18.05.2024

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Folge 01-23 vom 06. Januar 2023 / Hinterpommern / 2022 – 30 Jahre Städtepartnerschaft Schlawe–Rinteln / 704 Kilometer sind es bis zur Patenstadt an der Weser

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 01-23 vom 06. Januar 2023

Hinterpommern
2022 – 30 Jahre Städtepartnerschaft Schlawe–Rinteln
704 Kilometer sind es bis zur Patenstadt an der Weser
Wolfgang Reith

Am 25. Januar 1992 besiegelten die polnischen Stadtväter von Schlawe [Sławno] und die deutsche Stadt Rinteln an der Weser eine offizielle Partnerschaft. Die Initiative dafür ging seinerzeit von Derk Steggewentz (1927–2017) aus, der als Sohn des gleichnamigen Tierarztes in Schlawe geboren wurde. 

Derk Steggewentz Vater wiederum war 1894 in Rinteln geboren worden und ging 1923 nach Schlawe, wo er bis November 1946 praktizierte, bevor er und seine Familie die Heimat verlassen mussten. Eine weitere Verbindung zwischen beiden Städten bestand darin, dass der gebürtige Rintelner Max Berlit von 1906 bis 1921 Bürgermeister von Schlawe war.

Die Stadt, bei der das Flüsschen Motze in die Wipper mündet, gehört zu den ältesten in Hinterpommern und kann somit auf eine interessante Geschichte zurückblicken. Die erste Erwähnung als kaschubische Burg und Siedlung „Zlavinia“, welche Mitte des 13. Jahrhunderts schon als Stadt bezeichnet wurde, datiert von 1186.

Am 22. Mai 1317 wurde dann südlich der Burg, die aus der Zeit um 1155 stammte, die deutsche Siedlung „nova Zlawen“ (Neu-Schlawe) gegründet. Alt-Schlawe blieb als Dorf bestehen und heißt heute Sławsko. Die Burg „castrum Slawen Pomeraniae“ hingegen, Sitz der Nachkommen des Herzogs Ratibor I. von Pommern-Schlawe-Stolp (†1155) und seit Beginn des 13. Jahrhunderts Ordenshaus der Johanniter, wurde 1402 zerstört.

Ab Mitte des 13. Jahrhunderts stand das Land zwischen Schlawe und Stolp unter der Verwaltung des Beamtengeschlechts der Swenzonen, benannt nach Swenzo, der seit 1257 als Landeshauptmann Pommerellens fungierte. Seine Söhne konnten sich die Herrschaft noch sichern, doch um die Mitte des 14. Jahrhunderts fand sie ihr Ende.

Im pommerellischen Erbfolgestreit (1295–1309) hatten sich die Swenzonen mit dem Markgrafen Waldemar I., dem Großen, von Brandenburg verbündet, der 1308 in das Land einmarschierte und im Vertrag von Soldin 1309 die Burgbezirke Schlawe, Stolp, Rügenwalde und Bütow zugesprochen bekam, während das übrige Pommerellen an den Deutschen Ritterorden fiel. Doch die brandenburgische Herrschaft dauerte nur acht Jahre, denn in dem 1317 abgeschlossenen Friedensvertrag von Templin mussten die erwähnten Burgbezirke an Herzog Wartislaw I. von Pommern-Wolgast abgetreten werden. 

Mitte des 14. Jahrhunderts erscheint in der Person von Johannes Schorn (*1333) der erste Bürgermeister der neuen deutschen Stadt Schlawe, die bald darauf durch Wehrmauer und Graben geschützt wird. Im 19. Jahrhundert wurden die Festungsanlagen abgerissen, nur das Kösliner Tor und das Stolper Tor blieben bis heute erhalten.

Im Dreißigjährigen Krieg fast vollständig zerstört, kam die Stadt danach an Brandenburg, weil das letzte pommersche Herzogsgeschlecht 1637 ausgestorben war. Seit 1720 war Schlawe Verwaltungssitz des gleichnamigen Kreises, und ab 1815 gehörte es zur Provinz Pommern des Königreichs Preußen. 

Im 19. Jahrhundert setzte eine starke Industrialisierung ein, 1869 erhielt Schlawe Anschluss an das Bahnnetz, 1896 an die Gas- und 1911 an die Stromversorgung.

Von 1937 an war der bekannte evangelische Theologe der Bekennenden Kirche, Dietrich Bonhoeffer, für einige Zeit als Hilfsprediger in Schlawe tätig. Am 8. März 1945 nahm die Rote Armee die Stadt ein, die vorher schon durch Kampfhandlungen zur Hälfte zerstört worden war, es folgten Flucht und Vertreibung der deutschen Bevölkerung. 

Der Wiederaufbau setzte erst ab 1960 allmählich ein. Bis 1975 blieb das nunmehrige Sławno Kreishauptstadt, seit 1999 hat es erneut diesen Status in der Woiwodschaft Westpommern. Die Einwohnerschaft betrug im Jahr 1740 nur knapp 1500 Personen, 100 Jahre später waren es rund 3500, und kurz vor dem Zweiten Weltkrieg dann 9700. Während 1999 mit 14.000 Einwohnern ein Höchststand erreicht wurde, war die Zahl seither leicht rückläufig und betrug Anfang 2021 annähernd 12.400 Personen.

Unter den bedeutenden Persönlichkeiten, die aus Schlawe stammen, seien erwähnt: Nikolaus Bertram von Below (1728–1779), von 1772 bis 1773 königlich-preußischer Kammerpräsident im westpreußischen Marienwerder; Hans Bredow (1879–1959), ab 1921 Begründer des deutschen Rundfunks, sowie Krzysztof Włodarzyk (*1961), seit 2021 Bischof von Bromberg.

Die anfänglich genannte Familie Steggewentz ließ nach ihrer Ausreise 1946 die Verbindung in die alte Heimat nie ganz abreißen, und so fuhr man bereits Ende der 1960er Jahre wieder zu Besuchen dorthin. Die politischen Umbrüche der Jahre 1989/90 veranlassten schließlich Derk Steggewentz junior, eine Städtepartnerschaft zwischen Rinteln und Schlawe ins Gespräch zu bringen, die 1992 zustande kam und in den folgenden Jahren weiter ausgebaut wurde. 

Seine Geburtsstadt zeichnete Steggewentz 1998 dafür mit dem höchsten zu vergebenden Orden, dem „Goldenen Reif“ aus, zudem wurde ihm 2001 das Bundesverdienstkreuz am Bande verliehen. Im Rahmen des jedes Jahr im August stattfindenden Rintelner Altstadtfestes beging man 2012 das 20. Partnerschaftsjubiläum, 2017 fand das 25. Jahresjubiläum zusammen mit der 700-Jahr-Feier von Schlawe statt, und im August 2022 feierte man in Rinteln das 30-jährige Bestehen der Partnerschaft. Rinteln pflegt seit 1992 außerdem eine Partnerschaft mit Kendal in der Grafschaft Cumbria im Nordwesten Englands, und Schlawe ist seit 2008 auch partnerschaftlich verbunden mit Ribnitz-Damgarten in Mecklenburg-Vorpommern.