29.04.2024

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Folge 02-23 vom 13. Januar 2023 / Ornithologie / Trauriger Wiesenclown / Das Braunkehlchen ist in Deutschland und Österreich Vogel des Jahres 2023 – Bestand nimmt rasant ab

© Preußische Allgemeine Zeitung / Folge 02-23 vom 13. Januar 2023

Ornithologie
Trauriger Wiesenclown
Das Braunkehlchen ist in Deutschland und Österreich Vogel des Jahres 2023 – Bestand nimmt rasant ab
Silvia Friedrich

Der weiße Streifen über den Augen, den Braunkehlchen jedes Alters tragen, brachte diesem kleinen, nur 13 bis 14 Zentimeter großen Piepmatz den Beinnamen „Wiesenclown“ ein. Doch, wenn man sich die Bestandszahlen von 19.500 bis 35.000 Brutpaaren in Deutschland anschaut, hört der Clowns-Spaß auf. Allein gegenüber den 1990er Jahren ist der Bestand damit um über die Hälfte geschrumpft. „Saxicola rubetra“, so der ornithologische Fachbegriff der Braunkehlchen, gehört daher zu den stark gefährdeten Arten und der Bestandstrend ist extrem abnehmend. 

Um den europaweit gefährdeten Tieren die nötige Aufmerksamkeit zu verschaffen, fielen bei der diesjährigen dritten öffentlichen Wahl vom Naturschutzbund (NABU) und dem Landesbund für Vogel- und Naturschutz (LBV) in Bayern 43,47 Prozent der Stimmen auf diese Vogelart. Der Lebensraum des Vögelchens mit braunoranger Brust und Kehle, woher auch sein Name rührt, besteht aus feuchten Wiesen, Brachen und Feldrändern sowie Blühstreifen, die durch intensive Landwirtschaft allesamt immer seltener werden.

Braunkehlchen ernähren sich von Insekten, Würmern, Spinnen, aber verschmähen auch Beeren nicht. Interessant ist die Überlebensstrategie der Vögel, sich vor Feinden zu schützen. „Wenn ein Greifvogel am Himmel auftaucht, nimmt das Braunkehlchen eine ‚Pfahlstellung‘ ein und versucht so, sich unsichtbar zu machen“, lässt NABU-Bundesgeschäftsführer Leif Miller wissen. Es handelt sich dabei um eine Tarnhaltung, bei der die Vögel mit senkrecht nach oben gestrecktem Schnabel bewegungslos verharren und so aussehen, als seien sie Teil des sie umgebenden Pflanzengestrüpps.

Den Titel „Vogel des Jahres“, den die Vogelart bereits 1987 schon einmal verliehen bekam, erhielt das Braunkehlchen „in Abwesenheit“, denn die Zugvögel fliegen schon im September in Richtung Süden. Südlich der Sahara, über 5000 Kilometer von uns entfernt, überwintern sie, um im Frühling den langen Weg nach Deutschland erneut zurückzulegen. 

Mangels blütenreicher Wiesen finden sie als Bodenbrüter immer weniger Plätze zum Nestbau. NABU-Experte Miller rät den Verbrauchern, auf regionale Produkte zurückzugreifen, die auch ökologisch hergestellt werden. Da aber auch das Insektenangebot stark abnimmt, ist es nicht nur um die Braunkehlchen, sondern auch um andere Insektenfresser hierzulande schlecht bestellt.