29.04.2024

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Folge 02-23 vom 13. Januar 2023 / Schweiz / Einwanderungsbegrenzung für den Naturschutz / Mit ihrer neuen ökologischen Argumentation könnte die SVP bei den nächsten Parlamentswahlen punkten

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-23 vom 13. Januar 2023

Schweiz
Einwanderungsbegrenzung für den Naturschutz
Mit ihrer neuen ökologischen Argumentation könnte die SVP bei den nächsten Parlamentswahlen punkten
Hermann Müller

Die Schweizer Volkspartei (SVP) greift mit einer „Nachhaltigkeitsinitiative“ einen Punkt auf, der in der Diskussion um Zuwanderung bislang selten thematisiert wird: die Auswirkungen der steigenden Bevölkerungszahl auf Landwirtschaft und Naturschutz. 

Wie in der Bundesrepublik ist auch in der Schweiz die Bevölkerungszahl durch eine starke Zuwanderung aus dem Ausland stark angestiegen. Das Schweizer Bundesamt für Statistik hatte für das Land ursprünglich erst für in zwei Jahren eine Einwohnerzahl von neun Millionen prognostiziert. Inzwischen rechnen Demographen damit, dass diese Zahl bereits im Laufe dieses Jahres erreicht wird. 

Zum Vergleich: Um 1900 lebten in der Schweiz lediglich etwas mehr als drei Millionen Einwohner. Derzeit sind in der Eidgenossenschaft gut 8,7 Millionen Personen gemeldet. Allein innerhalb der letzten 30 Jahre ist die Schweizer Einwohnerzahl um mehr als ein Viertel gewachsen. 

In diesem Wachstum steckt ein beträchtlicher gesellschaftlicher Zündstoff. Speziell in den großen Städten der Schweiz ist die Nachfrage nach bezahlbaren Wohnungen groß. Extrem hohe Baulandpreise haben dazu geführt, dass der Wohnungsneubau nicht mit dem Bevölkerungswachstum Schritt halten kann. In einer Studie warnte die Raiffeisen Schweiz bereits, den Mietern stünden „harte Zeiten“ bevor. Demnach müssen sich die Mieter in der Schweiz auf Mieterhöhungen um bis zu einem Zehntel bis 2024 gefasst machen. 

Ähnlich ernüchternd wie die Zahlen zum Wohnungsbestand sind auch die zur Produktivität. Laut einer Untersuchung der Zürcher Kantonalbank hat das Bruttoinlandsprodukt pro Kopf in der Schweiz in den letzten 30 Jahren nur um 29 Prozent zugelegt. Die Bundesrepublik kam immerhin noch auf 36 Prozent. 

Zum vergleichsweise geringen Anstieg der Wirtschaftsleistung pro Einwohner in der Schweiz sagte der Wirtschaftshistoriker Tobias Straumann gegenüber der Schweizer „SonntagsZeitung“: „Wir haben zwar Vollbeschäftigung, eine stabile Wirtschaft und Wachstum, aber der Wohlstand pro Kopf wächst nur langsam und kommt längst nicht allen zugute.“ 

Dem Argument, dass Einwanderung ein Mittel sei gegen den Fachkräftemangel, hält er entgegen, dass die Zuwanderung die Nachfrage nach Infrastruktur und Dienstleistungen erhöhe und damit auch den Bedarf an Fachkräften.

Bereits im Jahr 2014 hatte die SVP mit ihrer Volksinitiative „Gegen Masseneinwanderung“ einen Erfolg errungen. Seinerzeit stimmte eine knappe Mehrheit der Schweizer Wähler für eine Begrenzung der Zuwanderung. Trotz des Votums sorgte die Personenfreizügigkeit mit der EU dafür, dass sich die starke Zuwanderung in die Schweiz fortsetzte. Als die SVP im September 2020 über eine „Begrenzungsinitiative“ versuchte, das Ergebnis des Volksbegehrens von 2014 durchzusetzen, fand sie dafür keine Mehrheit mehr. 

Mittlerweile könnte sich die Stimmung abermals gedreht haben. Kommentatoren in der Schweiz bescheinigen der SVP durchaus Chancen, bei der Parlamentswahl am 22. Oktober einen Erfolg einzufahren, wenn sie im Wahlkampf mit ihrer „Nachhaltigkeitsinitiative“ die Zuwanderung zum zentralen Thema macht.