als Glücksbringer gelten? „Weil man irgendwann im Mittelalter feststellte, dass gereinigte Kamine eher nicht in Flammen aufgehen und Brände erzeugen, die auf ganze Ortschaften übergreifen können“, erzählt Harasser. Die neue Dienstleistung kam von Italien über die Alpen. Königin Maria Theresa war es schließlich, die im 18. Jahrhundert gesetzlich die Pflicht zum Kaminkehren verankerte – und damit einen neuen Berufsstand etablierte.

Auch wenn es inzwischen die „Kehr-App“ gibt, die als digitale Segnung vieles erleichtert, bleibt nach wie vor viel Papierkram. „Muss halt erledigt werden“, sagt der Kaminkehrmeister vom Pillerseetal lapidar und macht keinen Hehl daraus, dass er sich mehr fürs Kreative erwärmt. Alte Kamine geschickt sanieren und neue – gerne auch echte Design-Unikate – entwerfen: Das ist eine Leidenschaft, die sich längst zum zweiten Standbein ausgewachsen hat.

Die Landwirtschaft dagegen war schon immer Teil seines Lebens. Auf dem alten Bauernhof seines Vaters kümmern sich Harassers um Ziegen, Ochsen und Hühner. Mitten in der Bilderbuchlandschaft des Pillerseetals, die für die Familie keine Wünsche offenlässt. „Ach ja: Wenn ein wenig Zeit ist, vielleicht Skifahren oder Wandern, je nach Jahreszeit.“

Der Tages-Skipass für Erwachsene kostet für die Bergbahn Pillersee mit der Buchensteinwand ab 39 Euro, für die Bergbahnen Steinplatte Waidring – Winkl­moos­alm ab 47,50 Euro. Die „Ski Alpin Card“ für den Skicircus Saalbach Hinterglemm Leogang Fieberbrunn erhalten Urlauber ab 59,50 Euro pro Tag. Die Gästekarte gilt außerdem automatisch als Fahrschein für sämtliche Regio-Busse und Nahverkehrszüge zwischen Hochfilzen und Wörgl (Kirchbichl). Weitere Infos: Tourismusverband PillerseeTal – Kitzbüheler Alpen, Dorfplatz 1, A-6391 Fieberbrunn, Telefon 0043 (0)5354/563 04, E-Mail: info@pillerseetal.at, www.pillerseetal.at