18.05.2024

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Folge 01-23 vom 06. Januar 2023 / Leitartikel / Tod eines Papstes

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-23 vom 06. Januar 2023

Leitartikel
Tod eines Papstes
René Nehring

Der Tod eines jeden Menschen ist immer auch eine große Gelegenheit. Eine Gelegenheit, Frieden zu schließen selbst mit den größten Kritikern, Gegnern und Feinden. Für den verstorbenen Papst Benedikt XVI. gilt dies, zumindest in Teilen seines Heimatlandes, offenkundig nicht.

Nur wenige Minuten nachdem am Silvestertag des Jahres 2022 die Meldung über das Ableben Benedikts die Runde machte, feuerten Medien aus einem bestimmten Spektrum ihre lange vorbereiteten Nachrufe ab, in denen sie ein letztes Mal mit dem Verstorbenen abrechneten. Ratzinger habe, so hieß es unter anderem, „dringend nötige Reformen“ verhindert sowie liberale Theologen und Frauenrechtlerinnen innerhalb der Kirche „plattgemacht“, wie es die „taz“ formulierte. Dass Papstkritiker stets Premiumplätze in der deutschen Medienlandschaft bekamen, erwähnten die Kollegen leider nicht. 

Ähnlich auch der Umgang mit dem wohl größten Skandal der Ära Ratzinger/Benedikt, dem tausendfachen sexuellen Missbrauch von Gläubigen durch katholische Priester. Obwohl Benedikt XVI. wie kein Papst vor ihm diesen Missbrauch klar benannt und unmissverständlich verurteilt sowie nicht nur die Täter, sondern auch diejenigen, die diese früher gedeckt haben, aus ihren Ämtern entfernt hat, wurde sein Agieren in dieser Sache selbst in der Stunde seines Todes pauschal als halbherzig und nicht ausreichend bemängelt, ganz so, als sei er irgendwie doch mitschuldig geworden. 

Gewürdigt wurde Benedikt allenfalls für seinen Rücktritt im Jahre 2013. Was wenig verwundert, nahm er doch damit dem Papsttum ein großes Stück jener Sakralität, die dieses einzigartige Amt seit Jahrhunderten umgibt. 

Anerkennung in der Welt

Eher am Rande gewürdigt wurde Benedikts Rolle als Theologe. Dass dieser deutsche Gelehrte weltweit als einer der bedeutendsten Deuter und Künder der heiligen Schriften seit Generationen gilt, an dessen Büchern sich sowohl sein Vorgänger als auch sein Nachfolger orientierten, kam in vielen deutschen Medien nicht vor. Was wenig verwundert, würde dies doch voraussetzen, dass man wenigstens eine der Schriften des Mannes, den man seit Jahrzehnten kritisiert, gelesen hätte. 

Schon gar nicht erwähnt wurde, dass die katholische Kirche in der Ära Ratzinger weltweit Jahr für Jahr gewachsen ist. Warum auch, würde ein solcher Hinweis doch die eigene Erzählung von einem weltfremden reaktionären Ewiggestrigen in sich zusammenfallen lassen. 

Allerdings mag diese Mitgliederentwicklung der Grund dafür sein, dass der Verstorbene im „Rest der Welt“ so ganz anders gewürdigt wurde und wird als in seinem Heimatland. Im Petersdom erwiesen täglich Tausende aus aller Welt dem dort aufgebahrten Heiligen Vater in aller Stille die letzte Ehre. Ähnlich wie vor einigen Wochen beim Tod der Queen. Damals freilich berichteten deutsche Medien tagelang so, als ob es das eigene Staatsoberhaupt gewesen wäre. Um so bedenklicher, dass ihnen nun, wo einer ihrer bedeutendsten Landsleute der Gegenwart das Zeitliche gesegnet hat, so wenig einfällt. 

Immerhin, das sei der Vollständigkeit halber erwähnt, schrieb Bundeskanzler Olaf Scholz auf Twitter: „Die Welt verliert eine prägende Figur der katholischen Kirche, eine streitbare Persönlichkeit und einen klugen Theologen.“ Und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erklärte über den Verstorbenen: „Sein Glaube, sein Intellekt, seine Weisheit und seine menschliche Bescheidenheit haben mich immer tief beeindruckt.“